Theater am Puls

„Sultan und Kotzbrocken“ zeigt die Schwächen unseres Menschseins auf

Es blieb im Theater am Puls nicht beim Kichern, als der pummelige Sultan beim drahtigen Kotzbrocken autschend auf den Kissenstapel purzelte.

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Sabine Zeuner
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Den Sultan (Peer Damminger) quält mal wieder das Nichtstun. Faul und träge liegt er auf seinem großen Stuhl im Schlossgarten. © Sabine Zeuner

Schwetzingen. Es blieb nicht beim Kichern, als der pummelige Sultan beim drahtigen Kotzbrocken an der Kurbelleine hängend lamentierte und autschend auf den Kissenstapel purzelte. Laut lachten die jungen und älteren Zuschauer vor der Open-Air-Bühne beim Seepferdchen-Brunnen über „Sultan und Kotzbrocken“, das Stück nach einem Buch von Claudia Schreiber, das die KiTZ Theaterkumpanei perfekt inszeniert hatte.

Die drei Schauspieler Bärbel Maier (100 Frauen), Peer Damminger (Sultan) und Uwe Heene (Kotzbrocken) entführten mit viel Fantasie und in wunderschöne Kostüme wie aus „1001 Nacht“ gehüllt, ins Reich des faulen Sultans. „Sultane sind nur dafür da, immer wieder zu heiraten“, plauderten die 100 Frauen aus dem Nähkästchen eines Palastlebens. Und jede der Frauen stickt ihrem Geliebten ein Kissen.

Der Stapel wird immer höher

Selbstredend muss der alle Kissen würdigen, sich also auf dem Riesenstapel niederlassen. Dort übt er sich in Langeweile, schaut mal bis zum Meer, weil der Stapel hoch genug dafür ist, und kommt nur herunter, wenn er mal muss. Immer beschwerlicher wird das, wegen der Höhe seines Lagers und des unglaublichen Bauchumfangs, den der faule Sultan sich angegessen hat – er bewegt sich ja auch kaum.

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So geht es nicht weiter. Und wie ein Sultan das gewohnt ist, wird kurzerhand der nächste, der zum Palast kommt, zum neuen Diener gemacht, der den Sultan dann per Seilwinde vom Kissenstapel runter- und wieder hinaufhieven soll. Es trifft einen Rucksackwanderer, der sich ins Schicksal fügt, sich mit seinen sieben Sachen einrichtet und das mit dem Dienst für den Sultan ausprobiert.

Allerdings stellt er sich dabei recht ungeschickt an – vielleicht ganz bewusst, um dem Sultan zu zeigen, dass das überhaupt nicht gut ist, wie er sich verhält. An das Seil der Winde angehängt, schwebt der Sultan vom Kissenberg, bis der neue Diener ihn plötzlich fallen lässt. „Kotzbrocken“ brüllt der Gefallene und nun hat der Diener seinen Namen weg. Das wiederholt sich jeden Tag mehrfach, wie auch das tröge Einerlei des immer gleichen Essens, das Sultan mag.

Der Kotzbrocken versucht redlich den Sultan aus seiner Lethargie zu locken, kredenzt dem Erstaunten die ganze Welt der Geschmacksrichtungen, die abwechslungsreichen Genüsse aus der Palastküche. Sultan erfährt, dass süß ganz lecker ist, scharf brennt wie Feuer – am Ende mag er die saure Eselsmilch am Liebsten. Damit hatte Kotzbrocken wirklich nicht gerechnet. Dieses leckere Mahl darf auch er jetzt täglich genießen. Dass er mal etwas selbst machen könne, regt Kotzbrocken an. Völlig irritiert, aber willig nimmt Sultan ganz allein ein Bad. Seltsam? Sicher. Aber Sultan war es gewohnt, dass seine vielen Frauen – jede ist dabei für einen anderen Dienst zuständig – ihm das Bad bereiten, die Haare kämmen, die Kleidung reichen. Das klappt schon ganz gut. Die Idee von Kotzbrocken, einen Tapetenwechsel in Form von Urlaub zu machen, findet Sultan auch gut. Doch für Kotzbrocken geht das nach hinten los: er muss alles tragen, was der Sultan mitnehmen will. Eine seltsame Karawane zieht da los: zu vorderst Sultan, dahinter der über und über beladene Kotzbrocken, danach fein aufgereiht die 100 Frauen, ein skurriles Bild.

Kotzbrocken kann nicht mehr, unter der Last lehnt er sich gegen Sultan auf, obwohl er ihn eigentlich mag. Sultan treibt es auf die Spitze, als er Kotzbrocken auf den Kopf spuckt und sich nicht entschuldigt. Kotzbrocken packt seine Sachen und geht. Das reißt Sultan aus seinem Alltag.

Haarsträubende und verrückte Einfälle der Autorin Claudia Schreiber sind von der Mannschaft der Theaterkumpanei lebhaft dargestellt zum Sonntagsvergnügen mit Spaßeffekt geworden. Es gab sehr viel Applaus für ein buntes Stück Unterhaltung für jedes Alter, das zeigte: Wer sich seinem Alltagstrott fügt, an dem geht das wahre Leben vorüber. Freunde und Mitmenschen sollte man gut behandeln und bewusstes Faulenzen macht Spaß.

Info: Viele schöne Fotos gibt’s unter www.schwetzinger-zeitung.de

Freie Autorin freie Mitarbeiterin

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