Aktionswoche

Kinder vor Sucht schützen

Informationen über Unterstützungsangebote für betroffene Familien

Von 
Susanne Kühner
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Speyer. Speyer ist in der Beratung für Kinder aus suchtkranken Familien gut aufgestellt. Das sagen die Protagonisten, die sich im Netzwerk Kindeswohl zusammengefunden haben, einheitlich. Anlässlich einer gezielten Aktionswoche soll das Thema mehr in den Blick der Öffentlichkeit gerückt werden.

Nacoa heißt die Interessensvertretung für Kinder aus Suchtfamilien mit Sitz in Berlin. Der Verein hat 2011 die deutschlandweite Aktionswoche erstmals initiiert. Das Netzwerk Kindeswohl schließt sich in Zusammenarbeit mit der Stadt in diesem Jahr an. Als Kooperationspartner sind des Weiteren die Stadtbibliothek, die Suchtberatungsstelle Nidro und das Haus der Familie K.E.K.S. dabei.

Ein Drittel wird selbst abhängig

Die Notwendigkeit, auf das Problem aufmerksam zu machen, zeigen Erhebungen. 2,6 Millionen Kinder unter 18 Jahren werden in Deutschland in alkoholbelasteten Familien groß. Hinzu kommen zwischen 40 000 und 60 000 Kinder, deren Eltern drogenabhängig sind. Diese Zahlen zitiert Viviane Hipp von der Nidro-Fachstelle Frau und Sucht im Vorfeld der Aktionswoche. Seit Juni 2022 leitet sie diese und hat bereits erfahren, wie schwerwiegend eine Suchtkrankheit und im Besonderen deren Folgen sein können.

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„Ein Drittel der Kinder entwickelt selbst eine Sucht, passt sich also dem Verhalten der Eltern an“, macht Hipp deutlich. Die verschiedenen Verhaltensweisen der Eltern – in Bezug auf Alkohol im nüchternen und angetrunkenen Zustand beispielsweise – nehmen die Kinder wahr und beschäftigen sich damit. „Das Kindsein geht verloren und sie kommen in eine Funktionssituation“, betont Hipp. Das führe zu Isolation und Vereinsamung.

Ursula Dietz-Frübis von der Erziehungs- und Lebensberatung der Caritas Speyer kennt die Schwierigkeiten. Sie berichtet vom Angebot „Schatzinsel“, das betroffene Kinder auffangen soll. Der Bedarf spiegelt sich in der Tatsache, dass die Gruppe im Augenblick voll belegt ist. „Die Akquise in der Zielgruppe ist schwierig, weil das Thema schambesetzt ist“, erklärt Dietz-Frübis. Die Schulsozialarbeit und das Jugendamt seien in dem Zusammenhang wichtige Partner.

War die „Schatzinsel“ früher ein zeitgebundenes Projekt, ist sie nun zum dauerhaften Angebot geworden. „Alle zwei Wochen kommt die Gruppe zusammen“, sagt Dietz-Frübis. Kinder aus suchtbelasteten Familien erlebten zu Hause wenig Halt. Sprechen können sie mit niemandem. Genau da setzt die „Schatzinsel“ an. „Die Kinder haben ein sechsfach höheres Risiko, ebenfalls zu erkranken“, macht Dietz-Frübis deutlich, wie unabdingbar Präventionsarbeit ist.

Den Faden greift Hipp auf. „Wir sind gut vernetzt mit den Schulen. Klassen kommen zu uns zu Besuch und wir klären vor Ort auf“, berichtet sie. Wichtig ist allen Beteiligten, den Menschen – alt und jung – ein niedrigschwelliges Angebot zu ermöglichen. Ein Beispiel nennt Hipp: „Die offenen Sprechstunden bei uns sind sehr hilfreich.“

Hausärzte sensibilisieren

Für Betroffene sind Fachkliniken, mit denen Nidro zusammenarbeitet, eine gute Anlaufstelle. „Diese organisieren Betreuung für Kinder und Schulunterricht, sodass die Eltern die Möglichkeit haben, in Ruhe an ihrer Sucht zu arbeiten“, führt Hipp aus. Andrea Schmitzer, die das Netzwerk Kindeswohl koordiniert, weist auf die zielgerichtete Arbeit hin. Die werde auch durch die Speyerer Tageskliniken ermöglicht. Ziel sei es nun, mehr Hausärzte mit der Thematik zu erreichen, um das Netzwerk auszuweiten und weiter zu festigen. Auch Außenstehende – Menschen innerhalb der Familie, des Freundeskreises oder in der Nachbarschaft – sollen in der Wahrnehmung von Suchterkrankungen geschärft werden.

„Wir wollen ein Stärkungsangebot für Familien bieten“, fasst Bürgermeisterin Monika Kabs (CDU) zusammen. Wie wichtig es ist, sich mit der Suchtproblematik im Elternhaus auseinanderzusetzen, hat sie selbst in ihrer Zeit als Lehrerin erlebt.

In der Aktionswoche, die vom 12. bis 18. Februar angesetzt ist, gibt es am Dienstag, 14. Februar, 14.30 bis 18 Uhr, ein Mitmachangebot für Kinder in der Stadtbibliothek Speyer. Informationen, Bücher und Medien stehen außerdem zur Verfügung. Vom 13. bis 25. Februar wird zudem ein Infostand bei K.E.K.S. (Heinrich-Heine-Straße 8) aufgebaut.

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