Eigentlich ist es ja selbstverständlich und kaum der Rede wert. Doch zu sehen, wie Menschen aus Jamaika und Schwetzingen, mit und ohne Behinderung, den Nachmittag und Abend auf dem Schlossplatz zu einem kleinen Fest der Inklusion machten, bereitete einfach Freude. Es war – und das darf ruhig so formuliert werden – ein kleiner Vorgeschmack auf die großen Special Olympics World Games in Berlin, die am Samstag starten und eine Woche lang eine fantastische mediale Präsenz genießen dürfen. Vor Jahren noch unvorstellbar übrigens.
Klar, das sagte das frühere Behindertenbeiratsmitglied Gerhard Rummel genau wie Volker Kurz von der Lebenshilfe, sei jetzt nicht alles gut. Wie sehr sich dieser Inklusionsimpuls verstetigen lässt, bleibt abzuwarten. Auch Jens Rückert vom TV 1864 und eine der tragenden Säulen dieses Host-Town-Projekts weiß, dass dieser Tag in Sachen Inklusion jetzt nicht der große Gamechanger ist. Doch was dieser Mittwoch in Schwetzingen nur allzu offensichtlich zeigte, war, dass viel mehr zusammen geht, als gemeinhin gelebt wird. Und genau diesen Gedanken gilt es nun, weiterzutragen.
Jamaikaner: „Werden vieles im Herzen tragen“
Eine Sicht, die auch Rummel und Kurz betonten. Die Inklusion sei sichtbar. Ja, so Rummel, dahinter stehe in Schwetzingen nun sogar ein dickes, weithin sichtbares Ausrufezeichen. Und vielleicht markiere es ja den Beginn einer schönen Geschichte, in der Inklusion und Integration einfach eine Selbstverständlichkeit sind. „Gemeinsamer Alltag, über alle vermeintlichen Grenzen hinweg, über die nicht ein Moment lang nachgedacht werden muss.“ Dann, so ergänzte Kurz, würden Olympische Spiele auch nur noch für alle stattfinden – zu einem Termin, an einem Ort. Namen wie Paralympics oder Special Olympics gehörten dann der Vergangenheit an. Was auch immer die Zukunft hier bringt. Der Mittwoch in der kurfürstlichen Residenz hatte in Bezug auf die Inklusion wirklich hoffnungsmachende Kraft. Und das sagte der Kopf der jamaikanischen Delegation, Gladstone Sealey.
Allein das Hiersein sei ein Traum über Jahre hinweg gewesen und jetzt ist er Wirklichkeit geworden. Das Engagement jedes einzelnen Sportlers, aber auch allen hier in Schwetzingen und in Wiesloch würde einen Unterschied machen, hin zu einer besseren Welt. „Und vieles von hier werden wir für immer in unseren Herzen tragen.“ Kurz darauf startete der olympische Fackellauf vom Bahnhof über die Carl-Theodor-Straße bis zur Hirschgruppe im Schwetzinger Schlossgarten und dann zurück zum Schlossplatz. Der Stolz in den Augen der Jamaikaner war nicht zu übersehen. Nicht Wenigen klopfte das Herz bis zum Hals und das nicht wegen der Anstrengung. Es war ein Moment, der sicher nicht vergessen wird.
Für die Gäste aus Jamaika haben sich alle ins Zeug gelegt
Auf der Bühne unterhielten sich unterdessen die beiden Moderatoren Andreas Lin und der zukünftige kommunale Behindertenbeauftragte der Stadt Schwetzingen, Martin Köhl, mit der Handball-Legende Oliver Roggisch, heute sportlicher Leiter der Rhein-Neckar Löwen sowie Teammanager der deutschen Handballnationalmannschaft, Thilo Brünte von den Rollstuhl-Basketballern „Rolling Chocolate“, Dr. Sabine Hamann, Vorsitzende des Sportkreises Mannheim, und Oberbürgermeister Dr. René Pöltl. Der Tenor, die Energie dieses Tages mit der jamaikanischen Mannschaft darf nicht verlorengehen. Am Ende müsse, so Pöltl, jede Schwelle vergessen werden: „Denn es gibt keine, wir gehören alle zusammen und gemeinsam sind wie so viel mehr.“
Und wenn es gut läuft, so Roggisch, brauche es schon in wenigen Jahren solche Veranstaltungen vielleicht nicht mehr, weil alles um Inklusion und Integration schlichtweg selbstverständlich sind. Rückert sieht dafür übrigens gute Chancen. Wenn man sieht, wie viele Vereine, Institutionen und Unternehmen sich für diesen Tag ins Zeug gelegt haben, könne man nur hinsichtlich der anstehenden Veränderungen durchaus zuversichtlich sein. Es sei jedenfalls eine breite Basis da.
Nach dem kleinen Talk übernahmen dann die Schuhplattler-Gruppe des Heidelberger Bayern- und Gebirgstrachtenvereins, der Glockenspieler Roland Noller vom Bayern- und Gebirgstrachtenerhaltungsverein "D'Kurpfalzbuam" Schwetzingen, der Fußballakrobat Julian Hollands und die Schwetzinger Hausband „Athi.rocks“. Vor allem die Musiker heizten den Gästen auf dem Schlossplatz gehörig ein und machten den Mittwochabend gefühlt zu einer Samstagnacht-Party. Zwischendurch übernahmen dann auch noch die „Three and a half Trombones“ von der Schwetzinger Musikschule, und drei Sportler des TV Zuffenhausen, die die Sportart „Speed Stacking“ präsentierten, die Bühne – so schnelles Becherstapeln haben die wenigsten bislang gesehen.
Und dann malte auch noch die Lichtkünstlerin Viola Schley mit ihren LED-Stäben farbenfrohe Bilder in den Abendhimmel – ein Hauch von Star Wars keimte über dem Schlossplatz auf. Sehr bewegt wurde es mit der Ausnahmesängerin Tanja Hamleh, die die jamaikanische Nationalhymne sang. Viele hofften hier, dass man diese in Berlin ab dem kommenden Wochenende sehr häufig zu hören bekommt. Es für Jamaika also viele erste Plätze zu verzeichnen gibt. Wobei: Jeder ist ein Gewinner, der bei den Special Olympics dabei ist. Und auch in Schwetzingen gab es am Mittwoch nur Gewinner.
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