Politbarometer

Große Mehrheit sieht in AfD eine Gefahr für die Demokratie

Ist die Demokratie in Deutschland auch nach 75 Jahren noch wetterfest? Kann Friedrich Merz Kanzler? Wie stehen die Deutschen zu einm Pflichtjahr? Das neue Politbarometer der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen

Von 
Walter Serif
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Mannheim. Am Mittwoch feiert das Grundgesetz seinen 75. Geburtstag. Dass sich die Verfassung bewährt hat, glauben 85 Prozent der Deutschen. Doch wie wetterfest ist unsere Demokratie? Eine sehr große Mehrheit – fast drei Viertel – ist zumindest davon überzeugt, dass von der AfD eine Gefahr für die Demokratie ausgeht. Das hat die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen in ihrem aktuellen Politbarometer erhoben. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber, dass immerhin ein Viertel der Befragten das anders sieht. Dies wiederum ist bemerkenswert. Denn der Verfassungsschutz darf ja die Partei nach einem Anfang der Woche verkündeten Gerichtsurteil weiter als rechtsextremistischen Verdachtsfall einstufen und nachrichtendienstlich beobachten.

„Dazu muss man wissen, dass 95 Prozent der AfD-Anhänger bestreiten, dass diese Partei gefährlich ist“, sagt Andrea Wolf von der Forschungsgruppe. Interessant ist, dass die Hälfte der Befragten, die zu Sahra Wagenknechts BSW halten, keine Probleme mit der AfD haben. „Das zeigt, wie groß die Überschneidungen in der Anhängerschaft dieser zwei Parteien sind“, sagt Wolf.

Werte für CDU-Chef Friedrich Merz nach Parteitag besser

In der Umfrage verliert die AfD einen weiteren Prozentpunkt. Gegenwärtig bekäme sie 16 Prozent, wenn schon am Sonntag Bundestagswahl wäre. Zum Jahresanfang waren es noch 22 Prozent. „Diese Kernklientel betreibt eine regelrechte Täter-Opfer-Umkehr. Bei ihr sind die anderen eine Gefahr für die Demokratie“, sagt die Wahlforscherin. Übrigens gibt es auch weiter keine Mehrheit für ein Verbot der AfD. Nur 44 Prozent wollen dies, 50 Prozent lehnen dagegen ein Parteiverbot ab.

Während die AfD im Politbetrieb eher im Abseits steht, tritt die Union im Bundestag gelegentlich von ihrem Selbstbewusstsein fast schon wie eine künftige Regierungspartei auf. Bisher ist das allerdings mehr Schein als Sein. Obwohl zwei Drittel der Deutschen meinen, dass die Ampel einen schlechten Job macht, krebst die Union in der Umfrage um die 30 Prozent herum. Dafür gibt es auch eine Erklärung. „Nur ein Drittel der Wählerinnen und Wähler meint, dass es die Union besser machen würde, wenn sie an die Regierung kommen würde“, sagt Wolf. Eine Wechselstimmung lässt sich deshalb aus den Zahlen nicht herauslesen.

CDU-Chef Friedrich Merz hofft natürlich, dass die Union umfragemäßig – und erst recht am Wahltag – noch kräftig zulegen kann. Lange Zeit habe es ja innerhalb der CDU große Zweifel am Sauerländer gegeben, der immer für einen seltsamen Spruch gut ist und bei den Frauen gar nicht ankommt. „Doch der Parteitag ist super für ihn gelaufen, die CDU tritt inhaltlich mit ihrem neuen Grundsatzprogramm und in der Außendarstellung geschlossener auf“, sagt Wolf. Ein Anfang ist für Merz zumindest schon einmal gemacht. Sein Imagewert hat sich stark von minus 0,6 auf minus 0,1 verbessert, damit belegt er in der Beurteilung der zehn wichtigsten Politiker den dritten Platz – nur noch knapp hinter CSU-Chef Markus Söder.

Gegenwärtig – der Politbetrieb ist schnelllebig – sieht es so aus, als wäre Merz auch die Kanzlerkandidatur nicht mehr zu nehmen. Inzwischen glauben auch mehr Wählerinnen und Wähler, dass er sich als Kanzler eignen würde. 37 Prozent sehen das so, im Januar waren es nur 31. 56 Prozent trauen ihm das Amt aber noch immer nicht zu. Damit schneidet er ein wenig besser ab als Söder, den 58 Prozent für ungeeignet halten. Bei NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst sind das nur 34 Prozent. Nur: Das liegt vor allem daran, dass 27 Prozent ihn nicht beurteilen können oder wollen. Wüst ist also für viele ein eher unbeschriebenes Blatt, obwohl er immerhin das bevölkerungsreichste Bundesland regiert.

Im nächsten Politbarometer ist Wüst übrigens in der Rangliste vertreten. Mal schauen, wie dann sein Imagewert ausfällt. Wüst ersetzt Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), der dann nicht mehr in den Top Ten der wichtigsten Politikerinnen und Politiker vertreten ist.

Aber zurück zu Merz. Mit Blick auf eine Kanzlerkandidatur ist es für ihn besonders wichtig, dass er innerhalb der Unionsanhängerschaft mit 64 Prozent stärker überzeugen kann als noch vor vier Monaten. Damals waren es nur 54 Prozent, die meinten, er bringe das Zeug mit zum Regierungschef. Söder (51) und Wüst (50) schneiden da schwächer ab. „Der Rückhalt in der Union ist für Merz natürlich eminent wichtig. Die Zweifel würden ja groß bleiben, wenn der Eindruck entstünde, dass ihn nicht einmal die eigenen Leute wollen“, sagt die Wahlforscherin.

CDU fordert Pflichtjahr und erntet positives Echo

Die CDU hat in ihrem Grundsatzprogramm auch die Rückkehr zur Wehrpflicht – sie ist seit 2011 ausgesetzt – beziehungsweise die schrittweise Einführung eines Gesellschaftsjahres beschlossen. Drei Viertel der Befragten sind dafür, dass junge Männer und Frauen in Zukunft entweder bei der Bundeswehr oder im sozialen Bereich ein Pflichtjahr absolvieren sollen. Bei einem anderen politischen Streitpunkt bekommt die Union (wie die FDP) allerdings keine Unterstützung von den Wählerinnen und Wählern. Nur 19 Prozent befürworten eine Abschaffung der abschlagfreien Rente mit 63, die für diejenigen Arbeitnehmer gilt, die 45 Jahre lang Beiträge in die Rentenversicherung einbezahlt haben und deshalb früher in den Ruhestand gehen dürfen. Dabei gibt es Mehrheiten in allen Parteianhänger- gruppen. Anders als beim Gesellschaftsjahr – ältere Befragte unterstützen das Pflichtjahr häufiger – sind bei der Rente mit 63 keine großen Abweichungen zu sehen.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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