Speyer. Die deutsch-jüdische Kultur als unauflösliche Einheit zu betrachten, ist Grundlage für die Initiative „SchUM Artists in Residence“. Alle zwei Jahre vergibt sie Stipendien für internationale Künstlerinnen und Künstler, die sich mit der jüdischen Tradition am Rhein auseinandersetzen. In einem Pressegespräch mit dem Künstlerischen Leiter der Initiative, Günter Minas, wurden die Stipendiaten, die in den drei SchUM-Städten Speyer, Mainz und Worms für jeweils sechs Wochen an ihren Projekten arbeiten werden, vorgestellt.
Die SchUM-Städte sind Teil eines mittelalterlichen Verbunds jüdischer Gemeinden am Oberrhein. Sie weisen einzigartige Zeugnisse der lebendigen jüdischen Tradition auf. „SchUM“ ist ein zusammengesetztes Wort aus den Anfangsbuchstaben der mittelalterlichen hebräischen Städtenamen von Speyer, Mainz und Worms.
Das gemeinsame deutsch-jüdische Erbe sichtbar zu machen, ist laut Kurator und Filmemacher Günter Minas eines der Hauptanliegen des Projekts „SchUM Artists in Residence“, das sich mit einem Gesamtbudget von insgesamt jährlich 40 000 Euro an jüdische wie nicht jüdische Künstler wendet.
Interessenten stammen aus allen Teilen der Erde
Wie schon 2022 so sind auch für die in diesem Jahr zu vergebenen Stipendien rund 100 Bewerbungen bei einer unabhängigen Jury mit einer Kunsthistorikerin, einer Schriftstellerin, einer Rabbinerin, einer Musikredakteurin und dem Direktor des Mainzer Gutenberg-Museums eingegangen.
Die Interessenten stammen, so Günter Minas, aus allen Teilen der Erde, darunter etwa aus dem afrikanischen wie dem asiatischen Kulturraum. Ausgewählt wurden drei Künstlerinnen und Künstler, die von August bis September in jeweils einer der drei SchUM-Städte an ihren Projekten arbeiten werden.
In Speyer wird sich der ungarische Journalist, Fotograf und Judaist Bence Illyes gemeinsam mit Designerin Judit Borsi mit den visuellen Symbolen der SchUM-Vergangenheit beschäftigen und diese in Linolschnitten verarbeiten.
Auch sollen die Ergebnisse schließlich in einem digitalen Magazin veröffentlicht werden. Illyes, der am Pressegespräch nicht teilnehmen konnte und von Günter Minas vorgestellt wurde, hat in Ungarn ein Kunstprojekt über jüdische Friedhöfe realisiert.
Janet Grau, in Cleveland/Ohio geboren und 1999 nach Deutschland übergesiedelt, wo sie heute in Heidelberg lebt, hat mit ihren experimentellen und interdisziplinären Performance-Projekten, die an der Schnittstelle zwischen Kunst und Engagement angesiedelt sind, die Jury überzeugt.
Sie befasst sich in erster Linie mit kulturellen Phänomenen wie der Praxis des Sammelns und des Geschichtenerzählens. Sie arbeitet mit Mitteln aus Fotografie, Video und Installationen.
Mit unterschiedlichen religiösen Erscheinungsformen beschäftigen
In Worms wird die Künstlerin ein Videoprojekt umsetzen, das auf einer Gedenkrede des Wormser Rabbis Eleazar ben Judah beruht, die dieser für seine Frau Dulcea geschrieben haben soll. Dulcea kam 1196 gemeinsam mit ihren Töchtern bei einem Pogrom um.
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Bei dem Text handelt es sich, so Janet Grau, um ein Loblied, das die Ehefrau des Rabbiners als echte „Powerfrau“ zeigt. Selbst in einer christlichen Familie aufgewachsen, mit Großeltern, die in Indien Missionare waren, äußert Grau generell in ihrer Arbeit ein starkes Interesse an der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen religiösen Erscheinungsformen.
Dritter Stipendiat ist der 1982 in Tel Aviv Yotam Schlezinger, der seit 2014 in Deutschland und inzwischen in Essen lebt. Der Musiker, Komponist und Sound-Designer, vor allem im Theaterbereich aktiv, stellt Klanginstallationen her. In diesem Bereich plant er für Mainz ein Projekt, das mit historischen Aufnahmen von aschkenasischen Gesängen spielt und diese voraussichtlich in der Mainzer Synagoge zu Gehör bringen wird. Sich selbst bezeichnet Schlezinger als „nichtreligiösen Juden“.
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