Mannheim. Sebastian Hinze wusste selbst, dass seine Feststellung „blöd klingt“. Der Trainer der Rhein-Neckar Löwen kannte ja auch das Ergebnis. Und das sprach nun mal nicht nur ein bisschen, sondern deutlich gegen die Rhein-Neckar Löwen. Mit 25:33 (9:14) verlor der Handball-Bundesligist am Samstag beim Titelanwärter SG Flensburg-Handewitt, Hinze war aber trotzdem „gar nicht so unzufrieden“.
Nun steht der 44-Jährige wirklich nicht im Verdacht, die Leistung seiner Mannschaft schönzureden. Und ein anderes Spiel hatte er auch nicht gesehen. Zumindest stand der gebürtige Wuppertaler 60 Minuten lang in Flensburg an der Seitenlinie. Weshalb seine Worte zu zwei Diskussionsebenen führen.
Auf der einen geht es um die Partie an sich, in der die Mannheimer wahrlich keine acht Tore schlechter waren. Sie nutzten allerdings ihre Möglichkeiten nicht, was automatisch zur zweiten Ebene führt. Und auf eben dieser geht es um die grundsätzliche Qualität dieses Kaders. „Wenn man sieht, mit welcher Mannschaft wir in der vergangenen Saison den Pokal gewonnen haben, dann fehlen da einige Stützen“, sagte Spielmacher Juri Knorr.
Rhein-Neckar Löwen: Keine zwei Rechtsaußen im Kader
Es empfiehlt sich also ein Blick zurück: Im April jubelten mit den Löwen Albin Lagergren (nun SC Magdeburg), Lukas Nilsson (nun Aalborg/Dänemark) und Uwe Gensheimer (aktuell verletzt). Damals fehlte Rechtsaußen Patrick Groetzki erkrankt, momentan ist er verletzt. Vor sieben Monaten wurde sein Fehlen durch Niclas Kirkeløkke herausragend kompensiert.
Doch der Däne wird nach Lagergrens Abgang mittlerweile dauerhaft auf seiner angestammten Position im rechten Rückraum gebraucht. Auch weil genau dort Neuzugang Jon Lindenchrone bislang keine ernsthafte Option ist und der Däne nun ohnehin den Groetzki-Vertreter auf einer für ihn ungewohnten Position gibt - mit überschaubarem Erfolg. Was irgendwie zum Gesamtbild passt: Die Löwen haben zwar drei Top-Torhüter im Kader, aber keinen zweiten Rechtsaußen.
Die Rolle von Gensheimer übernehmen der 19-jährige David Móré und der ein Jahr ältere Lion Zacharias. Beide zahlten innerhalb weniger Tage gegen den THW Kiel und in Flensburg reichlich Lehrgeld. Die SG wusste um die Probleme und die Unerfahrenheit der Löwen auf den beiden Flügeln, weshalb sie bewusst die Außen zum Abschluss kommen ließen, wie Flensburgs Kapitän Johannes Golla zugab. Und man muss sagen: Dieser Plan ging auf. Wie übrigens schon in der Vorwoche der von den Kielern.
Kirkeløkke überzeugt erneut
Doch es waren auf keinen Fall nur die Fehlwürfe von Zacharias, Lindenchrone und Móré, die zu dem deutlichen Resultat führten. Denn insgesamt 13 Mal scheiterten die Löwen aus der Nahdistanz. Hinze hatte genau hingeschaut: „Auch vom Kreis oder nach einem Durchbruch.“ Und er hielt fest: „Mit dieser Anzahl an Fehlwürfen aus guten Situationen kann man in Flensburg nicht gewinnen.“
Der Trainer sah entsprechend großes Verbesserungspotenzial bei allen Spielern. Außer vielleicht bei Kirkeløkke. Denn der Däne ließ seinen 14 Treffern am Dienstag in Lissabon nun neun in Flensburg folgen. Das kann man mal so machen. Schwierig wird es nur, wenn das zusätzlich kein anderer Mitspieler macht. So wie am Samstag, als beispielsweise von der halblinken Position einmal mehr keine Torgefahr ausging.
Juri Knorr: "Auffällig, dass wir gegen die Topmannschaften schwächeln"
Probleme im Rückraum, Probleme auf den Außenpositionen. Es ist kein Zufall, dass die Löwen gerade bei 13:13 Punkten stehen, sich vorerst auf Tristesse im Tabellenmittelfeld einstellen müssen und so langsam auch die Zeit der Zweifel beginnt. Denn die Frage lautet: Sind die Mannheimer eine Spitzenmannschaft? Momentan nicht. Selbst die Spieler sehen das ja so.
„Es ist auffällig, dass wir gegen die Topmannschaften schwächeln oder sogar deutlich schwächeln. Melsungen, Kiel, Flensburg und Berlin - in diesen Spielen waren wir nicht stabil genug“, sprach Knorr die deutlichen Niederlagen gegen die Spitzenclubs an.

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Oft waren es die technischen Fehler, die den Pokalsieger in diesen Partien alles kosteten. Diesmal nutzten die Mannheimer ihre Chancen nicht. SG-Keeper Kevin Møller zeigte 21 Paraden (Fangquote 47 Prozent) - 17 davon in der ersten Halbzeit. „Das war eine herausragende individuelle Leistung von ihm“, sagte Knorr, dessen Nachsatz hinter diesem verdienten Lob aber eine viel größere Bedeutung und Aussagekraft hatte: „Es war aber auch unser Unvermögen. Viel bessere Chancen können wir uns nicht rausspielen.“ Soll heißen: Diese Dinger müssen rein, wenn man eine Spitzenmannschaft sein will. Doch genau das sind die Löwen momentan nicht. Kaltschnäuzigkeit im Abschluss kann man allerdings nur bedingt lernen. Sie ist vor allem eine Qualität.
David Späth: „Können nicht oben angreifen“
„Wir verwerfen einfach zu viel. Wir können über Taktik reden, aber wenn wir das nicht abstellen, können wir solche Spiele nicht gewinnen“, sagte der erneut gute Torwart David Späth und sprach davon, dass man „noch nicht oben angreifen“ könne. Nach Platz fünf in der vergangenen Saison war das aber der Plan. Doch aktuell entfernen sich die Löwen eher von der Spitze.
„Wir hatten gehofft, dass wir näher dran sind. Aber das ist ein Prozess. Wir sind nicht auf dem Niveau. Irgendwann sind wir allerdings hoffentlich dort angelangt“, sagte Knorr, der als kluger Kopf jedoch ganz genau um die die komplizierte Situation weiß: „Wenn wir in großen Spielen keine Erfolgserlebnisse haben, wird es immer schwieriger.“ Weil irgendwann nicht mehr nur die Zweifel aufkommen, sondern auch der Glaube schwindet.
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