Das hat es in der 157-jährigen Geschichte des Turnvereins (TV) 1864 auch noch nicht gegeben – eine närrische Kinderturnstunde in digitaler Form. Doch Not macht erfinderisch und so treffen sich an diesem Samstag etwa 150 Jungen und Mädchen virtuell mit drei Übungsleiterinnen und Maskottchen „Schorsch“. Die Fasnacht hat im TV 1864 ohnehin eine lange Tradition. In einem Jahr, in dem die fünfte Jahreszeit nahezu komplett ausfallen muss, lohnt ein Blick in die Vereinshistorie.
Bereits um 1885 gab es laut den Vereinsannalen zur Fasnachtzeit im Hotel Hassler für die Mitglieder des TV einen großen Maskenball mit Kostümprämierung. Dazu wurde jedes Jahr seitens des Vorstands eine Eingabe zur Verlängerung der Polizeistunde meist bis 4 Uhr morgens gestellt. Ende der 1920er Jahre begann der Verein dann in der Turnhalle Friedrichstraße (heute Lore-Eichhorn-Halle) mit Faschingsveranstaltungen der Frauenturnabteilung und des Kinderturnens. Das wird bis heute so gemacht – wenn nicht gerade Corona ist. Auch für die Erwachsenen gab es viele Jahre lang närrische Turnstunden.
Die kultige Rutschbahn
Einige Jahrzehnte veranstaltete der TV Kindermaskenbälle in der Vereinshalle, bei denen irgendwann die Rutschbahn von der Empore Legendenstatus einnahm. Generationen von Kindern sausten herunter.
Ab den 1950er Jahren nahm der Turnverein regelmäßig mit dem damals noch existierenden Spielmannszug sowie Mitgliedern der Handball- und der Tischtennisabteilung an den Fasnachtszügen in Schwetzingen teil. Die Handballer waren unter Federführung des legendären Werner „Chef“ Heimburger regelmäßig unter den prämierten Motivwagen und Fußgruppen.
Bei den Fasnachtsveranstaltungen stellte sich in den 1950er Jahren der Fünf-Groschen-Ball als großer Erfolg heraus. Der letzte ging übrigens im Jahr 1964 über die Bühne. Sechs Jahre später nahm eine weitere Erfolgsgeschichte ihren Lauf: 1970 taten sich einige Mitglieder aus dem Turnverein zusammen und bildeten den Verein „KON e.V.“ („Kings of Nights“), um eine Fasnachtsveranstaltung für die Jugend mit dem Namen „Pep & Pop“ zu erschaffen. Diese Sause wurde bei ihrer Premiere gleich ein Knüller – auch hier war die Rutschbahn viele Jahre der Anziehungspunkt überhaupt.
Die Handballabteilung übernahm in den nächsten Jahren selbst die Organisation des Events. „Pep & Pop“ wurde bis Ende der 1980er Jahre am Fasnachtswochenende samstags und montags ein fester Bestandteil innerhalb des Schwetzinger Veranstaltungskalenders – „Pep & Pop“ war Kult. Teilweise war die Friedrichhalle mit der Jugend so überfüllt, dass man vom Eingang gefühlt eine Stunde brauchte, um bis zur Bar auf der Bühne zu kommen.
Ein Sicherheitsproblem
Sicherheitstechnisch war diese Menschenmenge aber irgendwann nicht mehr zu vertreten, weswegen „Pep & Pop“ eingestellt wurde. 2014 hatten die Vereinsverantwortlichen dann die närrische Idee, diese Fete anlässlich des Jubiläums 150 Jahre TV 1864 wieder aufleben zu lassen. Das durfte zwar nur mit deutlich weniger Besuchern sein, aber es wurde trotzdem wieder ein Erfolg. Und so blieb es nicht bei dem einen Mal: „Pep & Pop reloaded“ (also wiederbelebt) wurde seither sechsmal wiederholt – und ohne Corona hätte 2021 die siebte Auflage auf dem Programm gestanden.