Kunst

"Weiberansichten": Kunstvolle Frauenfiguren in Schwetzingen

Barocke Leibesfülle und bayrischer Humor in der Schlosskapelle in Schwetzingen: Die Ausstellung „Weiberansichten“ von Michaela Johanne Gräper ist noch an allen drei Weihnachtsmarktwochenende geöffnet.

Von 
Maria Herlo
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Auch diese Figuren sind in der Ausstellung der Holzbildhauerin Michaela Johanne Gräper in der Schlosskapelle zu sehen. © Lenhardt

Schwetzingen. Wer am Freitagabend den lichtdurchfluteten Raum der Schlosskapelle betrat, blieb überrascht am Eingang stehen. Und das nicht nur wegen der vielen Besucher, die sich dicht an dicht drängten, sondern insbesondere wegen der bunten, korpulenten Frauenfiguren, deren virtuose Gruppierung sich wunderbar in den Saal einfügt. Eingeladen zu dieser gewichtigen Schau hatte der Kunstverein Schwetzingen unter dem Motto „Weiberansichten“.

Und „Weiber“ ist hier nicht überhaupt nicht abwertend gemeint. Denn: Die Künstlerin Michaela Johanne Gräper hat ihre in sinnlicher Leibesfülle geschaffenen Frauenfiguren liebevoll selbst so genannt. Humorvoll, witzig, voller Fantasie setzt sie der Schlankheit als Schönheitsideal mächtige Hüften und üppige Brüste entgegen. Was all ihre Figuren auszeichnet, ist Charakterstärke und Selbstbewusstsein.

Michaela Johanne Gräper: Von Bayern nach Schwetzingen

Bevor Kurator Dr. Dietmar Schuth näher auf die Werke einging, begrüßte der Vorsitzende des Kunstvereins Erik Schnatterer die Vernissagegäste und berichtete einiges über den Werdegang der Künstlerin. Sie war schon mal Gast in Schwetzingen, sagte er. 2008 mit der Holzskulptur „Freischwimmerin“ bei „Kunst im Wege stehend“ und 2024 mit der Carl-Theodor-Statuette in der Orangerie bei der diesjährigen Jubiläumsschau des Kunstvereins anlässlich des 300. Geburtstags von Carl Theodor.

Geboren sei sie 1962 in Oberammergau, Bayern. Schon früh habe sie sich für die handwerklichen Traditionen ihres Heimatortes interessiert. Nach der Ausbildung an der Schnitzschule in ihrem Geburtsort absolvierte sie ein Studium an der Kunstakademie München sowie am Technicon in Pretoria, Südafrika. Zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts befasse sich die Bildhauerin zudem auch mit Restaurierungen. Schnatterer bedauerte, dass die heute in Burggen lebende Künstlerin wegen eines Trauerfalls in der Familie bei der Ausstellungseröffnung nicht anwesend sein konnte.

Gesellschaftskritik mit einer Prise bayerischem Humor 

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Die Wahl der Künstlerin für diese Ausstellung des Kunstvereins in der Adventszeit begründete der Vorsitzende mit Schuths Begeisterung für die farbenfrohen Frauenfiguren. Gräper sei eine weitgereiste, engagierte Persönlichkeit, die zudem einiges zu sagen hat, wenn es um politische oder gesellschaftliche Themen geht. Immer wieder parodiert sie den Kampf der Geschlechter und nimmt auch ihre Heimat mit bayerischem Humor aufs Korn.

Ihre Frauenfiguren stellt die Künstlerin meist in barocker Leibesfülle dar, die an Peter Paul Rubens erinnern, sagte Schuth in seiner Einführung. Viele Arbeiten sind sehr humorvoll. Wie beispielsweise die mit dem Titel „Landsitz“, wo sich „Europa“ – eine Gestalt der griechischen Mythologie – auf dem Rücken einer Kuh ausruht. Die erste Künstlerin, die ein korpulentes Schönheitsideal propagierte, war sicherlich Niki de Saint Phalle. In den 50er und 60er Jahren waren es zierliche Frauen wie Audrey Hepburn oder Twiggy, die den Schlankheitswahn begründeten, der bis heute andauert. Michaela Johanne Gräper jedoch findet ihre dicken Frauen schön. Und auch die Betrachter finden sie sympathisch.

Kritische Zeitgenossin: Gräpers Kunst in Schwetzingen

In der Kunstgeschichte wurden Frauen bereits in der Steinzeit als Frbarkeitssymbole dargestellt. Diese wurden Venus genannt und als Muttergottheiten verehrt, so Schuth. Eine vergleichbare Formensprache zeigt die Serie von kleinen Bronzestatuetten auf, die Gräper gestaltet hat und in der Ausstellung zu sehen sind. Als kritische Zeitgenossin nimmt sie auch Stellung zu Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Liebe, zu Fremdenfeindlichkeit und Militarismus. Diesbezüglich gestaltete sie Männer mit schwarzer Hautfarbe, zwei sich küssende Männer und einen Holzschnitt mit dem Titel „Menschentränen“.

Auch der Kunstverein erkannte das Publikumspotenzial dieser Ausstellung. Sie schaffte es, das Publikum restlos zu begeistern. Ihr Qualitätsurteil fasste Rosa Grünstein, Vorsitzende der Mozartgesellschaft, so zusammen: „Das ist eine Ausstellung der guten Laune, weil man dauernd lächeln muss, wenn man die Figuren sieht.“

Bereichert fühlte sich auch die in Schwetzingen bekannte Sängerin Martina Netzer. Sie wolle auf jeden Fall wiederkommen, um sich noch einmal in Ruhe mit den Werken auseinanderzusetzen. Zur angenehmen Atmosphäre der Vernissage trugen Brigitte Moser vom Kunstverein bei, die am Infotisch den Besuchern freundlich Auskunft gab, sowie der zweite Vorsitzende Bernd Junker, der sie mit seiner Frau bewirtete.

Info: Die Ausstellung, begleitet von einem Katalog, kann während der gesamten Weihnachtsmarktzeit donnerstags und freitags von 17 bis 20 Uhr besichtigt werden, samstags und sonntags von 14 bis 20 Uhr. Der Katalog führt die Werke der Ausstellung auf.

Freie Autorin

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