Sinsheim. So aufgewühlt hatte man Andrej Kramaric bei der TSG 1899 Hoffenheim selten gesehen. Nachdem Trainer Pellegrino Matarazzo und seine Spieler noch lange am Zaun der Südtribüne den Klassenverbleib der Kraichgauer mit den Fans gefeiert hatten, atmete der kroatische Stürmer beim Interview erst einmal tief durch. „Das will ich nicht noch mal erleben. Das war die härteste Saison, die ich erlebt habe -auch mental“, sagte der Doppel-Torschütze nach dem so wichtigen 4:2 (2:1) gegen den 1. FC Union Berlin am vorletzten Bundesliga-Spieltag.
Die Hoffenheimer konnten sich nach dem Abpfiff vor den Umarmungen der heranstürmenden Anhänger kaum retten. Mit dem Happy End nach einer enttäuschenden Runde für den einstigen Europacup-Aspiranten bleibt der TSG ein Krimi zum Saisonfinale bei Matarazzos Ex-Club VfB Stuttgart mit dem früheren Hoffenheimer Chefcoach Sebastian Hoeneß erspart. „Dieses Spiel braucht kein Mensch, ich am allerwenigsten“, sagte auch der sichtlich erleichterte Sportchef Alexander Rosen.
Mit seinen Saisontoren Nummer elf und zwölf hatte Angreifer Kramaric großen Anteil am so wichtigen Heimsieg am Samstag. Vor 30 150 Zuschauern im ausverkauften Sinsheimer Stadion traf der 31 Jahre alte Kroate per Foulelfmeter (36. Minute) und dann mit dem erlösenden 3:1 (90.) - es war sein 100. Bundesliga-Treffer. Ihlas Bebou (22.) und Munas Dabbur (90.+9) erzielten die weiteren Tore für das Matarazzo-Team, das nach dem 2:1 lange zittern musste.
„Explosion der Erleichterung“
„Wenn der Druck am höchsten ist, dann kann man die größten Emotionen feiern. Wenn die Fans auf den Platz rennen und die Spieler und Trainer feiern, dann tut das dem Herzen gut“, sagte Matarazzo. Der Nachfolger des im Februar freigestellten André Breitenreiter hatte seine Mission im Kraichgau mit fünf Niederlagen begonnen. „Schwieriger als letztes Jahr“ mit dem VfB sei der Abstiegskampf gewesen. Dabei hatten die Schwaben sich da erst mit einem Last-Minute-Tor von Kapitän Wataru Endo gerettet.
„Das war eine Explosion der Erleichterung“, sagte Rosen zu den Szenen, die sich nach dem Schlusspfiff im Sinsheimer Stadion abspielten. Auch der lange verletzte Grischa Prömel, der 2019 mit dem Club aus der Hauptstadt ins Fußball-Oberhaus aufgestiegen war, jubelte mit den Hoffenheimer Fans. „Man hat gemerkt, dass im ganzen Stadion eine Riesenlast abgefallen ist. Für viele waren wir schon abgeschlagen, aber wir haben uns wieder rausgekämpft“, sagte Mittelfeldspieler Prömel. Aus dem Tal herauszukommen, räumte Matarazzo ein, „war brutal“.
Sportchef Rosen in der Pflicht
Trotz des glücklichen Endes der Spielzeit werden die Hoffenheimer Verantwortlichen in der bevorstehenden Sommerpause einiges aufzuarbeiten haben. Da steht vor allem Sportchef Rosen in der Pflicht, der zu seinem zehnjährigen Dienstjubiläum erstmals in die Kritik geraten war. Der 44-Jährige wollte aber erst mal die Gesamtleistung des einstigen Dorfvereins aus dem Kraichgau gewürdigt sehen: „Wir gehen jetzt ins 16. Bundesliga-Jahr, das ist für diesen Standort einfach eine überragende Leistung.“
Was nächste Runde anders werden muss? „Das ist nicht mein Job. Viele im Verein wissen, was sie machen müssen“, sagte Kramaric. Der WM-Zweite von 2018 und WM-Dritte von 2022 nahm aber schon mal seine Mannschaft und den Trainerstab in die Pflicht: „Wir müssen in der Vorbereitung bereit sein, Vollgas geben, volles Programm machen -ich will nicht, dass wir so eine Saison wiederholen müssen“, machte Kramaric deutlich.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kommentar Hoffenheim braucht trotz Klassenerhalt einen Neuanfang