Mozartfest

So war Pianist Konrad Elser beim Mozartfest in Schwetzingen

Der Pianist Konrad Elser hinterlässt beim Mozartfest in Schwetzingen einen zwiespältigen Eindruck. Unser Reporter mit seiner Konzertkritik.

Von 
Uwe Rauschelbach
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Musikprofessor Konrad Elser ist beim Mozartfest zu Gast. © Mozartgesellschaft

Schwetzingen. Der künstlerischen Freiheit sind keine Grenzen gesetzt, und was gefällt oder nicht, ist sowieso eine Frage des Geschmacks oder der individuellen Prägungen und Vorlieben. Konrad Elsers Konzert beim Mozartfest hat dem Publikum, so weit man es vernehmen konnte, gefallen. Das darf die Kritik aber nicht lähmen, zumal sich objektive Gründe anführen lassen, die sie legitimieren.

Da wäre zum Beispiel der großzügige Pedaleinsatz, der Mozarts B-Dur-Sonate in eine Klangwolke hüllt und das Spiel des Pianisten reichlich verwaschen erscheinen lässt. Hastig und geradezu schnoddrig geht der Lübecker Musikprofessor am Flügel zu Werke; unter seinem undifferenzierten Vortrag leiden Verzierungen und Kleingliedrigkeit. Diesem Mozart fehlt alles, was Mozart ausmacht: Filigranität, Transparenz, artikulatorische Nuanciertheit, Brillanz, aber auch Witz und Charme.

Konrad Elsers Spiel behauptet sich mindestens gegen die letzten fünf Jahrzehnte, in denen sich die Mozart-Interpretation vom Nimbus eines liebreizenden Gedudels befreit und sich zu aufregenden wie inspirierten Neuansätzen aufgeschwungen hat. Zuweilen wünschte man sich die drei Stipendiatinnen und Stipendiaten herbei, die am Vorabend mit ihren stilsicheren und teilweise brillanten Klavierkonzerten von Mozart, Hummel und Weber einen begeisternden Eindruck hinterlassen haben.

Elsers Spiel passt zweifellos besser auf Johannes Brahms, doch auch die Klavierstücke opus 119 – drei Intermezzi, eine Rhapsodie – sind keine Offenbarung und entbehren jeder Subtilität. Vom Pianisten ist diesbezüglich keine hintergründige Deutung zu erwarten, schmerzlich vermisst werden das Abstimmen der unterschiedlichen Stimmungen und Temperamente, letzten Endes die agogische wie artikulatorische Vermittlung dessen, was sich in dieser Musik ereignet. Zu häufig entweicht Elsers Spiel ins romantische Wolkenkuckucksheim, der Ausdruck bleibt im Ungefähren. Das gilt auch für Brahms’ Rhapsodie, die sich als schwer verdaulicher Brocken erweist. Brahms’ A-Dur-Intermezzo aus Opus 118, das Elser am Ende zugibt, gefällt dank der behutsamen aber konzisen Behandlung noch am ehesten.

Franz Schubert bekommt im Spiel des Pianisten durchaus Substanz und Kontur, wenn die ersten Akkorde der B-Dur-Sonate auch ohne Verheißung anklingen und die verhuschten Triller im Bass eher beiläufig dahinschnurren und ohne grollende Wirkung bleiben. Das schmerzvolle Andante wird nicht angebahnt, sondern pragmatisch in den Raum gestellt – ohne dass sich eisiger Schrecken einstellen mag angesichts des Abgründigen, in die jene harmonischen Prozesse zielen. Nach dem verhuschten Einstieg ins Scherzo verleiht Elser diesem Satz immerhin noch einige impulsive Akzente.

Doch auch das Finale beginnt ohne Esprit und rhetorischen Feinschliff. Obendrein wären ein wenig spielerischer Übermut und ein gewisses schalkhaftes Augenzwinkern hierbei nicht verfehlt gewesen. Freilich gelingen dem Pianisten noch einige klangschöne Passagen und dramaturgische Zuspitzungen, dank denen sich so etwas wie Schubertsche Authentizität einstellt.

Mögen die wuchtigen Klangballungen und dynamischen Prozesse, die Konrad Elser immer wieder inszeniert, gelegentlich auch imponieren, so ist das aber kein Schubert, der uns ins Mark trifft. Geschmack hin oder her.

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