Neues Buch

Der Speyerer Ketzer Peter Turnau

In seinem Kunstbuch "Ketzer-Kenotaph" beleuchtet Manfred Weihe intensiv das Schicksal von Peter Turnau, einem vorreformatorischen Märtyrer aus Speyer.

Von 
Dr. Matthias Nowack
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Der Speyerer Kunstmaler und Autor Manfred Weihe mit seinem Buch. © Nowack

Speyer. Peter Turnau wurde vor 599 Jahren in Udenheim (heute Philippsburg), der damaligen Residenz des Speyerer Bischofs Raban von Helmstatt, als Ketzer verbrannt. 1426 wurde der in Speyer tätige Schulrektor wegen hussitischer Irrlehren vor die Inquisition gestellt und anschließend dem Feuer übergeben. So steht es in der Kleinen Speyerer Stadtgeschichte von Fritz Klotz. Und dieser lapidare Vermerk in einem Geschichtsbuch war für den Speyerer Künstler Manfred Weihe bereits in den 1970er Jahren Anlass genug, sich intensiv und über Jahrzehnte hinweg mit diesem Thema zu beschäftigen.

Jetzt hat er unter dem Titel „Ketzer-Kenotaph“ ein opulent gestaltetes Kunstbuch vorgelegt, das seine umfassende künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema dokumentiert, aber auch eine historische Einordnung von Peter Turnaus Schicksal in vorreformatorischer Zeit vornimmt; ein bisher vernachlässigtes Thema der Speyerer Stadtgeschichte. Weihe selbst hat die vom Speyerer Künstlerbund herausgegebene Publikation im Rahmen einer Vortragsveranstaltung am Dienstagabend in der Speyerer Volkshochschule vorgestellt.

Künstlerisches Erbe dokumentiert

Das Buch ist der dritte Baustein einer Kunstbuchreihe, mit der Weihe sein künstlerisches Erbe dokumentiert. Es umfasst die Entstehung, die Aufstellung und alle weiteren Vorgänge um das 1985 geschaffene Ketzer-Monument im Speyerer Skulpturengarten. Hinzu kommt ein Schriftwechsel mit dem Landesamt für Denkmalschutz, mit dem Weihe die Unterschutzstellung seines Ketzer-Monumentes betrieb, von der Behörde allerdings einen ablehnenden Bescheid erhielt.

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Als konkreten Anlass für die Publikation nennt Weihe die bedauerliche Vernachlässigung des Skulpturengartens in der Sämergasse, der seit Jahren als Parkplatz für Kleinbusse missbraucht wird. In diesem Zusammenhang drängt der Künstler auch auf die Verlegung seiner Skulptur und schlägt als künftigen Standort den Adenauerpark vor. Auf der Wiese vor der Gotischen Kapelle könnte sein Ketzer-Monument den angemessenen Standort im historischen Kontext finden.

Das Buch ist als historisches Zeitzeugnis konzipiert und dokumentiert die Vorgänge zur Gestaltung des Skulpturengartens und zur Errichtung des Ketzermonuments in Bildern, Bilderstrecken und Dokumenten. Eine historische Recherche zur Person Peter Turnaus weist diesen als vorreformatorischen Ketzer aus Speyer nach. Dazu hat der Speyerer Historiker Dr. Martin Armgart eine Übersicht zur Forschungsgeschichte beigesteuert.

Hintergrund

Das Wort „Ketzer“ hat seinen Ursprung im altgriechischen Katharos – „der Reine“. Als „Gazzari“ wurden im Lateinischen und Italienischen, die in Südfrankreich und Oberitalien verbreiteten Katharer bezeichnet. Bereits vor dem 13. Jahrhundert wurde der Begriff ins Deutsche übernommen und in der schon abwertenden allgemeineren Bedeutung als „Irrgläubiger“ oder „Irrlehrer“ für alle Arten der Häresie im kirchlichen Verständnis gebraucht.

Ein Kenotaph (altgriechisch Kenotáphion heißt auf deutsch „leeres Grab“; abgeleitet aus Kenós, deutsch leer, und Táphos, deutsch Grab, auch Scheingrab genannt. Das ist ein Ehrenzeichen für einen oder mehrere Tote. Im Gegensatz zum Grab dient es ausschließlich der Erinnerung und enthält keine sterblichen Überreste. In der christlichen Kunst weit verbreitet sind heilige Gräber, also Nachbildungen des Grabes Christi. Quelle Wikipedia

Textbeiträge von der Historikerin Dr. Anneliese Triller zum „Lebensweg und Inquisitionsverfahren von Peter Turnau“ und eine historische Einordnung des Märtyrertodes von Peter Turnau, verfasst von Manfred Weihe, ergänzen den wichtigen historischen Teil der Publikation.

Für die Überzeugung eingestanden

Mit seinem Monument im Skulpturengarten, so schreibt Bernhard Kukatzki, Direktor der Landeszentrale für politische Bildung, im Vorwort zum Buch, holte Weihe damals den Ketzer in das öffentliche Bewusstsein zurück, gab ihm, der widersprochen und für seine Überzeugung eingestanden hatte, einen Platz in der Stadtgesellschaft.“ Manfred Weihe hat dem damals und heute weitgehend vergessenen Peter Turnau, einem 1425 von der Inquisition auf dem Scheiterhaufen ermordeten Häretiker, ein Denkmal gesetzt, das er auch als Mahnmal verstanden wissen möchte. Es ist der Verdienst des Künstlers, das Schicksal Turnaus, diesen „kostbaren Moment“ der Speyerer Vorreformation, künstlerisch gestaltet und historisch aufgearbeitet und ausführlich dokumentiert zu haben. Für die Reformationsstadt Speyer ist es ein längst überfälliges Thema.Zum 600. Todestag von Turnau 2024 plant Manfred Weihe, einen Kranz am Ketzer-Monument niederzulegen, wo immer es dann steht.

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