Umfrage

Mannheimer Politbarometer: Mehrheit will Scholz nicht als Kanzlerkandidat

Die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen hat nachgefragt. Das Ergebnis ist für Olaf Scholz katastrophal: 71 Prozent der Deutschen wollen nicht, dass der Bundeskanzler noch einmal bei der Bundestagswahl 2025 antritt

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Walter Serif
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Erstmals redet Scholz öffentlich über die Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen. Über seine SPD verliert er dabei nur wenige Worte. © Kay Nietfeld

Mannheim. Ein Jahr vor der Bundestagswahl fällt das Urteil der Deutschen über die Arbeit der Ampel in Berlin vernichtend aus. 71 Prozent meinen, dass die Bundesregierung einen schlechten Job macht. Die Quittung dafür hat sie ja auch bei den Landtagswahlen vergangene Woche erhalten. Im Osten Deutschlands sind SPD, Grüne und FDP praktisch nur noch Splitterparteien. Wenn eine Regierung aber mit dem Rücken zur Wand steht, schlägt in der Regel die Stunde der Opposition.

Doch seltsamerweise profitiert die CDU/CSU als größte Oppositionskraft davon nicht so stark. Sie schneidet zwar auch im aktuellen Politbarometer der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen besser ab als die drei Ampel-Parteien zusammen. Aber 33 Prozent, das ist nicht der Anspruch, den die Union in früheren Zeiten hatte. Und wir erinnern uns: CDU-Chef Friedrich Merz steckte sich zwei große Ziele bei seinem Amtsantritt: Er wollte die Union wieder über die 40 Prozent-Hürde hieven und die AfD halbieren. Nichts davon hat auch nur annäherend geklappt.

Auch im SPD-Lager wachsen die Zweifel an Olaf Scholz

„Das Angebot, das die Union an die Wählerinnen und Wähler macht, ist für diese offensichtlich nicht besonders attraktiv, deshalb schlagen von der Schwäche der Ampel vor allem die AfD und Sahra Wagenknechts BSW Kapital“, sagt Matthias Jung von der Forschungsgruppe. Von daher macht es sich der CDU-Chef einfach, wenn er nur die schlechte Arbeit der Ampel für das gute Abschneiden der AfD und des BSW verantwortlich macht.

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Denn: Nur 38 Prozent der Befragten meinen, dass es die Union besser machen würde, wenn sie an der Regierung wäre. „Die CDU/CSU verbreitet keine Aufbruchstimmung, außerdem hat sie mit Merz einen Politiker, der nicht besonders beliebt ist, aber wahrscheinlich im Bundestagswahlkampf als Kanzlerkandidat antreten wird“, sagt Jung.

Entschieden wird über die Kanzlerkandidatur in der Union in den nächsten Wochen. 29 Prozent der Deutschen meinen, dass die Union mit CSU-Chef Markus Söder die besten Chancen hätte. 23 Prozent trauen das Friedrich Merz zu, die Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (20 Prozent) und Daniel Günther (acht) schneiden schlechter ab. Interessant ist aber, dass bei der Anhängerschaft der Union Söder (32) und Merz (31) fast gleichauf liegen, danach folgen Wüst (25) und das Schlusslicht Günther (vier).

Bei der SPD hat Kanzler Olaf Scholz schon angekündigt, dass er bei der nächsten Wahl wieder antreten will. Allerdings wollen dies nur 23 Prozent der Befragten, selbst im SPD-Lager sind die Meinungen geteilt. 47 Prozent meinen, dass es Scholz nochmal machen soll, 49 Prozent meinen dagegen, er soll es bleiben lassen.

Von Neuwahlen will bei der SPD niemand was wissen

Bisher hält die Partei trotz der schlechten Umfragewerte noch still. In der SPD hofft man, dass Scholz wie schon 2021 eine Aufholjagd starten kann. Positiv für den Kanzler: „Eine solche Geschlossenheit gab es früher bei den Sozialdemokraten nicht. Vielleicht hätte Gerhard Schröder damals noch länger regieren können, wenn die SPD ihn bedingungslos unterstützt hätte.“ Schröder setzte deshalb alles auf eine Karte, verlor aber die Neuwahlen knapp und zog sich danach aus der Politik zurück, sorgte aber durch seine Kumpanei mit dem „lupenreinen Demokraten“ Wladimir Putin immer wieder für Schlagzeilen. Aber das ist eine andere Geschichte.

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Von Neuwahlen will in der SPD niemand etwas wissen, dennoch stellt sich die Frage, ob die Genossen noch eine weitere Wahlniederlage klaglos hinnehmen. „Wenn die SPD in zwei Wochen auch noch die Landtagswahl in Brandenburg verliert, brennt der Baum. Dann muss etwas passieren“, sagt Jung. Soll die SPD es dann mit einem anderen Kanzlerkandidaten versuchen? „Infrage käme da eigentlich nur Boris Pistorius, der in Deutschland ja derzeit mit weitem Abstand der beliebteste Politiker ist. Die Wählerinnen und Wähler kennen ihn aber nur auf seinem Fachgebiet, zu anderen Themen äußert er sich kaum“, so Jung. Das Aufstellen eines anderen Kanzlerkandidaten wäre also riskant.

Asylpolitik dominiert jetzt die Agenda der Bundespolitik

Nach Mannheim und Solingen dominiert die Asylpolitik die Agenda, befeuert durch die Forderung von Friedrich Merz, Flüchtlinge an den deutschen Grenzen zurückzuweisen, was die Ampel ablehnt. Dennoch ist es eine Tatsache, dass die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler - immerhin 71 Prozent - der Meinung ist, dass wir in Deutschland die vielen Flüchtlinge nicht mehr verkraften können, nur 27 Prozent sind optimistisch. Zum Vergleich: Im März waren es noch 42 Prozent, die meinten, dass wir das verkraften können und 55 Prozent, die skeptisch waren.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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