Internationale Musiktage

Dramatische Geschichte einer Heilung im Speyerer Dom

Zum Abschluss erklingt Mendelssohn Bartholdys „Elias“ vor beeindruckender Kulisse.

Von 
Uwe Rauschelbach
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Das Domkapitel veranstaltete in Kooperation mit der Stadt Speyer auch dieses Jahr wieder die Internationalen Musiktage Dom zu Speyer, die dieses Jahr unter dem Motto "Glaube" stehen. Das Abschlussskonzert bringt das Oratorium "Elias" von Felix Mendelssohn Bartholdy, dargeboten unter der Leitung von Domkapellmeister Markus Melchiori vom Mädchenchor am Dom zu Speyer, den Speyerer Domsingknaben, dem Domchor Speyer und der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz sowie einigen Solisten. © Klaus Venus

Speyer. Mit mehr als 600 Eintrittskarten ist der Speyerer Dom ausverkauft. Der stattlichen Hörerkulisse steht ein 150-köpfiger Chor gegenüber, der von der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz begleitet wird. Dieses imposante Bild bietet sich dem Besucher zum Abschluss der Internationalen Musiktage in Speyer. Im Verlauf des Konzerts wird rasch klar: Die Aufführung von Felix Mendelssohn Bartholdys Oratorium „Elias“ beansprucht eine Geltung, die über die Finalwirkung dieser Musiktage hinausweist.

Es ist der 35. Jahrestag der Deutschen Einheit. Und wenn man der Dramaturgie um den alttestamentlichen Propheten folgt, dessen Kampf gegen den Unglauben des Volkes, sein unbändiges Verlangen nach dem Eingreifen Gottes in einer von Irrungen geplagten Welt, dann trifft das in diesen aufgewühlten Zeiten fraglos auf Resonanz. Dieses Stück passt in eine bedrohte, von existenzieller Bedürftigkeit geprägte Gegenwart und rollt eine Geschichte aus, die zeigt, wohin Gottlosigkeit und -verlassenheit führen können.

Elias verweist auf eine zutiefst menschliche Dimension des Glaubens

Davon ist im „Elias“ die Rede: Menschen werden gesund, wenn sie diesem Gott vertrauen, und Dürre verwandelt sich in fruchtbares Land; dabei verweist die Person des Elias auf eine zutiefst menschliche Dimension des Glaubens, der nicht in Dekreten und synodalen Erklärungen geborgen ist, sondern der in der Tiefe menschlicher Not keimt. „Wohl dem, der den Herren fürchtet“, heißt es in einem dieser Chöre, die umgehend berühren, weil sie die Frage nach der eigenen persönlichen Haltung stellen.

Unter der Leitung von Domkapellmeister Markus Melchiori (l.) wurde „Elias“ von Felix Mendelssohn Bartholdy im Speyerer Dom aufgeführt. © Klaus Venus

Auch das Volk Israel erhält einen Mahnruf: „Höre des Herren Stimme! Ach, dass du merkest auf sein Gebot!“ Wenn im entrückten Fernchor die Aufforderung ertönt: „Hebe deine Augen auf zu den Bergen“ und im Frauenquartett schließlich das dreifache „Heilig“ erklingt, mag man sich ganz in diese bildhafte und klangreiche Geschichte einer Heilung hineinfallen lassen, die eben nicht nur die jahrtausendealte Geschichte eines Volkes ist, sondern Menschen zu allen Zeiten meint.

Ringen des gottesfürchtigen Propheten mit Götzendienst und Irrglaube

Der Mädchenchor am Dom zu Speyer, die Domsingknaben und der Domchor sowie die Staatsphilharmonie verleihen diesem „Elias“ alle Wucht und Emotionalität, die dem Ringen des gottesfürchtigen Propheten mit Götzendienst und Irrglaube angemessen scheint. Wenn sich die Steigerungswellen der Streicher und Bläser im „Hilfe“-Schrei des Chores entladen, dann scheint die Ausgangslage freilich ernst zu sein. Mendelssohns Oratorium lebt von dem Wechsel der dramatischen Tuba-Chöre und den innigen Arien, Sängerinnen, Sänger und Orchester folgen der kompositorischen Skriptur mit Leidenschaft und innigem Ausdruck. Zu Beginn sind einige Temposchwankungen zwischen Chor und Instrumentalisten hinzunehmen.

Hanna Zumsande (Sopran), Ulrike Malotta (Alt) und Georg Poplutz (Tenor) sind ausgezeichnete Vokalsolisten, Thilo Dahlmann (Bass) gibt dem Elias eine kräftige Statur. Domkapellmeister Markus Melchiori, der die Aufführung mit engagierter Zeichengebung leitet, verfügt zudem über talentierte und versierte Solistinnen, die das Geschehen gesanglich akzentuieren. Sehr wirkungsvoll die Bitte um Antwort, die der Chor an den Götzen Baal sendet und deren Aussichtslosigkeit im Dom nachhallt. Die Himmelfahrt des Elias entfacht am Ende gläubiges Staunen.

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