Schreitet man durch ein prachtvolles schmiedeeisernes Tor auf dem Gelände in der Nähe des Badhauses, gelangt man in einen Garten mit einer Sammlung seltener, zum Teil auch exotischer Bäume und Sträucher, den sogenannten Arboretum. Den Teilnehmern der Sonderführung „Gartengenuss aus aller Welt“ bot sich dort ein wunderbares Bild mit frischem Grün, einer lieblich bewaldeten Wiese und imposanten Bäumen. Und es war nicht zu viel versprochen, wenn die Verwaltung der Schlösser und Gärten den Besuch dieses Teils des Schwetzinger Schlossparks als „Gartenbaden“ pries. Denn analog zum inzwischen verbreiteten Begriff des „Waldbadens“ – einer Naturheilmethode aus Japan (Shinrin Yoku), in der es darum geht, völlig in die einzigartige Atmosphäre der Natur einzutauchen – lud auch das Arboretum ein.
Das Erspüren des Gartens mit allen Sinnen – sehen, riechen, fühlen und manchmal auch schmecken – das Wahrnehmen der Pflanzenvielfalt, nicht nur mit dem Verstand, sondern gerade auch mit dem Herzen, machte Gerda Leuthardt, Mitarbeiterin der Staatlichen Schlösser und Gärten, Führung möglich. In ihrer zweistündigen Führung, die beim Kreisparterre losging, nahm sie die Teilnehmer mit auf eine Reise durch die Geschichte des Schlossgartens mit Schwerpunkt auf dem 19. Jahrhundert. Dabei präsentierte sie einerseits belegbare Daten und Fakten, andererseits lockerte sie diese mit Erzählungen, überlieferten Anekdoten, Geschichten und Gedichten sowie Bildtafeln auf.
Ein Hauch von Indian Summer
Nicht ohne Stolz erwähnte sie, dass Kurfürst Carl Theodor (1724 – 1799) innerhalb von dreißig Jahren „hier den schönsten und größten Barockgarten Deutschlands“ entstehen ließ. In diesem Zusammenhang hob sie hervor, dass die beiden Gartenformen, der symmetrisch angelegte französische Barockgarten und der natürlich gestaltete englische Landschaftsgarten, eine einmalige Symbiose eingehen. Sie lenkte den Blick der Teilnehmer zu den breit angelegten Alleen mit gestutzten Lindenbäumen und den hohen Bögen der kunstvollen Arkaden.
Hinter der Orangerie tat sich dann eine völlig andere Welt auf. Im Auftrag des Kurfürsten Carl Theodor gestaltete Ludwig von Sckell (1750 – 1823) nach seiner Rückkehr aus England das „Arborium Theodoricum“ ganz im Stil eines englischen Landschaftsgartens, erzählte Leuthardt. Und beim Arboretum, dem eigentlichen Thema der Führung, erläuterte sie, dass es seine Existenz dem Gartenbaudirektor Johann Michael Zeyher (1770 – 1843), dem Nachfolger Sckells, verdankt. „Es entstand 1804 während der badischen Herrschaft auf der Fläche einer früheren Menagerie“, sagte sie, „und versammelte 9500 Gehölze, eine in Deutschland damals einzigartige Auswahl.“
Sogleich wies sie auf einen wunderschönen Baum hin, den Kentucky-Gelbholzbaum, der wegen seines geraden Wuchses den Inbegriff eines perfekten Baums darstellt. Er verträgt gut niedrige Temperaturen und bezaubert im Herbst mit seiner Indian-Summer-Färbung. Der nächste Baum, den Leuthardt vorstellte, war eine gerade gewachsenen Himalaja-Zeder. Ihr Holz ist sehr wertvoll, erzählte Leuthardt, es steht für Macht und Reichtum.
Viel Interessantes und Wissenswertes wusste sie beim Rundgang durchs Arboretum zu berichten, über die Japanische Lärche zum Beispiel, den einzigen Baum, der seine Nadeln abwirft, über die Eibe, an der alles giftig ist außer den Tannenzapfen und die sich eingeschlechtlich, also parthogenesisch, fortpflanzt, über die Trauerweide, die Salicylsäure enthält, den Wunderrohstoff Bambus, den imposanten Mammutbaum, über die Buche sowie über den Lieblingsbaum Carl Theodors, die Kastanie.
Geschichte zu Maulbeerbäumen
Alle standen staunend unter der Japanischen Zelkove, die 2015 zum „Champion Tree“ gekürt wurde. Und Leuthardt zeigte ein Foto, das damals als Leitartikel in der Schwetzinger Zeitung erschien, wo eine vielköpfige prominente Gratulantenschar unter dem riesigen Baum so klein und unbedeutend scheint. Leuthardt informierte zudem, welche Kräfte im Jahrtausendbaum Ginkgo stecken und wie es kam, dass Carl Theodor Maulbeerbäume anpflanzte.
„Er hat den Hugenotten Johann Peter Riegel mit Seidenraupenzucht beauftragt“, sagte sie, „der ließ eine Allee mit 1600 Maulbeerbäumen anpflanzen. Besonders an dieser Geschichte ist, dass Peter Riegel in Bonn einen Nachfahren, Hans Riegel, hatte, der Gründer der Firma Haribo.“ Begeistert hörten die Teilnehmer den spannenden Ausführungen von Gerda Leuthardt bis zum „Ende der Welt“ zu, wo die Führung endete.
Weitere Führungstermine
Mittwoch, 14. Juli, 18 Uhr.
Mittwoch, 11. August, 18 Uhr.
Mittwoch, 15. September, 18 Uhr
Anmeldung erforderlich unter Telefon 06221/65 88 80 oder per E-Mail an service@schloss-schwetzingen.com. her
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