Schwetzingen. „Wir müssen nur daran glauben“, so beginnt das Lied, welches sich in den vergangenen Jahren zur Hymne des Tags zur Umwelt und Ernährung am Schwetzinger Privatgymnasium entwickelte. Wie auch in Sidos Song „Pyramiden“, möchte die Schulgemeinschaft etwas schaffen, das die Gegenwart überdauert – eine nachhaltige Umwelt.
Der nun schon zum vierten Mal stattfindende Projekttag entwickelt sich mittlerweile zu einer festen Tradition an der Schule. Doch das ist an erster Stelle kein Verdienst der Schulleitung – immerhin organisieren und moderieren die Schüler ihre achtstündigen Klassenprojekte nahezu selbst. Laut Aussage von Schulleiter Jörg Bader gebühre der Dank vor allem Angelika Rüger, der Deutsch- und Geschichtslehrerin an der Schule. Ihr Engagement erfolgt nicht über die Köpfe der Schüler hinweg. Rüger erarbeitet mit den Schülern das Tageskonzept – mit einer bedachten Mischung aus Vorträgen und der Möglichkeit, das Gelernte selbst umzusetzen.
Hochkarätige Referenten aus Politik, Wirtschaft und Forschung sind in Schwetzingen zu Gast
Das Konzept ist denkbar einfach - jede Klassengemeinschaft verfolgt ein achtstündiges, individuell auf die Schüler abgestimmtes, Programm. Morgens, wenn die Schüler noch aufnahmefähig sind, beginnt der besondere Tag mit Expertenvorträgen. „Das überrascht mich immer wieder, was für hochkarätige Referenten aus Politik, Wirtschaft und Forschung sich die Zeit für die Kinder nehmen“, sagt Rüger. Begründet, denn neben der Meeresbiologin Mareike Huhn und dem China-Korrespondenten der Süddeutschen Zeitung, Florian Müller, referierte auch Darja Ribaric, Biologin und Gründerin von Vivimar – einer Delfin-Forschungsstation in Kroatien.
Die Themen der jeweiligen Vorträge drehen sich dabei rund um den Klimaschutz und gesunde Ernährung, so spricht zum Beispiel Landtagsvizepräsident Daniel Born mit der achten Klasse über gesundes Frühstück – und bereitet mit dem Nachwuchs sein morgendliches Porridge zu.
Für den 14 Jahre alten Bennet, den Mittelstufensprecher, ist das ein spannender Gast: „Er hat uns viel über Ernährung erzählt, wir konnten aber auch Fragen zur Gesamtpolitik stellen. Das war sehr interessant.“ Ein weiteres, für den Jungen, besonders wichtiges Thema, das in seiner Klasse besprochen worden sei, ist die Umsetzung nachhaltiger Mobilität in deutschen Städten. Hierzu sprach Sophie Ziegler von der Obermeyer-Schienenverkehrsplanung mit den Kindern.
„Wir achten natürlich auch sehr darauf, dass die Beiträge der Experten altersgerecht sind“, erklärt die Initiatorin. Während sich die fünfte Klasse mit Plastikmüll in den Meeren beschäftigt, spricht die Kursstufe eins – also die elfte Klasse – über Umweltökonomie und die Forschung mit Tieren.
Besonders Letzteres sei ein Reizthema, wie Klassenglied und Schülersprecherin Anna Meena beschreibt. So habe der Referent Dr. Lukas Anneser scharfe Kritik der Schüler geerntet. Durch die differenzierten Argumentationen des Biomediziners konnte eine Diskussion auf sehr hohem Niveau entstehen, findet die 16-Jährige. „Natürlich ist es auch großartig für die Kids, sich schon in so jungem Alter mit Universitätsprofessoren auszutauschen und dadurch auch die Komplexität der Thematik zu erfassen“, bestätigt Rüger. Die Expertenvorträge und Diskussionsrunden finden dabei meist über eine Online-Zuschaltung statt.
Doch nicht nur die Experten folgten der Einladung der Privatschule. Zum Konzept des Tages gehöre auch, dass Kräfte aus der Praxis referieren, meint der Schulleiter. Umsetzen konnte das Gymnasium diesen Anspruch unter anderem mit Christian Wengert, Vertreter der Energiegenossenschaft „Bürgerwerke“ und Fabian Ernst vom Kreisforstamt Rhein-Neckar. „Es ist für uns auch essenziell, dass der Nachwuchs sieht, was schon alles gemacht wird“, so Bader. Damit wolle die Schule dem Gefühl vieler Jugendlicher entgegnen, sie seien machtlos, was den Klimawandel betrifft. „Das ist eben nicht so, es gibt schon große Anstrengung, die Erde klimaneutral zu gestalten. Und jeder kann dazu seinen Beitrag leisten, gemeinsam sind wir nicht ohnmächtig“, findet der Schulleiter.
Interaktives Planspiel: Schwetzinger Schüler mit Ideen zur Rettung der Umwelt
Wie die Kinder ihren Beitrag leisten können, sollen sie im zweiten Teil des Tages lernen – in der sogenannten Output-Phase. „In meiner Klasse erstellen wir mit der Plattform Planet, ein interaktives Planspiel, eigene Challenges, wie wir der Umwelt helfen können“, erzählt der Achtklässler Bennet. Dass die Schule in dieser Praxisphase viel Wert darauflegt, die Schüler zu motivieren, eigene Ideen und Möglichkeiten zur Umweltrettung zu entwickeln, zeigt sich besonders in der Kursstufe.
Schülersprecherin Anna Meena sagt dazu: „Wir erstellen eigene TED-Talks, also 15-minütige Videos, in denen wir eigene Vorschläge für einen umweltfreundlicheren Umgang entwickeln.“ Neben des Nachhaltigkeit-Aspekts mache die Praxisphase den Schülern Spaß und zeige den Kindern, wie leicht es sei, etwas zum Besseren zu verändern, so Rüger.
Vom Umwelttag ausgenommen, waren die Schüler der Kursstufe zwei, also diejenigen, die sich aktuell auf die Abiturprüfung vorbereiten. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Schüler den sturen Frontalunterricht machten, den Erwachsene von den Bildungseinrichtungen kennen. Die Schulältesten erlebten einen Methodentag, bei dem sie den Umgang mit Prüfungsängsten nähergebracht bekamen und über wissenschaftliches Arbeiten, welches an den Universitäten auf viele der Schüler zukommt, sprachen.
„Ich mag diesen Tag wegen der verschiedenen Elemente, auf die wir achten. Einerseits der Input von großartigen Experten, dann aber auch die Aufgabe, selbst Verantwortung zu übernehmen. Die Kinder müssen sich eigene Lösungen ausdenken und diese auch umsetzen“, teilt Initiatorin Rüger mit. Ein Konzept, das aufgeht: Bennet erklärt, dass er schon in den vergangenen Jahren versucht habe, seine Ernährung umweltfreundlicher zu gestalten. Anna Meena fügt hinzu, dass viele Schüler die Themen mit nach Hause tragen, mit den Eltern diskutieren und eigene Lebenseinstellungen überdenken.
Zum Abschluss des Tages möchte die Schulgemeinschaft ein weiteres Mal das Musikvideo ansehen, das im vergangenen Jahr von den Schülern gedreht wurde. Alle Klassen singen gemeinsam Sidos Song, mit dem Gefühl, wirklich etwas erschaffen zu können, das uns überdauert, „wie diese Pyramiden“.
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