Ketsch. Erst am Donnerstag hatte Elisabeth Seitz endgültig entschieden, dass sie am Samstag in Ketsch beim Auftaktwettkampf der Deutschen Turn-Liga ihr Comeback feiern wird. „Es war eher spontan“, erzählte die deutsche Rekordmeisterin am Samstagabend. Nach ihrem Achillessehnenriss im September war es der erste Wettkampf für die 30-Jährige und die Freude war ihr anzusehen. „Es war einfach schön, wieder geturnt zu haben.“ Dass sie die Übung nicht fehlerfrei absolviert hatte, trübte diese Freude kaum: „Klar, es ist nicht optimal gelaufen“, meinte sie im Hinblick auf den Abgang am Stufenbarren. „Aber es ging vor allem um mein Gefühl.“ Das braucht sie, um Olympia in Paris zu erreichen: „Das ist das Hauptziel.“
Es wären bereits ihre vierten Sommerspiele nach 2012 in London, 2016 in Rio de Janeiro und 2021 in Tokio. Ursprünglich war der Plan, zur Olympia-Quali im Juni wieder fit zu sein. Doch der Heilungsverlauf war so positiv, dass sie in Ketsch starten konnte - sehr zur Freude der rund 800 Zuschauer, die die 30-Jährige begeistert empfingen.
Joachim Fichtner war Mitte der Woche schon geknickt. „Wir haben irgendwie kein Glück mit den Stars.“ Denn bei den bisherigen Auflagen waren die deutschen Spitzenathletinnen zum großen Teil verletzt und nicht in Ketsch dabei. Das schien sich für 2024 so fortzusetzen - zum Leidwesen des Organisators des Bundesliga-Wettkampfs in Ketsch. Denn die Olympia-Gesetzen Pauline Schäfer-Betz und Sarah Voss sollten ebenso verletzt ausfallen wie die Nachwuchstalente Helen Kevric und Meolie Jauch - und eben auch Superstar Elisabeth Seitz. Nach ihrem Achillessehnenriss im September war ein Start in Ketsch kaum vorstellbar.
Elisabeth Seitz schont den Fuß beim Wettkampf in Ketsch
Doch Bundestrainer Gerben Wiersma hatte schon Tage vorher die Hoffnung genährt, dass er die deutsche Rekordmeisterin vielleicht doch zur Europameisterschaft nach Rimini (Italien) mitnehmen könnte. Er hatte im Training gesehen, auf welchem Niveau sie ihre Barrenübung absolviert hat - ohne die übliche Landung, um den geschwächten Fuß noch zu schonen. Am Freitagnachmittag hatte er die Katze aus dem Sack gelassen (wir berichteten): „Eli Seitz wird am Samstag ihr Comeback geben.“ Und das für die in Altlußheim aufgewachsene 30-Jährige quasi bei einem Heimspiel.
Ergebnisse bei der Turnbundesliga in Ketsch
- Der TSV Tittmoning-Chemnitz hat am Samstag in Ketsch die Tabellenführung übernommen. Der Vizemeister gewann mit 200,90 Punkten knapp die Nase vorn vor Seriensieger MTV Stuttgart (200,20). Auf Rang drei turnte sich mit 194,70 Punkten Gastgeber TG Mannheim.
- Diese stellte mit Janoah Müller (51,95) und Silja Stöhr (51,6) auch die beiden besten Einzelturnerinnen im Vierkampf. Drittbeste war Karina Schönmaier (Tittmoning-Chemnitz) mit 51,45 Punkten.
- Die Höchstwertung an einem Gerät erhielt Helen Kevric (MTV Stuttgart) mit 14,0 Punkten am Stufenbarren. Zweitbeste war ihre Teamkameradin Marlene Gotthardt (Stufenbarren/13,80) vor Irene Lanza von Schlusslicht Berkheim (Stufenbarren/13,55).
„Leute, ich freue mich sooo wahnsinnig“, hatte Seitz am Freitag in den sozialen Medien geschrieben. „Das war mit der schlimmste Tag meiner Karriere“, sagte sie rückblickend auf den Tag der Verletzung. Unter anderem hatte sie daraufhin die WM in Belgien einen Monat später verpasst. Wiersma hatte schon am Freitag durchblicken lassen, dass er Seitz mit zur Europameisterschaft mit nach Rimini mitnehmen würde - auch nur an einem Gerät, und für Olympia sowieso. Zu wertvoll sei sie für das Team. In Liverpool beispielsweise seien nur Newcomer dabei gewesen, während es für Eli Seitz die zehnte WM gewesen sei. „Und sie hat sie alle mitgenommen“, lobte Wiersma die „Mutter der Kompanie“.
Janoah Müller von der TG Mannheim ist EM-Kandidatin
Diese Rolle könnte sie auch in Rimini ausfüllen, denn die Aspirantinnen sind fast durchweg im Teenager-Alter. Eine davon ist Janoah Müller. Die 16-Jährige aus Haßloch trainiert am Bundesstützpunkt Mannheim, ist Teammitglied der dortigen Bundesliga-Mannschaft und eine der heißen Kandidatinnen für die EM. Ihre Feuertaufe hat sie kürzlich beim Weltcup schon bestanden. Dass sie demnächst mit Elisabeth Seitz in einer Riege turnen könnte, findet sie schon besonders: „Klar habe ich bei Eli um Autogramme angestanden“, erzählte sie am Freitag. „Wahnsinn, vielleicht mit ihrer in einer Mannschaft zu sein.“
Und am Samstag avancierten Janoah Müller und ihre Teamkameradin Silja Stöhr von der TG Mannheim - neben Eli Seitz - in der Neurotthalle zu Publikumslieblingen. Die beiden 16-Jährigen aus Haßloch und Heddesheim zeigte blitzsaubere Leistungen. „Die sind über sich hinausgewachsen“, freute sich auch Joachim Fichtner.. Man darf gespannt sein, ob das Duo bei Bundestrainer Gerben Wiersma so viel Eindruck hinterlassen hat, dass er sie an diesem Montag für die Europameisterschaft in Italien nominieren wird. Gute Chancen haben sie auf jeden Fall.
Und letztlich hatten in Ketsch doch einmal Glück mit den Stars: Denn neben Eli Seitz turnte auch die Schwebebalken-Europameisterin von 2022, Emma Malewski, die im Oktober bei der Olympia-Qualifikation wegen eines Syndesmosebandrisses ebenfalls gefehlt hatte. Und auch die angeschlagene Helen Kevric (MTV Stuttgart) konnte am Schwebebalken antreten - auch das trug zu einer äußert zufriedenstellenden Bilanz bei. Ketsch hat sich bestens für den nächsten Bundesliga-Wettkampf empfohlen..
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