Ausbildung am Nationaltheater

Schwetzingerin Lili Castillo: Von der Nähleidenschaft zur Theaterkunst

Die junge Maßschneiderin Lili Castillo aus Schwetzingen fand am Nationaltheater Mannheim ihre Berufung – und plant nun, ihr Können bis nach New York zu tragen.

Von 
Katja Seneadza
Lesedauer: 
Letzte Änderungen an den Kostümen für Slippery Slope © Katja Seneadza

Schwetzingen. Seit sie denken kann, begeistert sich Lili Castillo für Mode und Kleidung. Mit der Ausbildung zur Maßschneiderin am Nationaltheater Mannheim hat sie ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht und sich viele Möglichkeiten eröffnet.

„Schon als Kind habe ich Kleider für meine Puppen entworfen und umgesetzt. Die Ergebnisse waren noch sehr improvisiert, aber das war egal“, erinnert sich Lili Castillo lachend an ihre ersten Nähversuche. Ihre Mutter ermutigte sie und ihre Geschwister Anna-Sophia und Nicolas stets, sich kreativ zu betätigen. So nahm Lili an Malkursen, Töpferkursen und Nähkursen teil.

Lili Castillo liebt schon immer Mode

„Ich wollte mich immer ausprobieren“ „Das Nähen hat mich nicht losgelassen. Ich habe versucht, eigenständig zu nähen und von vorhandenen Kleidern Schnitte zu machen. Ausprobieren macht mir einfach Spaß“, erzählt sie. Dabei entstanden viele Faschings- und Halloweenkostüme – vom pinken Einhorn bis zum Superwoman-Outfit, mit dem sie einst den Kostümwettbewerb der Schule gewann. Auch zahlreiche T-Shirts bemalte sie mit eigenen Motiven.

Die Ausbildung beim Nationaltheater war ein wichtiger und richtiger Schritt für Lili Castillo © Katja Seneadza

In einem Stoffladen in Rheinstetten bei Karlsruhe, wo Lili aufwuchs, entstanden bei Nähkursen zunächst kleine Täschchen und Mäppchen. Später nähte sie dort ihr Abikleid.

„Das Theater hat mich früh begeistert“

„Das Theater hat mich früh begeistert“ Mit fünf Jahren zog Lili mit ihrer Familie für vier Jahre nach New York, wo ihre Eltern Corina und Federico sich kennengelernt hatten. „Die riesige Theaterszene dort hat mich unglaublich beeindruckt“, erzählt sie. „Von klein auf haben mich nicht nur Schauspieler und Musik fasziniert, sondern vor allem die Kostüme.“

Die Motive auf ihren selbstbemalten T-Shirts wurden immer komplexer © Lili Castillo

Schon während der Schulzeit stand ihr Berufswunsch fest. „Die Idee, die Ausbildung am Theater zu machen, kam von meiner Mutter. Mir war vorher gar nicht bewusst, dass das möglich ist“, gibt sie zu. Da sie nicht sofort eine Lehrstelle fand, absolvierte sie ein Praktikum in der Schneiderei der Freilichtbühne Ötigheim. Das anschließende Jahr an der Berufsfachschule Karlsruhe wurde ihr später angerechnet, sodass sie 2023 direkt im zweiten Lehrjahr am Nationaltheater starten konnte.

Mehr zum Thema

Spannung

Das wird am zweiten Krimitag in Schwetzingen geboten

Veröffentlicht
Von
Dirk Jansch
Mehr erfahren
Palais Hirsch

KI in der Produktion: Netzwerk tagt in Schwetzingen

Veröffentlicht
Von
Noah Eschwey
Mehr erfahren
Blaulicht

Mann aus Speyer nach Handel mit Drogen und Waffen in U-Haft

Veröffentlicht
Von
Dominik Schrenk
Mehr erfahren

„Unterschiedliche Wege führen zum Ziel“ „Die Umstellung war erst groß“, gesteht sie. „In der Schule wurde immer mit einer Technik gearbeitet. Im Theater dagegen arbeiten 15 Mitarbeiterinnen mit unterschiedlichen Methoden. Was mich anfangs gefordert hat, finde ich inzwischen richtig gut. Viele Wege führen zum Ziel – und ich kann wählen, was mir liegt.“

Sie wohnt seit 2023 in Schwetzingen

Schwetzingen ist überschaubar, aber nicht langweilig“ Für die Ausbildung zog Lili 2023 nach Schwetzingen. Die gute Anbindung war ausschlaggebend, doch sie fand schnell Gefallen an der Stadt. „Schwetzingen ist überschaubar, aber überhaupt nicht langweilig. Es gibt so viele kulturelle Angebote, Schlosskonzerte, Theaterabende, und die kleinen Cafés machen die Stadt charmant.“ Besonders der Schlossgarten ist ihr Lieblingsort – gerade während der Prüfungsphase war er ein Rückzugsort.

Manche Kostüme im Fundus kommen bei neuen Produktionen wieder zum Einsatz © Katja Seneadza

Kostüme erzählen Geschichten Im September begann am Nationaltheater die neue Spielzeit, und Lili Castillo ist inzwischen voll in die Produktionen eingebunden. Derzeit arbeitet sie mit ihren Kolleginnen an „Alice im Wunderland“ und dem Satire-Musical „Slippery Slope“. „Ich schaue mir die Aufführungen immer an und versuche, bei den Proben reinzuschauen“, sagt sie. Als Ankleiderin ist sie zudem regelmäßig bei den Vorstellungen im Einsatz – eine willkommene Abwechslung.

Von der Kleiderpuppe in der Schneiderei auf die große Bühne © NTM

Am Theater erzählen Kostüme Geschichten. Sie helfen den Darstellenden, in ihre Rollen zu schlüpfen und das Publikum zu berühren. Von historischen Gewändern über minimalistische Anzüge bis zu experimentellen Kostümen – Lili arbeitet mit verschiedensten Materialien, Stilen und Epochen.

Gesellenstück überzeugte die Handwerkskammer Für ihr Gesellenstück wählte sie ein klassisch geschnittenes Kostüm aus hellgrauem Stoff. „Nach der Prüfung wurden wir eingeladen, das Gesellenstück bei der Handwerkskammer einzureichen“, erzählt sie. Ihre Arbeit überzeugte die Jury – Lili gewann auf Kammerebene und tritt nun beim Landeswettbewerb an.

Für „Die Csárdásfürstin“ entstanden in der Schneiderei des Nationaltheaters aufwändige historische Kostüme © Lili Castillo

„Die Ausbildung war die beste Entscheidung“ Zukünftig möchte sie sich spezialisieren, ihren Meister machen und vielleicht Gewandmeisterin werden. „Mich reizt es, Schnitte zu entwerfen und umzusetzen – also 2D in 3D zu verwandeln.“ Nach Abschluss ihres Jahres am NTM plant sie ein Auslandsjahr: „Mich zieht es schon lange nach Manhattan zurück. Ich bewerbe mich gerade bei Schneidereien, die Kostüme für Theaterproduktionen fertigen. Das wäre ein großer Traum.“

Wie auch immer es weitergeht – Lili Castillo ist sich sicher: „Ich habe unheimlich viel gelernt und erlebt. Dass ich so früh meine Leidenschaft entdeckt habe, ist ein großes Glück.“

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung