Justiz

Silvester-Attacke mit Schusswaffe: Schwetzinger bekommt Bewährung

Ein 47-jähriger Familienvater bedrohte an Silvester mehrere Menschen mit einer halbautomatischen Waffe. Nun verurteilte ihn das Amtsgericht Schwetzingen.

Von 
Noah Eschwey
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Der alkoholisierte Angeklagte bedrohte mehrere Personen mit einer Schusswaffe. Dafür muss er sich jetzt verantworten. (Symbolbild) © picture alliance / Volker Hartmann/dpa

Schwetzingen. Der Mann, der an Silvester 2024/2025 mit einer halbautomatischen Waffe in der Nordstadt auf mehrere Personen gezielt und ihnen gedroht hatte, wurde vom Amtsgericht Schwetzingen jetzt verurteilt. Der 47-jährige Familienvater erhielt unter anderem für Bedrohung, Körperverletzung und Verstoß gegen das Waffengesetz eine Freiheitsstrafe von einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Was an Silvester in Schwetzingen passiert ist

Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft war der Angeklagte am Abend des 31. Dezember gegen 22 Uhr in der Friedrich-Ebert-Straße in Schwetzingen mit einer gezückten Waffe auf zwei Männer zugelaufen und hatte ihnen zugerufen, sie erschießen zu wollen. Ohne weitere Worte sei er weitergegangen und habe weitere Passanten mit dem Tod bedroht. Die beiden Männer reagierten besonnen, folgten ihm und alarmierten die Polizei. Beamte stellten den Mann schließlich in der Leipziger Straße. Er lag hinter einem Auto, die Waffe hatte er griffbereit unter dem Fahrzeug abgelegt.

Bei der Festnahme leistete der deutlich alkoholisierte Täter Widerstand und trat um sich. Ein Polizeibeamter erlitt eine Verletzung am Schienbein, hatte erhebliche Schmerzen. Ein Alkoholtest am nächsten Morgen ergab noch eine Blutalkoholkonzentration von über 1,8 Promille. In der Wohnung des Mannes fanden die Ermittler dann auch weitere Pistolen, die der Angeklagte mit seinem Waffenschein im Gegensatz zur Tatwaffe legal besitzen durfte.

Im Amtsgericht Schwetzingen: Das ist der Lebenslauf des Angeklagten

Vor Gericht ließ der Angeklagte durch seinen Verteidiger erklären, er wolle zunächst seinen Lebenslauf schildern. Der in Polen geborene und in Mannheim aufgewachsene Deutsche hatte nach seinem Hauptschulabschluss eine Ausbildung in einem Industriebetrieb absolviert und sich dort bis in eine Führungsposition mit Personalverantwortung hochgearbeitet. Er ist seit über 20 Jahren verheiratet, Vater von drei jugendlichen Kindern und wohnt in Schwetzingen. Seine Ehefrau unterstützte ihn durch ihre Präsenz im Gerichtssaal.

„Wir wollen zeigen, dass das Vorgefallene zwar zutrifft, aber in keiner Weise zum bisherigen Leben meines Mandanten passt“, erklärte der Verteidiger. Der Angeklagte selbst sagte: „Ich habe keinerlei Erinnerungen mehr an den Abend.“ Er habe erst aus der Presse von den Vorwürfen erfahren.

Kein Alkoholproblem des Familienvaters

Auf die Frage des Richters, ob angesichts der hohen Blutalkoholkonzentration ein Suchtproblem bei ihm vorliege, entgegnete der Verteidiger, sein Mandant sei kein Gewohnheitstrinker: „Dass er diesen Pegel nicht vertragen hat, zeigt, dass er solche Mengen nicht gewohnt ist.“ Seit Silvester trinke der Angeklagte kaum noch Alkohol und befinde sich seit März in psychiatrischer Behandlung.

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„Ich war selbst erschrocken über meine Tat und konnte mir nicht erklären, wie ich zu diesem Menschen werden konnte“, sagte der Familienvater. Auf die Rückgabe seiner beschlagnahmten Waffen habe er verzichtet. „Mein Mandant ist kein Waffennarr“, pflichtete sein Verteidiger ihm bei. Auf Nachfrage des Richters, wie er überhaupt an die Tatwaffe gelangt sei, antwortete der Mann: „Das weiß ich nicht mehr. Ich war in einer Menschengruppe und plötzlich hatte ich sie in der Hand.“

Haftstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt

In ihrem Schlussplädoyer betonte die Staatsanwältin, der Angeklagte habe sich geständig gezeigt, sei nicht vorbestraft und habe sich um Aufarbeitung bemüht. Strafmildernd wertete sie auch seine Entschuldigungen bei den Geschädigten. Dennoch habe er mindestens sechs Personen mit dem Leben bedroht und Polizisten angegriffen. „Die Tat war ein erheblicher Ausrutscher“, sagte sie und forderte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung, eine Geldauflage von 7.400 Euro, eine Alkoholtherapie sowie die Übernahme der Verfahrenskosten.

Der Verteidiger argumentierte, die beantragte Strafe berücksichtige die persönlichen Umstände seines Mandanten nicht ausreichend. „Wie hoch wäre denn die Strafe, wenn mein Mandant einfach geschwiegen hätte?“, fragte er rhetorisch. Die freiwillige Entschuldigung bei den Opfern zeige, dass der Angeklagte Verantwortung übernehme. Er plädierte dafür, die Strafe in eine Geldstrafe umzuwandeln.

Das Gericht folgte weitgehend der Argumentation der Verteidigung, ließ sich aber nicht auf eine Umwandlung der gesetzlich geforderten Haftstrafe ein. Der Vorsitzende Richter verhängte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr, die auf zwei Jahre Bewährung ausgesetzt wurde, sowie eine geringe Geldauflage. „Die Vorgänge an diesem Abend waren hochgefährlich. Trotzdem überwiegen die positiven Umstände im Nachgang“, begründete er das Urteil. Die Verteidigung behielt sich vor, Rechtsmittel einzulegen.

Volontariat Noah Eschwey ist Volontär in der Lokalredaktion der Schwetzinger Zeitung/Hockenheimer Tageszeitung.

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