Schwetzingen. Was zeichnet Whisky-Freunde aus? Sie sind geduldig, stellen sich ordentlich in die lange Reihe, die vom nördlichen bis zum südlichen Zirkelsaal reicht, und erfreuen sich an der überm Schlossgarten untergehenden Sonne. Als dann aber die Tür aufgeht und das Tastingglas ausgehändigt ist, geht es flott in den Saal, schließlich sind am Freitagabend ja nur fünf Stunden Zeit, um aus 1400 Abfüllungen die auszuwählen, die man immer schon mal probieren wollte, die ganz neu auf dem Markt sind oder bei manch einem Händler exklusiv und selbst abgefüllt wurden. Das Team von Joe Seidel hat alles im Griff und die Händler haben Freude am Austausch mit den Fans und Kunden. Längst kennt man sich ja aus den vergangenen Jahren.
Whisky Spring in Schwetzingen: Rudi Müller von "Futterer" öffnet edlen Tropfen
Jetzt wird es Zeit für Rudi Müller von der Schwetzinger Firma Futterer den Fachplausch mit den anderen Ausstellern einzustellen. Er hat eine wichtige Aufgabe vor sich. Es gilt sein größtes Schätzchen zu öffnen. Einen 1977er Ardbeg von ganz besonderer Klasse, der auf Auktionen schon 1000 Euro und mehr erlöst. Jetzt bloß nicht fallen lassen – das erste Dram geht an die Belegschaft. Dann bestellt auch schon ein Schwetzinger, der es in der Zeitung gelesen hatte, ein Gläschen und zahlt 35 Euro dafür: „Das ist es mir wert, ich habe noch eine Flasche zu Hause, traue mich aber nicht, sie zu öffnen, weil sie so wertvoll ist. Da weiß ich jetzt genau, was ich verpasse – wunderbar torfig und doch so süß im Abgang“, sagt uns Bernd Meyer und schaut etwas verklärt.
Ganz in der Nähe steht ein ganzes Fass auf dem Tisch – zumindest ein kleines. Bei Anne Gieding und Christian Priess von Anam na h-Alba – was übersetzt die Seele Schottlands heißt – gibt’s dieses Mal was Feines aus Deutschland. Einen Ravenheart aus der sauerländischen Brennerei. Dort lag er schon im Rotwein- und im Bourbon-Fass und durfte jetzt nochmals für ein Jahr in einem Amarone-Fass nachreifen. Das gab ihm einen wunderbar rötlichen Teint. Und für 70 Euro darf man sich selbst ein Fläschchen aus dem Fass abfüllen, verkorken, etikettieren und mit nach Hause nehmen. Das ist ja quasi die Königsdisziplin, die es sonst eigentlich nur in wenigen Destillen vor Ort gibt.
Ein Fässchen hat auch Brenner Sippel aus der Pfalz mit nach Schwetzingen gebracht. Befüllt mit seinem Whisky, der in einem früheren Laphroaig-Fass lagerte und dann noch ein Madeira Cask Finish bekam.
Wer mit den Herstellern selbst plaudern mag, ist bei Mareike Spitzer von Irish Whiskeys immer gut aufgehoben. Sie hat meist Gäste dabei, die direkt aus Irland anreisen, um über ihre Brennereien und deren Blended und Single Malts erzählen. Diesmal ist Grainne von der Firma Micil am Start. Im Jahr 2016 eröffnete Pádraic Ó’Griallas die erste Brennerei in Galway, wo 100 Jahre zuvor sein Urururgroßvater die erste illegale Brennerei der Familie aufgebaut hatte. Eigentlich ist Micil Spezialist für Poitin – aber auch die Whiskeys sind sehr lecker.
Apropos Irland: Die Iren erleben in den letzten Jahren einen regelrechten Boom von Neugründungen. Sie wollen den Schotten den Rang ablaufen und kommen mit interessanten Ideen auf den Markt. So zum Beispiel Mark Reynier, der im Süden des Landes eine Guinness-Brauerei kaufte und dort jetzt Whiskeys – die irischen schreiben sich mit ey – brennt. Er erzeugt kleine Mengen, die jeweils auf dem Korn einer einzigen Farm basieren.
Ähnlich wie bei den Weinlagen kommen so ganz unterschiedliche Geschmacksrichtungen heraus, oft sehr frische und milde Tropfen. „Die Fässer sollen eher nur für die Farbe sorgen und nicht zu dominant in den Geschmack eingreifen“, sagt er im Gespräch am Stand von Wolfgang Falke. Der Schwetzinger mit seinem Shop Falke Exklusive ist natürlich stolz darauf, dass Whisky-Legende Mark Reynier selbst nach Schwetzingen gekommen ist, um seine tolle Range in den ungewöhnlichen blauen Flaschen zu präsentieren und selbst etwas zu seinem Geschäftsmodell zu erzählen.
Immer ganz besondere Abfüllungen hat Heidelberg Highlands am Start und den Jungs von Borco merkt man an, dass sie selbst Spaß am Whisky haben, übrigens haben sie auch japanische und nordamerikanische Abfüllungen dabei und kennen sich besonders beim Bourbon gut aus. Da gibt es ja längst auch sehr gute Sachen, weit ab von der Massenware vergangener Tage. Es bleiben noch zwei Tage zum Probieren, am Samstag von 11 bis 22 Uhr und am Sonntag von 11 bis 17 Uhr. Gerade am Sonntag dürfte es auch nicht ganz so voll werden wie am Freitag und Samstag.
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