Straßenverkehr

Verkehr in Schwetzingen: „Autofahrer sind nur Gäste in der Stadt“

Ulrich Pfeiffer fordert mehr Rücksicht im Straßenverkehr und setzt auf "Shared Space". Beim Rundgang zeigt er, an welchen Stellen er in Schwetzingen Verbesserungspotenzial sieht.

Von 
Volker Widdrat
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Die Kreuzung der Karlsruher Straße zur Zähringer Straße und zur Bismarckstraße: Die Ampeln verursachen Staus, meint Verkehrsexperte Ullrich Pfeiffer. © Volker Widdrat

Schwetzingen. „Der Autoverkehr muss langsamer gemacht und zurückgedrängt werden, Autofahrer sind nur Gäste in der Stadt, sie müssen sich freundlich und rücksichtsvoll zu den anderen Verkehrsteilnehmern verhalten.“ Das sagt Ulrich Pfeiffer. Der Schwetzinger ist sich sicher, dass alle Verkehrsteilnehmer mehr Rücksicht aufeinander nehmen könnten – wenn sich die Bedingungen an den verkehrlich neuralgischen Punkten ändern. Der 75-jährige Verkehrsplaner hat seit Jahren unzählige Verbesserungsvorschläge unter dem Aspekt des Planungskonzepts „Shared Space“ eingebracht. Nur – beim Kreis und bei der Stadt hat er dafür nie Gehör gefunden.

Ulrich Pfeiffer an der Kreuzung der L 543 zur August-Neuhaus-Straße. Der Bereich ist seiner Meinung nach überdimensioniert mit zu vielen Fahrspuren. © Volker Widdrat

Der erklärte Gegner des umstrittenen Verkehrs- und Städtebauprojekts „Stuttgart 21“, der auch heute noch ab und an zu den Montagsdemonstrationen in die Landeshauptstadt fährt und dort seine Reden hält, kritisiert auch die neu gestaltete Karlsruher Straße in Schwetzingen: Der breite Gehweg und Tempo 20 für Fahrzeuge freuten Fußgänger und Radfahrer noch mehr, wenn es ein durchgängiges Halteverbot geben würde. Am Ende bei der Einfahrt in den Bismarckplatz sei durch die Umstrukturierung eine gefahrvolle Situation entstanden, „die man hätte vermeiden können, wenn es an der Kreuzung einen Minikreisel geben würde“.

Der Betreiber des Fahrtrainingsunternehmens „Eco-Consult“ plädiert für das Thema Nachhaltigkeit auf der Straße. Den Teilnehmern seiner Seminare, oft auch mit vielen Mitarbeitern von großen Unternehmen, bringt er das Spritsparen bei. Aber nicht nur der Geldbeutel werde geschont, auch die Umwelt profitiere von einem geringeren CO2-Ausstoß. Seine Vorschläge zur Verbesserung seien sehr viele Einzelmaßnahmen, gibt Pfeiffer zu. Die könnten aber sehr zeitnah und relativ kostengünstig durchgeführt werden. Der Staat habe wegen der beginnenden Rezession als Folge der Inflation weit weniger Geld zur Verfügung: „Dennoch sollten die Maßnahmen aus Klimaschutzgründen so rasch wie möglich umgesetzt werden.“

Als Vorlage für einen Minikreisel in Schwetzingen könnte der Kreisverkehr im Hardtwaldring zur Sandhäuser Straße in Oftersheim dienen. © Volker Widdrat

Ein Minikreisel spare im Vergleich zu einer Ampelregelung bei mittlerer Verkehrsstärke jährlich rund 50 000 Liter Kraftstoff oder rund 150 Tonnen CO2 ein. So bestehe durch diese Vorschläge ein beträchtliches Klimaschutzpotenzial. Und ein Minikreisel koste mit schätzungsweise 80 000 Euro nur den Bruchteil eines Kreisels und sei dabei sogar günstiger zu verwirklichen als eine Ampelanlage, meint der Kämpfer für „Shared Space“. Der Einspareffekt von Kreiseln, einem generellen Tempolimit von 30 und in einzelnen Bereichen von 20 Stundenkilometern plus einer Ausweitung der „Shared Space“-Zone in Schwetzingen wäre erheblich.

Der 75-Jährige ist ein begeisterter Anhänger des Planungsmodells, das federführend von dem Niederländer Hans Monderman in den 1990er Jahren entwickelt worden war. Er habe den Erfinder von „Shared Space“ noch kurz vor dessen Tod persönlich kennenlernen dürfen, erzählt Pfeiffer, „seitdem mache ich es zu meiner Aufgabe, diese Ideen zu verbreiten“. Der britische Architekt Ben Hamilton-Baillie, ein anderer „Shared Space“-Experte aus London, hätte in seinem Nachruf auf Monderman gesagt, dass dieser „einen neuen Ansatz zur Schaffung zivilisierter Straßen und öffentlicher Räume“ eingeleitet habe. Dadurch habe er „ein neues Verständnis des Verhältnisses zwischen Straßen, Verkehr und Höflichkeit initiiert“.

Die Kreuzung von Kurfürstenstraße und Bruchhäuser Straße ist ein sehr großer Bereich. Hier könnte ein Kreisverkehr eingerichtet werden. © Widdrat

Mehr Lebensqualität

Pfeiffer kritisiert die heutigen Verkehrsplaner, da sie zu starr an altem Wissen festhielten. Auch Städte und Kommunen könnten mehr zur Mobilitätswende beitragen. Das würde für alle weniger Lärm und mehr Lebensqualität bedeuten. Seine Beispielsvorlage für einen Minikreisel, wie er ihn sich für mehrere Stellen in Schwetzingen vorstellen kann, ist die Kreuzung im Hardtwaldring zur Sandhäuser Straße in Oftersheim. Unsere Zeitung hat mit Ulrich Pfeiffer einen Spaziergang durch Schwetzingen gemacht zu den seiner Meinung nach neuralgischen Punkten in der Stadt.

Wir starten an der Ampelkreuzung der Carl-Theodor-Straße und der Friedrichstraße, die lange Staus verursacht. Ein Minikreisel und ein Zebrastreifen könnten das ändern. Die Ampel könnte dann weg. Die Signalanlage in der Carl-Theodor-Straße mit der Abbiegung in die Nadlerstraße ist ebenso für ellenlange Staus gut. Autos und Busse stehen hier oft zurück bis zum Bahnhof. Hier müssten ein Minikreisel und ein Zebrastreifen her. Pfeiffer kann sich einen ovalen Kreisel, wie er ihn in Bretten gesehen hat, gut in diesem Kreuzungsbereich vorstellen.

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Die Signalanlage von der Kurfürstenstraße zur Nadlerstraße ist überflüssig. Besser wären ein Minikreisel und ein Zebrastreifen. Die Carl-Theodor-Brücke der L 543 zur August-Neuhaus-Straße hat zwei Fahrspuren zu viel, das ist ein Problem bei der Straßenquerung von Fußgängern und Radfahrern, es gibt zu lange Rotphasen. Pfeiffers Vorschlag: Zwei Fahrspuren entfernen und durch Aufstellen von Pflanzenkübeln kostengünstig sperren.

Mittelstreifen müsste weg

Im Odenwaldring besteht das Problem, dass es kein Tempo 30 gibt. Der Mittelstreifen müsste weg. Wegen der Schule und des Freizeitbads Bellamar sollte Tempo 30 her, die Ampel dafür weg: „Am Bellamar ist es höchste Zeit, Tempo 30 anzuordnen wegen der Unfallgefahr. Eigentlich sind Kommunen verpflichtet, das vor Schulen und Kindergärten zu machen. Warum es das in Schwetzingen immer noch nicht gibt, wundert mich sehr.“

Auf der Südtangente fahren die Autos ohnehin zu schnell, deshalb könnten Tempo 30 und ein Zebrastreifen beim „kleinen Rewe“ für eine Verbesserung sorgen. Die Ampel an der Kolpingstraße ist überflüssig und sollte durch einen Minikreisel und einen Zebrastreifen ersetzt werden. Zur Zähringer Straße hin verursacht die Ampelanlage ebenso Staus, es gibt zu viele Fahrspuren. Pfeiffer schlägt deshalb vor: Ampel weg, Minikreisel mit Zebrastreifen, eine Fahrspur entfernen, Radweg verbreitern.

Das Rondell zwischen der Nordstadt und dem Kleinem Feld ist für den Verkehrsplaner „ein riesiger Verkehrsschlamassel“, der abgeschafft und zu einem vernünftigen Kreisverkehr ausgebaut werden müsste. Die Mannheimer Landstraße hat zwei Fahrspuren zu viel, die müssten weg und dafür Pflanzenkübel aufgestellt werden. Mehr als 800 Städte in Deutschland hätten sich inzwischen zu Tempo 30 flächendeckend innerorts ausgesprochen. Leider sei Schwetzingen trotz mehrfacher Anregungen immer noch nicht dabei, bedauert Pfeiffer und hat bei unserem Rundgang gleich noch ein paar Ergänzungen parat.

Die Touristinformation sollte seiner Meinung nach unbedingt am Bahnhof angesiedelt werden: „Dann können anreisende Touristen dort sofort ihre Informationen erhalten.“ Der Bahnhofsbereich sei das Eingangstor für die Besucher von Schwetzingen. Pfeiffer kritisiert hier einiges: „Kein beheizter Warteraum, keine Bahnhofsuhr, schmutzige Toiletten.“ Eventuell könnte auch ein Café mit Zeitungskiosk eingerichtet werden.

Der 75-Jährige ist Energiesparer und Umweltschützer. Dabei überrascht es auch nicht, dass er sich schon an die Bahn gewandt hat, ob auf dem Bahnsteigdach nicht die Installation von Photovoltaik-Anlagen möglich sei. Er habe eine „freundliche, aber nichtssagende Antwort“ erhalten, berichtet Pfeiffer und weist auf die Bürger-Energiegenossenschaft Kurpfalz hin. Auf dem Dach der Stadtwerke Schwetzingen seien ja auch noch Flächen für Photovoltaik frei.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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