Mannheim. Es ist wirklich kompliziert. Knapp zwei Monate vor dem Ende der Saison muss Anthony Loviso, Sportchef bei Fußball-Drittligist SV Waldhof, durch die weiter ungeklärte künftige Liga-Zugehörigkeit einen Spagat meistern. Jetzt im Frühling müssen eigentlich die Planungen für die kommende Spielzeit konkretisiert werden, müssen die Leistungsträger, deren Verträge auslaufen, vom Bleiben überzeugt werden. Und sollte entgegen aller Bemühungen am Ende das schlimmste Szenario Abstieg doch nicht verhindert werden können, braucht es außerdem einen tragfähigen Plan B für einen Neustart in der Regionalliga.
„Wenn man noch nicht weiß, in welcher Liga man spielen wird, macht das die Sache natürlich nicht einfacher. Das ist klar“, sagt Loviso. „Aber trotzdem ist es meine Pflicht, jetzt schon zweigleisig zu planen. Das machen wir. Wohlwissend, dass der Klassenerhalt über allem steht.“
Abifades Vertrag könnte sich per Klausel verlängern
14 Spieler haben im Fall des Verbleibs in der 3. Liga einen gültigen Vertrag über den Sommer hinaus. Von Torjäger Terrence Boyd ist bekannt, dass er auch in der Regionalliga weiter für den Waldhof stürmen würde. Und dann gibt es diejenigen, mit denen die Mannheimer wohl auf keinen Fall mehr planen. Der offensive Mittelfeldspieler Martin Kobylanski ist unter Trainer Bernhard Trares nicht mehr gefragt, dem vierten Torhüter Lucien Hawryluk wurde schon vor dieser Saison ein Vereinswechsel nahegelegt.
Waldhof-Kader 2025/2026
Diese Spieler haben noch einen Vertrag beim SV Waldhof in der kommenden Saison.
Tor: niemand.
Abwehr (5 Spieler): Marcel Seegert (bis 2026), Malte Karbstein (2026), Sascha Voelcke (2026), Niklas Hoffmann (2026), Seyhan Yigit (2026).
Mittelfeld (5): Rico Benatelli (2026), Janne Sietan (Klausel bis 2026, langfristige Verlängerung steht bevor), Maximilian Thalhammer (2026), Arlind Rexhepi (2026, ausgeliehen an Stuttgarter Kickers), Arianit Ferati (2026).
Angriff (4): Terrence Boyd (2026), Nicklas Shipnoski (2026), Kennedy Okpala (2026), Felix Lohkemper (2026).
Diese Verträge laufen aus.
Tor (4): Jan-Christoph Bartels, Omer Hanin, Malwin Zok, Lucien Hawryluk.
Abwehr (4): Lukas Klünter, Tim Sechelmann, Manuel Braun (ausgeliehen vom VfL Wolfsburg II), Henning Matriciani (ausgeliehen von Schalke 04).
Mittelfeld (6): Samuel Abifade (automatische Verlängerung bei einem weiteren Startelf-Einsatz), Julian Rieckmann, Yusuf Wardak, Adrian Fein, Martin Kobylanski, Kelvin Arase.
Angriff (1): André Becker (ausgeliehen von Arminia Bielefeld).
Und sonst? Mittelfeld-Stratege Adrian Fein konnte nach einer wechselhaften Saison in den vergangenen Wochen mit guten Auftritten als Ballverteiler viele Pluspunkte sammeln, während beim zu wenig effektiven Österreicher Kelvin Arase (nur 5 Tore in 60 Spielen für den SVW) die Zeichen eher auf Abschied stehen. Samuel Abifades Arbeitspapier wiederum sieht nach Informationen dieser Redaktion eine Klausel vor, laut der sich sein Vertrag bei nur einem weiteren Startelf-Einsatz automatisch um eine Saison verlängern würde.
Seine wichtigsten Eckpfeiler im Team will der SV Waldhof unbedingt halten. „Wir wollen versuchen, Kontinuität reinzubekommen“, sagt Loviso. Lukas Klünter spielt als Abwehrchef eine überragende Rückrunde, Julian Rieckmann hat im zentralen Mittelfeld seine Qualitäten über einen längeren Zeitraum bewiesen, auch Innenverteidiger Tim Sechelmann - unter Trares-Vorgänger Marco Antwerpen schon ausgemustert - hat zuletzt mit stabilen Leistungen überzeugt. „Wir sind seit Wochen in sehr guten Gesprächen mit den Jungs, mit denen wir verlängern wollen und hoffen, dass wir da auch zum Abschluss kommen, damit sie längerfristig bei uns bleiben. Wir haben unsere Hausaufgaben erledigt“, sagt Loviso. Mittelfeld-Hoffnungsträger Janne Sietan konnte der Sportliche Leiter schon davon überzeugen, perspektivisch in Mannheim zu bleiben - er soll nach einem exklusiven Bericht dieser Redaktion in den nächsten Tagen einen neuen Vertrag unterzeichnen.
Bekenntnis zu Bartels als unumstrittener Nummer 1
Loviso gesteht aber auch ein, dass es zum Beispiel im Fall von Ex-Bundesliga-Profi Klünter (1. FC Köln, Hertha BSC), der sich mit Top-Auftritten am Fließband ins Schaufenster gespielt hat, wahrscheinlich höherklassige Angebote geben dürfte. „Wir wissen natürlich, dass die Jungs ablösefrei sind. Und je nachdem, was für eine Saison sie spielen, sind sie auch auf dem Markt gefragt“, deutet Loviso an.
Eine klare Ansage macht der Waldhof-Kaderplaner auf der Torhüter-Position, wo nach langen Jahren der Suche mit vielen Wechseln in Jan-Christoph Bartels wieder eine unumstrittene Nummer 1 gefunden worden ist. Loviso will den auslaufenden Vertrag mit dem Keeper verlängern. „Barto macht das sehr gut. Er hat sich sehr gut entwickelt und gibt uns extrem Rückhalt“, sagt der Sportchef. Aktuell hat der SVW für die kommende Saison noch keinen einzigen Torhüter unter Vertrag. Während Hawryluk gehen darf und Bartels bleiben soll, ist die Zukunft von Omer Hanin und Malwin Zok ungewiss.
Diffizil ist die Ausgangslage auch bei den beiden Leihspielern, die Loviso gerne halten würde. Mittelstürmer André Becker, im Winter von Arminia Bielefeld gekommen, hat mit fünf Toren in acht Spielen voll eingeschlagen. Auch mit Schalke-Leihgabe Henning Matriciani würde Loviso gerne weiterarbeiten. „Wir sind hochzufrieden mit beiden Spielern, die uns sehr gut zu Gesicht stehen. Aber da kann ich noch keine Prognose abgeben. Es ist noch einen Tick zu früh, darüber zu sprechen“, sagt Loviso. Wenn Bielefeld in die 2. Liga aufstiege, könnte die Bereitschaft der Arminia, Becker komplett abzugeben, steigen. Die Ostwestfalen dürften beim wuchtigen Zielstürmer, der in Bielefeld noch einen Vertrag bis 2026 besitzt, aber womöglich auf der Zahlung einer niedrigen sechsstelligen Ablösesumme bestehen. Bei Matriciani spielt neben Schalkes Gedankenspielen für die neue Saison sicher auch das üppige alte Zweitliga-Gehalt des Verteidigers eine Rolle, das ein mittlerer Drittligist dauerhaft kaum zu stemmen vermag.
Grundsätzlich sei das Ziel, so Loviso, mit dem Kern der zuletzt erfolgreichen Stammelf weiterzuarbeiten, aber auch einige Planstellen freizuhalten, um sich punktuell zu verstärken. Wie das alles gelingt, werden die nächsten Monate zeigen. Entscheidend ist vorerst sowieso „auf’m Platz“. Gute Ergebnisse in den kommenden richtungsweisenden Spielen gegen Dortmund II, Wiesbaden, Haching, 1860 München, Hannover II und Stuttgart II, mit denen der SV Waldhof den Klassenerhalt vorzeitig sichern könnte, würden die notwendige Planungssicherheit geben. Und damit auch Anthony Loviso seine komplizierte Arbeit am Personaltableau für die nächste Saison erleichtern.
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