Handball

Darum sind die Rhein-Neckar Löwen momentan nur Mittelmaß

Dieser Saisonstart ist enttäuschend. Die Rhein-Neckar Löwen hängen im Tabellenmittelfeld fest. Das sind die Gründe

Von 
Marc Stevermüer
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Leistete sich wieder einige technische Fehler: Gustav Davidsson. © Pix

Kassel. Sebastian Hinze gab sich erst gar keine große Mühe, seine Enttäuschung am späten Samstagabend zu verbergen: „Es fühlt sich nach sehr viel Arbeit an. Das ist so. Und das lässt sich nicht wegdiskutieren.“ Der Trainer der Rhein-Neckar Löwen wählte seine Worte mit Bedacht, er wirkte nach der verdienten 23:30 (12:16)-Niederlage in der Handball-Bundesliga bei der MT Melsungen weder emotional aufgewühlt noch stark verärgert. Doch man merkte ihm trotz seiner gewohnt unaufgeregten, sachlichen und analytischen Art an, dass ihm dieser neuerliche Rückschlag und vor allem der teils abenteuerliche Auftritt im Angriff zu denken gaben.

Mit 11:9 Punkten hängt der Pokalsieger im Tabellenmittelfeld fest. Dabei war die Zielsetzung vor der Saison noch eine ganz andere. „Wir wollen europäisch spielen und den Abstand zu den Topclubs verringern“, legte Geschäftsführerin Jennifer Kettemann damals das Ziel fest. Stand jetzt wird es auf jeden Fall eher nichts mit dem Vorhaben, den Abstand zu den Topclubs zu verringern. Im Gegenteil.

Die Neuen sind bislang keine Hilfen

Die bisherige Saison hat hier und da Aufschluss über das Potenzial dieser Mannschaft gegeben, bewerten lässt sich aber nur der Ist-Zustand. Und der lässt - unabhängig vom fraglos vorhandenen Verletzungspech - erste Zweifel an der Qualität dieses Teams zu. Es ist auf manch einer Position ein Kader an der Schwelle zum Durchschnitt - vor allem auf den Halbpositionen.

Auf der linken Seite fehlt einer wie Halil Jaganjac, der nach erneuter Schulteroperation gegen Melsungen zumindest ein gutes Comeback in der Abwehr hinlegte. Und auf der rechten Seite schmerzt der Abgang von Albin Lagergren zum SC Magdeburg. Die Löwen sind hier besonders auf Niclas Kirkeløkke angewiesen, der auch diesmal die Verantwortung nicht scheute, mit fünf Toren bei 13 Würfen aber trotzdem nur auf eine Quote von 38 Prozent kam. Das Problem: Auf beiden Halbpositionen sind die Neuen bislang keine echten Alternativen.

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Arnór Óskarsson stand nicht einmal im Spieltagsaufgebot und Gustav Davidsson reihte einmal mehr technische Fehler und Ballverluste aneinander. „Es war sicherlich kein gutes Spiel von ihm und ich möchte auch nicht zu sehr die schützende Hand über ihn legen. Aber Gustav ist jung, neu in der Liga und hat gleich eine große Rolle bei uns bekommen“, sagte Hinze.

Der zur zweiten Halbzeit eingewechselte Jon Lindenchrone schaffte es wiederum, die Quote von Kirkeløkke noch zu unterbieten. Vier Würfe, ein Tor. Das macht schwache 25 Prozent. Dazu zwei technische Fehler und eine Aktion, die auch bei Hinze während des Spiels für eine versteinerte Miene sorgte. Gerade noch hatte der Trainer in der Auszeit angemahnt, mit dem siebten Feldspieler nun die Angriffe konsequent zu Ende zu spielen. Nur elf Sekunden später donnerte Lindenchrone den Ball unüberlegt in den Doppelblock, der starke MT-Keeper Nebojsa Simic fing den Ball und warf ihn ins leere Löwen-Tor.

Es passt zum Analytiker und Arbeiter Hinze, dass er nun vor allem sich in der Pflicht sieht, damit die „Jungs eine größere Sicherheit ausstrahlen“. In diesem Fall hätte es bei Lindenchrone aber gereicht, einfach auf den Trainer zu hören.

Zwei Siebenmeter ausgelassen

Nun wäre es allerdings zu einfach und vor allem auch ungerecht, die Misere an Einzelnen festzumachen. Denn insgesamt war der Auftritt in der Kasseler Rothenbach-Halle wieder einmal nicht gut. Der zuletzt so stark spielende Juri Knorr brachte keinen seiner sechs Würfe aus dem Feld im Tor unter, ließ außerdem zwei Siebenmeter aus. Und das ausgerechnet in den wenigen Minuten, in denen die Partie sogar hätte kippen können. Nach einem 12:18 (34.) kämpften sich die Löwen bis auf 18:19 (42.) heran. Doch in dieser Phase zeigte der Mittelmann Nerven. Ermöglicht wurde die Aufholjagd durch die Hereinnahme von Jaganjac, der dem Mittelblock mehr Stabilität verlieh und es in Zusammenarbeit mit Torwart Joel Birlehm ermöglichte, dass der Pokalsieger endlich einmal ins Tempospiel kam.

„Halil hat super verteidigt. Ich liebe es, mit ihm zu spielen. Er ist einfach wahnsinnig gut“, lobte Birlehm den Kroaten. Auch Hinze war sehr zufrieden mit der Leistung des Rückkehrers: „Als er auf dem Feld stand, hat man gesehen, was uns zuvor gefehlt hat.“ Im Angriff ist der Rechtshänder aber nach der Schulter-OP noch keine Option.

Dass die Löwen die Partie nicht drehten, lag neben den verworfenen Siebenmetern und weiteren ausgelassenen Hochkarätern zudem an den Melsungern. Mitte des zweiten Durchgangs organisierten die Nordhessen ihren Rückzug wesentlich besser. Prompt wurden die Löwen - wie bereits ins Halbzeit eins - in den Positionsangriff gezwungen. „Und da haben wir uns extrem schwergetan“, räumte Hinze ein. Er sprach von „Stückwerk“, „zu wenig Geschwindigkeit und fehlenden Ideen“, weshalb sich sein Team „viele Würfe aus dem Rückraum nehmen musste, was nicht unser Spiel ist“. In der Tat fühlen sich die Löwen in der Fernwurfzone so gut aufgehoben wie ein Vegetarier auf einer Grillparty. Die ausbleibende Effektivität war die logische Folge.

Der gute Birlehm analysierte die Situation entsprechend schonungslos: „Wir haben keine Lösungen gefunden und kein einziges Mal geführt. Und wenn man im Angriff so viele Fehler macht - das kann man nicht alles verteidigen.“

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

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