Opernpasticcio „Lieben und geliebet werden“ nach frühbarocken Singspielen

Winter in Schwetzingen: Klassik mit viel Sprachwitz und Ironie

Von 
Maria Herlo
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Die Solisten Cornelius Uhle und Hanna Zumsande (im Vordergrund) begeistern mit der Berliner Lautten Compagney beim Barockfestival Winter in Schwetzingen, welches vom Theater Heidelberg veranstaltet wird. © Susanne Reichardt

Schwetzingen. Mit originellen musikalischen Fundstücken bereicherte das Barockfestival Winter in Schwetzingen weiterhin sein Programm und zeigte zugleich, wie lebendig heutige Ensembles mit der alten Musik umzugehen wissen.

Lange hat man keine Notiz vom umfangreichen Opernschaffen des Komponisten Johann Philipp Krieger (1649 – 1725) genommen. Über 2000 Kantaten und 18 Opern soll er komponiert haben. Aus diesem Schatz ist leider wenig erhalten geblieben. Nun bot das Barockfestival mit einem Opernpasticcio Gelegenheit, die Spannweite von Kriegers Schaffen kennenzulernen. Bevor Krieger am Hof Sachsen-Weißenfels sesshaft wurde und 48 Jahre dort wirkte, waren Venedig, Rom, Neapel, Sizilien, Wien, Frankfurt, Darmstadt und Kassel Stationen seines Lebenswegs.

Unter dem Motto „Lieben und geliebet werden“ hat der Dirigent und Lautenist Wolfgang Katschner zum Thema Liebe erhaltene Arien aus den Singspielen „Cecrops“, „Procris“, „Der großmütige Ciprio Africanus“, „Ehe Liebe“, „Flora“, „Der wiederkehrende Phoebus“, „Der wahrsagende Wunderbrunnen“ zusammengestellt, die mit ihrer Expressivität die Zuhörer im Rokokotheater in den Bann zogen. Daran hatte die Interpretation der Berliner Lautten Compagney – Andrei Pfaff und Kaori Kobayashi, Violine, Luise Enzian, Barockharfe, Ulrike Becker, Viola da gamba, Daniel Trumbull, Cembalo – und die der beiden Sänger – Hanna Zumsande, Sopran, und Cornelius Uhle, Bariton – einen wesentlichen Anteil. Dank der historisch informierten Aufführungspraxis des Ensembles konnte sich das Ausdruckspotenzial von Kriegers Musik voll erschließen, die den unterschiedlichsten Gemütsstimmungen in Sachen Liebe nachspürt – von Keckem wie in den Arien „Tanzt ihr Mäusgen auf den Schmause, denn die Katz ist nicht zu Hause“, „In dem Dunckeln ist gut munckeln“, von Vergnüglichem, von ausgelassener Freude wie in den Arien „Ein Küssgen in Ehren kann niemand verwehren“, „Reine Lieb’ und reiner Wein sind die angenehmsten Dinge“, bis hin zum tiefsten Schmerz, besungen in dem Lied „Einsamkeit, du Qual der Hertzen“. Ausgezeichnet ist, nebenbei bemerkt, das Programmheft gestaltet, das die Texte der Arien in der Orthografie des Originals enthält und auf diese Weise viel zum besseren Verständnis beitrug.

Spontane Musizierlust inklusive

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Von
Hans-Günter Fischer
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Für die Wiedergabe dieser überaus originellen weltlichen Vokalmusik engagierte Katschner ein Gesangduo, das immer wieder unterhaltsame Momente einbaute und dabei ins Szenische und Opernhafte vordrang. Schon gleich zu Beginn, als beide nach der intonierten „Sonata Ottava à duo Violini“ nacheinander links und rechts der Bühne erschienen, brachten sie mit viel Sprachwitz und feiner Ironie die Ursprünglichkeit und Direktheit dieser Musik mit dem Duett „Tanzt ihr Mäusgen auf den Schmause“ sehr ansprechend zu Gehör. Beredt und lebendig gelang es ihnen in den folgenden Arien zu vermitteln, welch Höhen und Tiefen ihre Liebe durchleiden muss, bis sich beide, zum Vergnügen des Publikums, im Schlussduett endgültig versöhnen.

Stimmlich begeisterte Hanna Zumsandes leuchtender Sopran, der den Widerstreit der Gefühle einer Verliebten, Geliebten und Verschmähten ausdrucksstark gestaltete. Wirkungsvoll sang sie aber auch von Liebessorgen, von Vergänglichkeit, Einsamkeit und gebrochenem Herzen. Der Bariton Cornelius Uhle bestach mit einer hervorragenden Diktion, mit stimmlicher Geschmeidigkeit und Wohllaut, mit Humor und Charme. Wolfgang Katschner, der mit der Theorbe anführte, und sein Ensemble bildeten mit den Gesangssolistin eine durchkomponierte Einheit. Das Spiel auf den alten Instrumenten gefiel durch rhythmische Prägnanz und einen unnachahmlichen farbig, nuancierten Klang, von subtiler Kraft.

Der begeisterte Applaus zeigte, dass die alte Musik, prachtvoll gespielt von einem historisch informierten Ensemble wie die „Lautten Compagney“, bei der die spontane Musizierlust ebenfalls nie zu kurz kam, genauso sicher ins Ziel trifft wie Amors Pfeile.

Freie Autorin

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