Speyer. Das „Internationale Stipendium Künstlerhaus Speyer“ geht in diesem Jahr an den Maler Jian He aus Peking. Er wurde nach Sichtung seiner online eingereichten Bewerbungsunterlagen von einer Jury des Künstlerbundes aus insgesamt acht Bewerbern ausgewählt. Der Kunstschaffende aus Fernost lebt und arbeitet seit dem 28. Juni im Künstlerhaus in der Großen Sämergasse. Am 2. September tritt er die Rückreise nach Peking an. Zuvor findet am Freitag, 29. August, 19 Uhr, die Eröffnung seiner Abschlussausstellung statt. Sie ist anschließend am Samstag, 30. , und Sonntag, 31. August, von 14 bis 18 Uhr zu sehen. Zusätzlich haben Besucher an den Samstagen, 2. und 16. August, jeweils von 14 bis 17 Uhr Gelegenheit, im Künstlerhaus mit dem Maler ins Gespräch zu kommen.
Allein seine biografischen Daten bieten interessante Ansätze für einen Gedankenaustausch. Jian He wurde 1980 in Peking geboren, wo er mit seiner Ehefrau und einer elfjährigen Tochter lebt. Dort arbeitet er als freischaffender Künstler. Parallel zum Hauptberuf ist er als Kunstlehrer an der Deutschen Botschaftsschule tätig. Die Sprache ist kein Problem, denn der Künstler spricht perfekt Deutsch. Das sprachliche Rüstzeug hat er in Peking erworben.
Nach dem Mittelschulexamen, was dem deutschen Abitur entspricht, hat Jian He von 2004 bis 2011 Freie Kunst an der Kunsthochschule Kassel studiert. Dort war er Meisterschüler der renommierten Künstlerin und Professorin Dorothee von Wildheim. Die Hinwendung zur Kunst hatte sich schon früh abgezeichnet. Seine Schulzeit absolvierte er an einem Kunstgymnasium und in seiner Abschlussarbeit setzte sich Jian He mit dem Expressionismus auseinander. Zudem ist er familiär „vorbelastet“, denn beide Elternteile sind ebenfalls künstlerisch tätig. Und zwar so erfolgreich, dass sich Arbeiten von ihnen im Besitz der Ludwig Sammlung befinden.
Schon immer von deutschen Künstlern wie beispielsweise dem Hofmaler Lucas Cranach der Ältere fasziniert, hielt Jian He im Gespräch mit unserer Zeitung mit seiner Begeisterung nicht hinter dem Berg, das er nun für gut zwei Monate im Land seiner Vorbilder künstlerisch tätig sein kann. Erste Eindrücke von werdenden Kunstwerken lassen erahnen, welche thematischen Ansätze er pflegt und welche Inspirationen ihn zur praktischen Umsetzung bewegen.
Auf den ersten Blick wirken seine meist großformatigen Bilder sehr ruhig. Erst bei näherem Hinsehen werden Spannungen erkennbar, die sich aus dem Verhältnis des Menschen zur Natur ergeben. So entstehen Kompositionen, die einerseits von Kubismus beeinflusste geometrische Formen, rechte Winkel und gerade Linien zeigen, andererseits fließende Formen, wie sie für naturnahe Elemente typisch sind.
Dazu sagt Jian He: „Inspirationen hole ich mir beim Besuch von historischen Gebäuden wie dem Speyerer Dom und Spaziergängen durch die Altrheinlandschaften. Dort geraten die Räder im Gehirn ins Laufen und hören erst auf, wenn die ersten Skizzen angefertigt sind.“ Der Künstler malt grundsätzlich auf saugfähiges und relativ festes Papier, das nach Abschluss der Arbeit auf Leinwand aufgeklebt wird.
Farben werden beim Arbeitsprozess sehr dezent verwendet. Zum Einsatz kommen Bleistifte, Kreide und Buntstifte. Gewollte Einfärbungen und zufällige Farbverläufe werden mit Tusche aus China, Rotwein und Teesud erzielt. Man darf also gespannt sein, was in den kommenden Wochen noch entsteht und dann an den oben genannten Terminen präsentiert wird. Bis dahin sind seine Ehefrau und Tochter, die ihn in diesen Tagen besucht haben, wieder in Peking, wo die Ehefrau bei der Deutschen Botschaft beschäftigt ist.
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