Kulturbeutel

Sänger Wolf Maahn tastet sich im Alten Stadtsaal an die alte Livekultur heran

Von 
Matthias Mühleisen
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Der bekannte deutsche Musiker Wolf Maahn. © Klaus Venus

Speyer. Wolf Maahns Optimismus möchte man haben. Nicht, weil er sich nach den letzten Takten von „Rosen im Asphalt“ sicher ist über die Revitalisierung der Livekultur: „Das war der Anfang heute Abend – es wird wieder abgehen.“ Wer würde nicht seine Feststellung unterschreiben „Rock ’n’ Roll will never die“? Aber sich gleich beim zweiten Song seines Solokonzerts beim Kulturbeutel ohne jede Absprache darauf zu verlassen, dass das Publikum bei „Irgendwo in Deutschland“ den Refrain übernimmt – das ist Gottvertrauen!

Doch wir sind ja im Alten Stadtsaal Speyer, und da ist es egal, ob ein Titel 37 Jahre alt ist, da kommt der Kehrvers auf den Punkt – wenn auch nicht aus 1000 Kehlen. Doch das nimmt der 66-Jährige nicht krumm: „Wir müssen uns alle so ein bisschen rantasten an dieses Konzerterlebnis“, ist ihm klar. Maahn ermutigt das Auditorium: Seine Auftritte als One-Man-Band mit Gitarre und einfacher Fußtrommel seien normalerweise Mitsingarien, und die Lüftungsanlage sei nicht umsonst die beste der ganzen Region – „also wenn’s euch überkommt . . .“

Setliste

Hauptprogramm: 1. Wenn der Regen kommt (1991), 2. Irgendwo in Deutschland (1984), 3. Durch alle Zeiten (1999), 4. Break Out Of Babylon (2020), 5. Keine Angst (1989), 6. Konkurrenztanz (2015), 7. Monopoly (Klaus Lage, 2003), 8. Unter einem großen Himmel (2010), 9. Total verliebt in dich (1992), 10. Selbstrespekt (1992), 11. Kind der Sterne (2007), 12. Ich wart’ auf dich (1986), 13.Kathedralen aus Zahlen (2004), 14. Rosen im Asphalt (1984).

Zugabe: 15. Freie Welt (Setz die Segel, 1992). mm

Dass die Verstärkung aus den Corona-gerecht besetzten Reihen eher die Ausnahme bleibt, liegt nicht daran, dass der auch gesellschaftspolitisch engagierte Kölner mit Berliner und Münchener Wurzeln keine mitreißende Performance bieten würde. Eher im Gegenteil: Mit wuchtig angeschlagenen Saiten und konzentriertem Gesang – meist mit geschlossenen Augen – füllt Maahn den Raum schon selbst zur Gänze aus. Wenn sich die Gelegenheit bietet, etwa in „Selbstrespekt“ oder „Konkurrenztanz“, kann er sich aber auf seine Zuhörer verlassen – zumindest auf die in der ersten Reihe.

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Trotz eines Katalogs von weit über 20 Alben, die Wolf Maahn seit seinem Debüt „Deserteure“ 1982 veröffentlicht hat, beschränkt sich der auch als Produzent (Klaus Lage, Purple Schulz, Anne Haigis, Wolfgang Niedecken) gefragte Kopftuchträger auf 15 Stücke, die er aus allen Dekaden seines Schaffens ausgewählt hat. Der aktuellste Song ist das Titelstück seines 2020er-Albums „Break Ouf Of Babylon“, auf dem er die Geschichte eines Superreichen erzählt, aber auch von den immer weiter ausgedehnten Komfortzonen der Normalbürger: „Ich glaube, es wird passieren müssen, dass wir alle ein bisschen runterkommen.“ In eine ähnliche Richtung zielt das gallige „Kathedralen aus Zahlen“ von 2004, das Maahn mächtig grooven lässt. Er ist noch immer so politisch wie 1986, als er „Tschernobyl (Das letzte Signal)“ nach der Reaktorkatastrophe in der Ukraine schrieb, zugleich sein größter Singleerfolg. Er bleibt ebenso ungespielt wie „Fieber“ von 1985.

An „Rosen im Asphalt“ als krönendem Abschluss kommt der Linkshänder aber nicht vorbei: „Zieh die Stiefel an, mach dich auf den Weg“ – da werden im Publikum die Erinnerungen an die 1980er Jahre wieder wach. Genau wie bei Klaus Lages Hit „Monopoli“ von 1985, an dem Maahn mitgeschrieben hat. Dabei zeigt er, wie hoch er seine Stimme immer noch schrauben kann. Vom eingängigen „Kind der Sterne“ gibt es viele Versionen, etwa von Anne Haigis. Die seines Konzerts reichert der Wahlkölner mit Echoloops an.

Der will es bei der Rückkehr ins Livegeschäft („Andere Künstler haben gesagt: Ich verleg jetzt zum fünften Mal, die Leute sind noch nicht so konzertgeil“) nicht übertreiben. Nach den „Rosen“ lässt er sich mit „Freie Welt“ nur eine Zugabe entlocken – verweist aber auf seinen Auftritt mit Band im Mannheimer Capitol am 29. Mai 2022 (nur dreimal verlegt), bevor er gemäß dem zweiten Teil des Liedtitels die Segel setzt. Wer im Alten Stadtsaal mehr Musik hören will: Am Samstagabend spielen hier um 20 Uhr „The Razzones“.

Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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