Schwetzingen. Wer im Laufe des Tages auf einen trockenen Konzertabend gewettet hatte, der sah seinen Einsatz wohl spätestens dann als verloren an, als am späten Nachmittag ein Wolkenbruch über dem Schwetzinger Schloss herniederging. Doch als der Sänger Adelmo Fornaciari Punkt 20 Uhr die Bühne von Musik im Park betrat, da zeugte nur noch ein Regenbogen am blauen Himmel vom Unwetter - die nächsten 120 Minuten herrschte italienisches Flair - Zucchero bürgt schon mit seinem Künstlernamen für Dolce Vita.
4500 Besucher füllten das ausverkaufte Konzertgelände und waren zusammen mit Zucchero und seiner fantastischen Band sogleich auf Betriebstemperatur. Die aus Kamerun stammende Sängerin Oma Jali eröffnete den Konzertabend mit dem Gospel „Oh, Doctor Jesus“ - sie sollte noch öfter Gelegenheit haben, ihre tolle Stimme ertönen zu lassen, beispielsweise beim Ike-und-Tina-Turner-Klassiker „Nutbush City Limits“ - und nahtlos schloss sich Zucchero mit „Spirito nel buio“ und „Soul Mama“ an - schon hielt es die Fans nicht mehr auf der Bühne, wurde eifrig mitgeklatscht und gefeiert.
Große Fangemeinschaft im Schlossgarten Schwetzingen
Zucchero gilt als der „Vater des italienischen Blues“, doch er fühlt sich in vielen Genres zu Hause. Ob rockig wie bei „Vedo Nero“ und bei „Facile“ - ein super Duett mit Oma Jali - oder leise und zurückhaltend wie bei „Ci si arrende“ - der Meister spielt die musikalische Klaviatur perfekt. Zusammen mit seiner Band sorgte er dafür, dass der Schwetzinger Schlossgarten, die Reihe Musik im Park, die schon einige hervorragende Künstler in die Region gebracht hat, einen Höhepunkt erlebt, der noch lange nachhallen wird.
Mit Vollgas steuert der Musiker, der seinen Spitznamen übrigens einer Grundschullehrerin verdankt, die ihn einfach süß fand, durch den Abend. Keine Spur von Alter (er ist 67), die Stimme klingt frisch und rauchig wie eh und je. Erst nach gut einer Stunde wendet er sich seinem Publikum zu. Dazu lässt er sich einen Stuhl - ach was, einen kleinen Thron - auf die Bühne bringen, setzt sich und grüßt mit einem „buona sera“ sein Publikum, lobt den wunderschönen Abend im Schwetzinger Schlossgarten. Er sitze nicht, weil er müde ist, scherzt Zucchero, sondern weil es sich so besser plaudern lässt, wobei er hofft, nicht zu viel zu erzählen. Die Leute wollen ja seine Musik hören.
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram anEin Beitrag geteilt von Schwetzinger Zeitung (@schwetzingerzeitung)
Seit April vergangenen Jahres seien sie unterwegs, plaudert Zucchero und zählt Stationen seiner aktuellen Tournee auf, die ihn für vier Abende nach Deutschland führt - einer davon in Schwetzingen. Und dann stimmt er „Dune mosse“ vom Album „Blues“ an - die Bläsergruppe zeigt sich von ihrer besten Seite.
Ein weiterer Höhepunkt ist die Hommage an seinen verstorbenen Freund Luciano Pavarotti - „Misere“. Das Lied haben beide gemeinsam gesungen - der 2007 verstorbene Opernsänger wird per Leinwand zugeschaltet - ein herzzerreißendes Duett voller Leidenschaft und Melancholie.
Danach nimmt sich Zucchero eine kleine Auszeit, die Band darf ihr Können zeigen - „Nutbush City Limits“ und „Honky Tonk Train“ rocken den Park bevor der Sänger, nun in einen barocken Gehrock gewandet, zurückkehrt, um mit „Il volo“ das Publikum von den Sitzen zu reißen. Überhaupt die Zuhörer - Zucchero hat eine feste Fangemeinde, viele der Besucher sind nicht zum ersten Mal bei einem Konzer von ihm und fast alle sind äußerst textsicher. Mit „Diamante“ legt Zucchero noch eine Schippe drauf - ein Lied wie ein Schluck Chianti an einem toskanischen See. Passend dazu geht hinter der Moschee im Park die Sonne unter, von einem entzückten Zucchero als Sahnehäubchen auf dem Abend empfunden.
Noch zwei Lieder stehen auf dem Programm, jeden Tag mischt er die Lieder neu, erzählt Zucchero - er liebt die Abwechslung und auf seine tolle Band könne er sich verlassen, betont der Liedermacher, bevor er mit „Per Colpa di chi“ und „Diavolo in me“ - zwei rockige Songs voller Lebensfreude - zum großen Finale auftrumpft. Stehender Beifall ist ihm ebenso gewiss wie der lautstarke Ruf der Fans nach einer Zugabe. Frenetisch wird sie eingefordert und der Künstler lässt sich nicht lange bitten.
„Senza una Donna“ als Zugabe bei Zucchero
Schon bei den ersten Takten wird klar, Zucchero lässt den Abend mit seinem wohl bekanntesten Song, „Senza una Donna“ ausklingen. Ein Lied, das er nicht jeden Tag im Repertoire hat, das er sich für diesen perfekten Abend in Schwetzingen aufgehoben hat. „Senza una Donna“ hat er auch mit dem britischen Sänger Paul Young eingespielt, die englische Version machte ihn weltweit bekannt. Doch an diesem Abend hält er sich überwiegend an den italienischen Text, sehr zur Freude der Zuhörer, kommt hier doch das Melodische weitaus besser zum Tragen.
Das perfekte Lied hinter einem perfekten Abend, den der Künstler von Weltformat, er stand schon mit Clapton, Sting, Mark Knopfler oder den Stones auf der Bühne, voller Energie und ohne Pause bestritt. Eine Reise durch sein musikalisches Schaffen vom Ende der 1980er Jahre bis heute - angesichts des Elans und Feuers, das er mit seinen Liedern versprüht, ist ein Ende noch lange nicht auszumachen, dürfen sich die Fans noch auf viele magische Abend mit Zucchero freuen.
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/schwetzingen_artikel,-schwetzingen-zucchero-im-schlossgarten-schwetzingen-berauschend-wie-ein-glas-chianti-_arid,2112129.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.instagram.com/reel/Cve5XLjIrJm/?utm_source=ig_embed&utm_campaign=loading
[2] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/schwetzingen.html