Gedächtniskirche

Die Speyerer Schafhirten sinn uffgerescht

Bei „Weihnachten auf Pfälzisch“ gibt es nicht nur für die außerplanmäßige Pointe (Sonder-)Applaus

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mey
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Speyer. Obwohl die beiden großen Glaubensgemeinschaften in Deutschland unter einem dramatischen Mitgliederschwund leiden, füllen sich die Gotteshäuser alljährlich um die Weihnachtszeit über das normale Maß hinaus. So geschehen auch bei Aufführung der „Weihnachtsgeschichte auf Pfälzisch“ in der Gedächtniskirche. Bei der anschaulich vermittelten Premiere des Mundartstückes war die neugotische Kathedrale gut gefüllt. Dass noch Plätze im hinteren Bereich frei blieben, lag wohl an mehreren Parallelveranstaltungen, die ebenso Publikum banden wie der Weihnachtsmarkt auf der Maximilianstraße. Auch die Außentemperaturen dürften viele Bürger bewogen haben, das eigene Haus nicht zu verlassen.

Auf der Grundlage des Lukasevangeliums basierend, war die Uraufführung zweifellos ein schöner Erfolg. Angeregt hat das biblische Geschehen Dekan Markus Jäckle, dem es nach eigener Aussage schon lange ein Anliegen war, diese Geschichte in der Gedächtniskirche spielen zu lassen. Ins Pfälzische übertragen wurde sie von der Mundartdichterin Edith Brünnler aus Ludwigshafen-Edigheim. Regie führte Matthias Folz, unter dessen Leitung mehrere Laiendarsteller so glaubhaft agierten, als hätten sie nie etwas anderes getan. Dazu zählten neben weiteren Mitwirkenden bekannte Persönlichkeiten wie Oberbürgermeister a. D. Werner Schineller und der frühere Dekan Friedhelm Jakob.

Die Inszenierung bezog ihren Reiz überwiegend aus Spielszenen, die zwischendurch von der „Erzählerin“ Edith Brünnler vertieft wurden. Szenisch exakt abgestimmt waren zudem mehrere von den Besuchern gesungene und von Robert Sattelberger an der Orgel begleitete Weihnachtslieder.

Amon und Egla

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Die Weihnacht auf Pfälzisch

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Von
Marcus Oehler
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Erzählt und gespielt wurde die Geschichte eines fiktiven Ehepaares aus Nazareth, das sich wegen einer von Kaiser Augustus angeordneten Volkszählung auf den Weg nach Bethlehem machte und dort das Kind in der Krippe fand. Hauptdarsteller waren Friedhelm Jakob als Amon und Pfarrerin Corinna Schauder als seine Ehefrau Egla. In einer eher ungewohnten Nebenrolle und derb-bäuerlichem Outfit stellte Altoberbürgermeister Werner Schineller einen unscheinbaren Hirten dar. Einen zweiten Schafhirten in wetterfester Kleidung mimte Presbyter Kurt Knauber.

Auf dem Weg nach Bethlehem schwanten Amon und Egla nichts Gutes. Etwas mehr als 100 Kilometer waren zurückzulegen und das zu Fuß. Wegelagerer waren zu befürchten und der Zweck der Volkszählung suspekt. Amon zornig: „Die wolle nur unser Geld!“ Bedauernswerte Bemerkungen galten auch den Nachbarsleuten Maria und Josef. Egla: „Die arme Maria, wie soll die schwangere Fraa dess bloß aushalde“? Von einer unbefleckten Empfängnis war da keine Rede.

Nach ihrer Ankunft in Bethlehem mussten Maria und Josef mangels einer Herberge in einem Stall übernachten. Danach nahm die Geschichte ihren Lauf. Das Kind erblickte das Licht der Welt, ein Engel erschien in strahlender Helle auf der Kanzel und in dunkler Nacht leuchtete ein Stern auf. Amon zu Egla: „Gugge mol, die Schafhirte sinn ganz uffgerescht. Do is ebbes bassiert“. Da war Hirte Schineller schon weiter, der ahnungsvoll verkündete: „De Heiland, unser Erleeser, is uff die Welt kumme und soll in eenere Kripp liesche.

Der Blick auf den Erlöser blieb den Besuchern zunächst verwehrt. Gedacht war an ein Schattenspiel, wobei Maria und Josef mit dem Kind hinter einer mit zartem Stoff bespannten Tafel Platz genommen hatten, die als eine Art Projektionsfläche dienen sollte. Allerdings fiel ausgerechnet zur finalen Szene der Scheinwerfer aus, wodurch das Schattenspiel nicht zustande kam. Beifall erntete das spontan reagierende und von Corinna und David Schlosser gespielte Elternpaar dennoch. Als das Jesuskind in Form von Corinna Schlossers Lieblingspuppe „Uschi“ den Besuchern am oberen Rahmen der großen Tafel „erschien“ und das Elternpaar anschließend mit Kind leibhaftig vor dieselbe trat, gab es für die außerplanmäßige Pointe Sonderapplaus. Am Ende galt der verdiente Beifall allen Akteuren, wobei die gute Stimmung bei Glühwein, Bratwurst und Gesprächen im Freien fortgesetzt wurde. mey

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