Speyer. Es ist zwar nicht die neapolitanische Sonne, die vom Himmel scheint. Dennoch erstrahlt der „Paradiesgarten“ an der Dreifaltigkeitskirche in gleißendem Licht. Hatte Kultur-Fachbereichsleiter Matthias Nowack zuvor noch manchen prüfenden Blick in den Himmel gesandt, so kann er am Ende aufatmen: Mit den ersten Takten des Gassenhauers „’O sole mio“ von Eduardo Di Capua zeigt sich der Speyerer Sommer von seiner besten Seite.
Auf der Bühne des Kulturfestivals stehen Sängerinnen und Sänger aus der Speyerer Partnerstadt Ravenna. Das Vokaltrio, zuverlässig begleitet von Lorenzo Lucchi am E-Piano, präsentiert bekannte Arien aus italienisch- und französischsprachigen Opern von Mozart bis Puccini. Aber auch populäre Melodien wie die Vokalise aus der Titelmusik von Ennio Morricones Westernklassiker „Spiel mir das Lied vom Tod“. Ein verheißungsvoller Auftakt – musikalisch betrachtet. Denn Vera Della Scala kann zu diesem Kinohit ihren hell aufleuchtenden Sopran in sauerstoffarme Höhen schrauben, ohne nach Luft schnappen zu müssen. Ein mutiger Einstieg.
Ansonsten lässt das Programm glücklicherweise nur wenige Anspielungen auf das an Sterbeszenen reiche Opernrepertoire befürchten. Orpheus trauert mit leidenschaftlich glühenden Mezzosopran von Elisa Gentili seiner im Todesreich entschwundenen Euridike nach, eine Arie aus einer Oper Christoph Willibald Glucks. Auch gibt es immerhin die Androhung eines Freitodes, mit der Vera Della Scala in einer hinreißenden Arie aus Giacomo Puccinis Einakter „Gianni Schicchi“ spielt.
Süffisante Gestik
Freilich dominiert der unvermeidliche italienische Charme, den Bassbariton Roberto Gentili mit süffisanter Gestik versprüht – und vor dem selbst die Schwester des Sängers, Elisa, als Carmen in Georges Bizets Oper oder als Dorabella in Mozarts „Così fan tutte“ nicht sicher sein kann. Im „Paradiesgarten“ präsentieren die Gäste aus dem befreundeten Ravenna eine Revue mit Opernklassikern, die landestypische Galanterie mit viriler Grandezza und femininen Verführungskünsten mischt. Dabei beherrscht Roberto Gentili die Bühne auch dank seiner moderierenden Fähigkeiten, denen sich die beiden Sängerinnen widerstandslos ergeben. Seine starke Präsenz unterfüttert der Bassbariton obendrein mit Sensibilität für dramaturgische Verläufe; auch Vera Della Scala und Elisa Gentili gestalten ihre Arien teilweise halbszenisch aus. Am Ende des Duetts „La ci darem la mano“ aus Mozarts „Don Giovanni“ trägt Kavalier Gentili seine zierliche Sopranpartnerin standesgemäß von der Bühne.
Gemeinsam verabschieden sich die italienischen Gäste mit der Romanze „Musica Proibita“ von Stanislao Gastaldon, um anschließend mit dem Evergreen „Funiculì, Funiculà“ von Luigi Denza per Seilbahn auf den Vesuv zu gondeln. Dank der mit Bier gefüllten „Dubbegläser“, die die Musiker anschließend zum Dank überreicht bekommen, erhält der mediterrane Bilderbogen einen Pfälzer Akzent. Mag dieser auch nicht stilecht sein – Bier in Dubbegläsern! – so ist er doch Ausdruck einer überschäumenden Herzlichkeit, vor der selbst italienischer Charme für einen Moment verblasst.
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