Speyer. Drei Kriminalromane mit lokalem und teilweise regionalem Bezug hat der Speyerer Schriftsteller Uwe Ittensohn bisher beim Gmeiner-Verlag mit Sitz in Meßkirch (Landkreis Sigmaringen) veröffentlicht. Nach dem „Requiem für den Kanzler“ (2019) und dem „Abendmahl für einen Mörder“ (2020) sind im Februar dieses Jahres die „Festbierleichen“ erschienen, die sich derzeit im Buchhandel einer großen Nachfrage erfreuen.
Bereits im Entstehen ist das vierte Werk, dessen Handlung Ittensohn zu großen Teilen in ein Speyerer Kloster verortet hat. Es wird nach derzeitiger Planung im Februar 2022 beim Gmeiner-Verlag erscheinen. Während der Autor über weitere Details des neuen Buches noch den Mantel des Schweigens hüllt, gab er uns im persönlichen Gespräch bereitwillig Auskunft über seine Intentionen und Vorgehensweisen beim Verfassen seiner Kriminalromane.
Unterhaltsame Literatur
Festzustellen ist dabei, dass Ittensohn trotz einer beachtlichen Handlungskomplexität und der für ihn typischen Liebe zum Detail dem Leser grundsätzlich eine unterhaltsame Literatur anbieten will. Inflationäre Tendenzen mit der Aneinanderreihung von Verbrechen und mindestens fünf Toten lehnt er kategorisch ab. Ittensohn merkt dazu an: „Ich schreibe solche Bücher nicht und kann auch Serien wie den Tatort-Fernsehfilmen nichts abgewinnen, die nur von Verlierern wie Opfern und Tätern samt ihren Familien handeln, in denen Existenzen zerstört und selbst Ermittler oft als psychisch beschädigte Persönlichkeiten dargestellt werden.“ Die Dramatik von Verbrechen könne man schriftstellerisch auch anders verarbeiten, betonte Ittensohn.
Um unterschiedliche Lesergruppen anzusprechen, schreibt er Kriminalromane, die ihren Reiz aus einer teilweise grotesk-liebenswerten Überzeichnung sowie einem Schuss Humor beziehen. Vor allem mit den Mitteln des Humors könne man der Handlung etwas die Schärfe nehmen, glaubt der Autor. Um noch anzufügen, dass seine Romanhelden anders als der gnadenlos effektive und Schlag auf Schlag handelnde James Bond durchaus Fehler machen dürfen.
Damit sich seine Leser am Genre Unterhaltungsliteratur erfreuen können und sich nach der Lektüre besser fühlen als vorher, setzt er nicht auf eine perfekte Action-Maschinerie, sondern bevorzugt die Schilderung menschlicher Eigenheiten bis hin zu persönlichen Stärken und Schwächen. Das schließt neben Tätern und Opfern auch seine vier Hauptdarsteller ein, die ihm inzwischen ans Herz gewachsen sind und die auch in künftigen Romanen eine Rolle spielen werden. Wobei Ittensohn ihre Rollen weiterentwickeln und ihnen zugedachte Schwerpunkte künftig variieren sollen (Anm. d. Red.: Dabei handelt es sich um den Speyerer Stadtführer und „Hobbyschnüffler“ André Sartorius, die russische Austauschstudentin Irena Worobjowa aus der Speyerer Partnerstadt Kursk, Kriminalhauptkommissar Frank Achill von der Mordkommission Ludwigshafen sowie dessen rechte Hand, Kriminaloberkommissarin Verena Bertling).
Enormer Rechercheaufwand
Dass Ittensohn bei seinen akribischen Recherchen einen enormen Aufwand betreibt, hat sich inzwischen herumgesprochen. Immer auf der Suche nach neuen Themen und Handlungsorten ist er unermüdlich unterwegs. So wurde die Trauerfeier für den verstorbenen Helmut Kohl im Speyerer Dom und auf dem Domvorplatz im Jahre 2017 zur Initialzündung für den 2019 erschienenen Roman „Requiem für den Kanzler“. Der atmosphärischen Dichte zuliebe wird nichts dem Zufall überlassen. Von der Haarfarbe der handelnden Akteure über Herkunft und Sprechweise oder Tagestimmungen ist alles minutiös hinterfragt. Wenn es im Buch beispielsweise an einem 1. April regnet, dann hat es an diesem Tag auch tatsächlich geregnet. Selbst als Ittensohn über die Beschaffung von Zutaten zur Herstellung von Sprengstoffen recherchieren musste, wurde er im Internet fündig. Stets authentische Handlungsorte werden sorgfältig in Augenschein genommen, Fotos geschossen, bei Dialekten Logopäden aus der jeweiligen Region zurate gezogen sowie Experten bei speziellen Themen befragt.
Einweisung ins Bierbrauen
So hat sich der Autor für seinen Roman „Festbierleichen“ von einem Biersommelier der Mannheimer Eichbaum-Brauerei in die Kunst des Bierbrauens sowie in technische Details von Abfüllanlagen einweisen lassen. Auch Wortspielereien bleiben nicht aus. Der Speyerer Oberbürgermeisterin hat Ittensohn den fiktiven Namen Melanie Seiler gegeben, während die amtierende Bürgermeisterin sich ebenfalls bei den „Festbierleichen“ als Annika Raps wiederfindet. Solche Ähnlichkeiten seien natürlich rein zufällig, meinte der Autor mit einem Augenzwinkern.
Zwölf Monate hat Ittensohn normalerweise Zeit, bevor ein Roman in Druck geht. Das Jahr unterteilt sich in vier Monate Recherche, vier Monate Schreibarbeit und für Korrektur und Optimierung werden weitere vier Monate benötigt. Hilfreich ist Ittensohn sein Laptop, auf dem er Stück für Stück Ideenfragmente sammelt, sie in einem Bausteine-Zeitfenster grafisch darstellt und der Handlungsstrang sich wie eine technische Zeichnung am Reißbrett Szene um Szene entwickelt. Als Orientierungshilfe ist jedes Buch mit einem Personenverzeichnis versehen.
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