Fußball

Ein „magisches Dreieck“ und die Form eines Top-Teams: SV Waldhof im Aufwind

Das 3:2 gegen Sandhausen ist für den SV Waldhof Mannheim auch psychologisch ein außergewöhnlich wichtiger Sieg. In einer starken Mannschaft sticht ein Spieler heraus.

Von 
Alexander Müller
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Das magische Dreieck, Edition Blau-Schwarz: Die Waldhöfer Felix Lohkemper, Arianit Ferati und André Becker. © SV Waldhof

Mannheim. Als Giovane Elber, Fredi Bobic und Krassimir Balakow zwischen 1995 und 1997 beim VfB Stuttgart die Fans mit ganz viel Offensivspektakel begeisterten, bürgerte sich für das Trio der Begriff „Magisches Dreieck“ ein. André Becker, seines Zeichens Mittelstürmer des Fußball-Drittligisten SV Waldhof, wagte nach seinem Tor zum 2:0 gegen den SV Sandhausen am Mittwochabend (32. Minute) einen zunächst rätselhaft wirkenden Ausflug in die Welt der Geometrie. Bei seinem Jubel zeigte er mit beiden Händen zunächst ein Dreieck, das sich dann in ein Lineal verwandelte.

Aufklärung zu dieser Geste gab es erst nach dem Abpfiff, als die Mannheimer einen im Abstiegskampf außerordentlich wichtigen 3:2 (3:1)-Sieg gegen den Kurpfalz-Nachbarn über die Ziellinie gebracht hatten. „Das Dreieck sind Felix, Ari und ich. Wir teilen uns alle die Neun, da haben wir ein eigenes Ding daraus gemacht. Wir haben aus Spaß gesagt: Heute fehlt einer, dann wird das Dreieck zum Lineal“, sagte Becker. Das magische Dreieck, Edition Blau-Schwarz. Spielmacher Arianit Ferati (Rückennummer 19) fehlte gegen Sandhausen gelb-gesperrt, das hinderte die Stürmer Becker (Rückennummer 39) und Felix Lohkemper (Rückennummer 9) aber nicht daran, die Mannschaft des früheren Waldhof-Coachs Kenan Kocak vor der Pause komplett auseinanderzunehmen.

Trares: „Die erste Halbzeit war gigantisch“

„Die erste Halbzeit war gigantisch. Sandhausen wusste gar nicht, wie ihnen geschieht“, sagte Trainer Bernhard Trares über die anfangs sagenhafte Vorstellung seines Teams, das nach 38 Minuten durch Tore von Lohkemper (14.) und Becker (32., 38.) bereits mit 3:0 führte. Dass die insgesamt harmlosen Gäste vom Hardtwald durch Treffer von Marco Schikora (43.) und Taylan Duman (61.) doch noch einmal bedrohlich nahekamen, änderte nichts daran, dass der Sieg des SVW im Nachbarschaftsduell in die Kategorie „hochverdient“ fiel.

Zehn Punkte aus den zurückliegenden fünf Partien haben die Mannheimer jetzt eingefahren (3 Siege/1 Unentschieden/1 Niederlage) – der Trend eines Top-Teams. In der Formtabelle in diesem Zeitraum steht der Waldhof dementsprechend auf Platz drei. Mit dem Erfolg am Mittwoch verließ der SVW erstmals seit Anfang Februar wieder die Abstiegszone, in die jetzt wiederum die Sandhäuser abgestürzt sind. Nach dem Spiel gab es wüste Beschimpfungen aus dem Gästeblock, Kocak verließ bei seiner Rückkehr nach fast neun Jahren konsterniert das Carl-Benz-Stadion.

Sandhausen hat der Wucht des Waldhof nichts entgegenzusetzen

Der Wucht des Waldhof war Sandhausen in der ersten Halbzeit nicht gewachsen. „Heute kam Energie von den Rängen auf den Platz und vom Platz auf die Ränge“, formulierte es Lohkemper – in einer starken Mannheimer Mannschaft der Beste. „Er hat ein überragendes Spiel gezeigt“, sagte Trainer Trares. Lohkemper wirkte, als versorge ihn ein persönliches Elektrizitätswerk beständig mit neuer Energie. Der 30-Jährige zog Dutzende Sprints an, war eine ständige Bedrohung für die Sandhäuser Defensive. „Felix hilft uns unglaublich, indem er die Tiefe angreift und uns somit Entlastung gibt. Das ist total wichtig für unser Spiel, damit wir nachschieben können“, sagte Trares. Nach seinem 1:0, mit einem wunderbaren Pass von Abwehrchef Lukas Klünter vorbereitet, legte Lohkemper Becker das 2:0 mit einer erstklassigen Vorarbeit auf.

Dass der Waldhof-Angreifer im Nachgang trotz dieser Gala noch Worte der Selbstkritik fand, entbehrte nicht einer gewissen Ironie. Er hätte, so Lohkemper, bei weiteren Chancen in der zweiten Halbzeit „noch ein, zwei Tore mehr“ erzielen können, dann wäre es nicht bis zum Schluss spannend geblieben. „Da war ich wohl zu schlecht“, sagte er mit einem Augenzwinkern.

Trares hatte indes eine einfache Erklärung dafür, warum Lohkemper bei seinen Möglichkeiten im zweiten Abschnitt ein wenig die Präzision abhanden gekommen war. „Wenn er nicht so viel hätte arbeiten müssen, hätte er noch ein oder zwei Tore mehr gemacht. Er war immer im roten Bereich mit seinen Sprints“, sagte der Waldhof-Coach.

Und ohne Ferati wird es zum Lineal: André Becker (l.) und Felix Lohkemper nach dem Sieg gegen Sandhausen. © SV Waldhof

Trares konnte sehr zufrieden damit sein, dass seine Mannschaft auch ohne die gelbgesperrten Kreativkräfte Ferati und Adrian Fein gut funktionierte. Julian Rieckmann und auch Rico Benatelli erwiesen sich als gute Vertreter im zentralen Mittelfeld, nur Kelvin Arase hinter den Spitzen fiel ein wenig ab.

„Eins mit Sternchen“ für Abwehrchef Klünter

Psychologisch war der atmosphärisch dichte Abend vor fast 14.000 Zuschauern für den SVW von unschätzbarem Wert. „Es wäre ein harter Dämpfer gewesen, wenn wir nach der 3:0-Führung noch das 3:3 bekommen hätten“, sagte Ersatzkapitän Lukas Klünter, der seine Topform ein weiteres Mal bestätigte. Hinten hielt der frühere Kölner den Laden vorbildlich zusammen, die Tore zum 1:0 und 3:0 bereitete er zudem jeweils mit tollen Pässen vor. „Das war eine Eins mit Sternchen“, urteilte Trares. „Ich kenne in der Liga keinen Innenverteidiger, der so spielt wie Klünter.“

Ferati und Fein kehren am Sonntag in Aue zurück

Der derart Hochgelobte sprach davon, dass der Sprung auf einen Nichtabstiegsplatz für den Kopf „extrem wichtig“ sei. „Ohne die Ergebnisse kommst du da unten nicht raus. Ich bin mir sicher, dass wir daran anknüpfen und möglichst schnell Abstand gewinnen werden“, sagte Klünter. Schon am Sonntag (16.30 Uhr) bei Erzgebirge Aue besteht die nächste Gelegenheit, die bisher miserable Auswärtsbilanz ein wenig aufzuhübschen. „Wir haben 25 Punkte zuhause und acht Punkte auswärts geholt, das ist eine hohe Diskrepanz. Das sind Punkte, die fehlen“, sagte Sportchef Anthony Loviso. „Wir müssen so wie die letzten Auswärtsspiele spielen, die waren besser. Dann wird uns auch mal ein Sieg gelingen.“

Trares steht im Osten der Republik vor der Frage, ob und wie er die Rückkehrer Ferati und Fein nach ihren Gelbsperren wieder ins Team einbaut. Ein kleines Luxusproblem, das der Trainer wahrscheinlich mit seiner Erfahrung und seinem Bauchgefühl entscheiden wird. Auch wenn der SV Waldhof neuerdings über ein magisches Dreieck verfügt, kommt Trares sicher auch weiter ohne den Satz des Pythagoras über die Runden.

Redaktion Fußball-Reporter: Nationalmannschaft, SV Waldhof, Eintracht Frankfurt, DFB

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