Magdeburg. Mikael Appelgren fiel es schwer, das zuvor Erlebte einfach zu akzeptieren. Was auch nicht weiter verwundert. Denn der Torwart der Rhein-Neckar Löwen hat die besten Zeiten des Vereins miterlebt. Und mitgeprägt. Es waren Zeiten, in denen der Handball-Bundesligist nicht nur zweimal Meister wurde, sondern auch in jedem Spiel für den Sieg infrage kam und Niederlagen niemals erwartbar waren.
Doch das ist längst nicht mehr so. Weshalb der Schwede nach dem schlimmen 24:34-Pokaldebakel am Sonntagabend beim SC Magdeburg enttäuscht festhielt: „Das ist eine große Niederlage. Natürlich haben die Magdeburger eine super Mannschaft, aber die sahen auch müde aus. Und es ist dann ärgerlich, wie leicht wir es ihnen gemacht haben.“
Stets chancenlos gegen die Großen
Wie sehr sich die Mannheimer in den vergangenen Jahren konsequent von der Spitze entfernt haben, bekamen sie nun innerhalb von sieben Wochen gleich zweimal vom SCM aufgezeigt. Appelgren erinnerte an das Bundesligaspiel im Dezember, als seine Mannschaft eine 24:38-Abfuhr kassierte. Nun fiel die Niederlage erneut deftig aus, wieder einmal waren die Badener gegen ein Spitzenteam komplett chancenlos. Wie immer in der bisherigen Saison: 25:33 bei der SG Flensburg-Handewitt, 25:31 beim THW Kiel, 23:30 bei der MT Melsungen, 32:38 bei den Füchsen Berlin.
Es sind Zahlen des Grauens. Und sie belegen: Der Abstand zwischen den Löwen und den Topclubs wird eher größer als kleiner. Dabei wollten die Mannheimer die anderen Spitzenteams doch wieder einholen, ihnen vor allem erst einmal schrittweise näherkommen. Bis 2027 ist allerdings noch ein wenig Zeit. Dann endet der 2022 ausgerufene Fünfjahresplan. Es ist der Plan, an dem sich alle orientieren. Und dann auch messen lassen müssen.
In Magdeburg präsentierte sich der zweifache deutsche Meister 20 Minuten lang ebenbürtig. Doch wenn die Mannheimer wechseln, hat das insbesondere gegen einen Gegner wie den SCM fatale Konsequenzen. Denn im Prinzip wird dann in wenigen Minuten das Spiel verloren. Hilfe von der Bank? Gibt es kaum. Weiterhin müssen wenige viel leisten, um für einen Sieg infrage zu kommen. Was eine Woche nach einer EM aber gerade für Nationalspieler wie Juri Knorr oder Niclas Kirkeløkke verständlicherweise schon eine größere Herausforderung ist.
Erstmals in seiner Amtszeit macht auch Trainer Sebastian Hinze am Sonntag das Leistungsgefälle im Kader zum Thema. Er wählt seine Worte allerdings mit Bedacht, will nicht falsch verstanden werden. Zumal das Problem nicht komplett überraschend auftritt. Schon beim Trainingsauftakt im Sommer hatte der Coach darauf verwiesen, dass die Zugänge keine Soforthilfen seien und dass die Saison schwierig werden könnte.
Keine Qualität in der Breite
Entsprechend möchte der gebürtige Wuppertaler seine Ausführungen in der Magdeburger Arena auch nicht als „Vorwurf“ an die Spieler verstanden wissen, sondern als „reine Faktenbeschreibung“, die allerdings keine zwei Interpretationsmöglichkeiten zulässt, sondern eindeutig ausfällt: „Die zweite Reihe hat es nicht geschafft, neue Impulse zu setzen und Druck zu erzeugen. Das ist ein großer Qualitätsunterschied zu Magdeburg.“ Ein zu großer.
Nun wäre es zweifelsohne unfair, Spieler wie Steven Plucnar, Gustav Davidsson, Philipp Ahouansou und Arnór Óskarsson mit den Hochkarätern zu vergleichen, die der SCM noch von der Bank bringen konnte. Zum Beispiel Ex-Löwen-Leistungsträger Albin Lagergren oder den dänischen EM-Teilnehmer Michael Damgaard. Andererseits - man mag es ebenfalls „reine Faktenbeschreibung“ nennen: Wenn die Mannheimer bis 2027 wirklich wieder nach ganz oben kommen wollen, reicht die momentane Qualität in der Breite nicht. Im Gegenteil. Vielmehr darf man gespannt sein, welche Toptransfers in den kommenden Jahren noch folgen.
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Die Kontakte des aktuell noch verletzten Linksaußen und künftigen Löwen-Bosses Uwe Gensheimer dürften helfen. Er steigt künftig neben Hinze zur wichtigsten Figur des Vereins auf. Zur neuen Saison wurden mit Ivan Martinovic, Sebastian Heymann und Tim Nothdurft außerdem Spieler verpflichtet, die sofort die Substanz im Team erhöhen.
Bis dahin muss und will Hinze allerdings mit dem vorhandenen Personal arbeiten. Er hat Lust drauf. Und macht sich selbst vermutlich den größten Druck: „Die Aufgabe ist es, das Niveau zu erhöhen. Wir werden alle Kaderspieler brauchen.“
Angesichts der Eindrücke im Dezember, als sich die Mannheimer gegen die Abstiegskandidaten Eisenach und Stuttgart blamierten, sowie des Auftritts in Magdeburg wird aber schon die Bundesliga-Aufgabe am Sonntag (16.30 Uhr) beim TBV Lemgo Lippe zu einer größeren Herausforderung. Lässt man den Pokalerfolg über den Zweitligisten Essen weg, haben die Badener fünf ihrer zurückliegenden sechs Pflichtspiele verloren. Und nach dem Lemgo-Trip kommt ausgerechnet die SG Flensburg-Handewitt in die Mannheimer SAP Arena. Es droht ein Fehlstart ins Jahr 2024.
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