Mannheim. Mannheim. Sebastian Hinze ist noch „ganz entspannt“. Was – wie der Trainer der Rhein-Neckar Löwen selbst sagt – auch typisch für ihn ist. Der gebürtige Wuppertaler verschwendet keinen Gedanken daran, dass er am Sonntag (15 Uhr) gegen die Füchse Berlin zum letzten Mal auf der Bank des badischen Handball-Bundesligisten sitzen wird. „So etwas kommt bei mir ohnehin immer erst in der Nachbetrachtung“, spürt Hinze vor seinem nahenden Wechsel zum Ligarivalen ThSV Eisenach noch keine Wehmut und setzt ohnehin ganz andere Prioritäten: „Mein voller Fokus gilt dem Sportlichen. Damit habe ich genug zu tun. Die Aufgabe ist komplex, deswegen beschäftige ich mich auch nicht mit meinem Abschied.“
In der mit 13.200 Zuschauern ausverkauften Mannheimer SAP Arena können sich der Berliner schon mit einem Unentschieden erstmals zum Meister krönen, die Titelparty am Spreeufer ist bereits geplant. Liebend gern würden die Löwen aber die Rolle des Traumzerstörers einnehmen, um anschließend Hinze sowie die Spieler Juri Knorr, Jon Lindenchrone, Gustav Davidsson, Olle Forsell Schefvert, Niklas Michalski und Valentin Willner zu verabschieden.
Löwen mit guter Bilanz gegen Topteams
„Es ist ein besonderes Spiel. Und wir wissen, dass wir eine Topleistung brauchen, um bestehen zu können“, sagt der scheidende Trainer, der aber nicht nur „ein gutes Gefühl“ hat, sondern auch um die Qualitäten seiner Mannschaft gerade in den Duellen gegen die Topteams weiß. Insbesondere in eigener Halle.
„Wir haben zuhause die MT Melsungen, den THW Kiel, die SG Flensburg-Handewitt und noch dazu auch Berlin im Pokal besiegt“, erinnert Hinze an vier Erfolge über Spitzenclubs. Doch auch er weiß: „Nicht die Statistik muss für uns sprechen, sondern die Leistung.“ Und was Letzteres angeht, darf man mit Blick auf die vergangenen Wochen ein paar Zweifel am zweifachen Meister und Pokalsieger äußern. Unvergessen bleibt der Offenbarungseid beim 26:33-Desaster gegen den TVB Stuttgart vor eineinhalb Wochen, als die Mannschaft mit Pfiffen aus der Halle verabschiedet wurde.
„Wir sind in der Bringschuld. Der Gegner ist stark, aber wir müssen alles reinhauen“, sagt Hinze, der in der besonderen Konstellation mit der Meisterchance für die Füchse noch eine „Zusatzmotivation“ sieht – was aber keinesfalls heißen soll, dass er dem Berliner Titelrivalen SC Magdeburg die Meisterschaft mehr gönnt.
Besondere Berliner Geschichte
Im Gegenteil: Der Löwen-Trainer erkennt die in der Hauptstadt geleistete Arbeit an und entscheidet sich für einen zweigeteilten Blick auf die Dinge: „Ich will und muss das trennen. Wer nach 34 Spieltagen oben steht, ist verdient Meister. Und trotzdem ist die Berliner Geschichte eine besondere – völlig unabhängig davon, ob es jetzt zur Krönung reicht oder nicht. Diese kontinuierliche Entwicklung über die zurückliegenden zehn Jahre ist vorbildlich. Und mit Mathias Gidsel kam im richtigen Moment dann vielleicht auch das noch fehlende Mosaiksteinchen dazu.“
Traditionell setzen die Füchse stark auf den eigenen Nachwuchs. Mit dem dänischen Ausnahmekönner Gidsel steht aber ebenso der momentan weltbeste Handballer im Kader des Hauptstadtclubs. „Das ist eine Mannschaft auf einem unfassbar hohen Niveau. Berlin macht sein Ding – und zwar brutal gut“, lobt Hinze den Gegner, dessen Umschaltspiel der Löwen-Trainer gleichermaßen schätzt wie fürchtet. Denn kein Team auf der Welt mache das besser, legt sich der 46-Jährige fest.
Um die Füchse nicht ins Tempo kommen zu lassen, werden die Löwen also selbst diszipliniert angreifen und Ballverluste vermeiden müssen. So wie beim Sieg im DHB-Pokal über die Berliner. „Da haben wir die Füchse in den Positionsangriff gezwungen und es dann auch geschafft, sie zu stoppen“, hat Hinze den Überraschungserfolg noch vor Augen und hofft, „dass wir alle noch einmal unser Bestes zeigen.“ Auch um eine eher enttäuschende Saison noch irgendwie halbwegs versöhnlich zu beenden.
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