Mannheim. An den symbolischen Tiefpunkt seiner Zeit beim SV Waldhof kann sich Tim Sechelmann fast nicht mehr erinnern. „Da muss ich mal kurz überlegen. Was war denn ASC Neuenheim?“, fragt der Verteidiger zurück, als es um seine einmalige Zwangsversetzung in die Verbandsliga-Mannschaft der Mannheimer geht. Am 18. August 2024 muss Sechelmann mit der U21 des SVW gegen den Heidelberger Stadtteilverein kicken. Der damalige Trainer Marco Antwerpen hat den Münsteraner aussortiert, Sportchef Anthony Loviso legt dem 26-Jährigen daraufhin einen Vereinswechsel nahe. Zeitweise darf er noch nicht einmal mehr am Profitraining mit der Mannschaft teilnehmen.
„Da war die Situation für mich mehr oder weniger aussichtslos. Das war extrem, so etwas möchte ich wirklich nicht noch einmal erleben“, sagt Sechelmann vor dem Drittliga-Spiel gegen seinen Ex-Club Borussia Dortmund II (Samstag, 14 Uhr). Ein Blick zurück in die dunkelste, härteste Zeit seiner Profikarriere. Ausgemustert, abgeschoben, herabgesetzt.
Aber der frühere Magdeburger lässt sich nicht entmutigen. „Ich musste bei mir bleiben und - wenn ich denn mal mittrainieren durfte - versuchen, auch fußballerisch wieder reinzukommen. Zu der Zeit bin ich ja meistens nur um den Platz gelaufen“, sagt Sechelmann. „Man muss weiter daran glauben, dass vielleicht doch noch mal die Chance kommt.“
Diese Chance gibt ihm kurioserweise Antwerpen. Der Mann, der ihn ein paar Wochen vorher noch unbedingt loswerden will. Im letzten Spiel vor seiner Beurlaubung in Rostock (1:1) wechselt Antwerpen Sechelmann für ein paar Minuten ein. Unter dessen Nachfolger Bernhard Trares wird der Verteidiger sogar wieder Stammkraft. Erst als Linksverteidiger, seit dem 1:1 in Osnabrück am 23. Februar auf der Position des linken Innenverteidigers neben Lukas Klünter. „Wie es dann gelaufen ist, das war natürlich super für mich“, sagt Sechelmann, der sich gegen alle Vorhersagen durchgebissen hat. „Dass ich jetzt wieder in der Mannschaft bin, gibt mir viel Kraft und Selbstvertrauen. Ich weiß jetzt, dass ich solche Zeiten überwinden und es in der gleichen Saison im gleichen Verein noch positiv wenden kann. Aus so einer Phase lernt man“, sagt er.
Vorteil Linksfuß, gute Harmonie mit Klünter
Sechelmann erledigt seine Arbeit in der Viererkette gewissenhaft und solide. „Die beiden Innenverteidiger harmonieren gut miteinander“, sagt Trainer Trares. „Tim Sechelmann als Linksfuß, der auch einmal einen Longline-Ball spielen kann und Lukas Klünter mit seinem Speed - das ist schon sehr stabil.“ Seitdem das westfälisch-rheinische Duo beim SV Waldhof zentral verteidigt, haben die Mannheimer in sechs Spielen nur fünf Gegentore kassiert und lediglich einmal verloren (0:1 in Essen), dabei 13 von 18 möglichen Punkten geholt. „Die Ergebnisse spiegeln es wider, dass die aktuelle Viererkette gut funktioniert“, sagt Sechelmann.
Dennoch schwebt der SVW mit nur zwei Punkten Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz weiter in akuter Gefahr. Gegen die zweite Mannschaft von Borussia Dortmund, aus dessen Jugend Sechelmann stammt, stehe deshalb eine „unglaublich wichtige“ Partie bevor. „Das ist in dieser Phase schon ein Sechs-Punkte-Spiel. Wir können ein bisschen Abstand nach unten schaffen, zumal einige andere Konkurrenten am Wochenende gegeneinander spielen“, sagt Sechelmann.
Dass das Carl-Benz-Stadion mit bis zu 20.000 Zuschauern gegen den „kleinen BVB“ fast ausverkauft sein dürfte, sei eine zusätzliche Motivation, den achten Heimsieg dieser Saison einzufahren. „Man weiß ja wie es ist bei uns im Stadion, wenn wir die Fans einmal mitnehmen. Wenn wir diese Energie aufnehmen können, wird es Dortmund ganz schwer haben, etwas mitzunehmen“, sagt Sechelmann.
Die Zeiten haben sich im Fall Sechelmann kolossal geändert. Sportchef Loviso, der noch im vergangenen Sommer auf Wunsch Antwerpens einen neuen Arbeitgeber für den Verteidiger suchen musste, möchte den auslaufenden Vertrag des Verteidigers nun so schnell wie möglich verlängern. Sechelmann hat den menschlich äußerst fragwürdigen Umgang mit ihm rund um den Saisonstart nach eigenen Angaben „abgehakt“, sieht in einer Vertragsverlängerung zurzeit jedoch nicht die höchste Priorität. „Man wird auf jeden Fall darüber sprechen, aber jetzt liegt erst einmal der Fokus auf dem Nichtabstieg. Alles was dann kommt, kann man immer noch besprechen. Da haben wir keinen Stress“, sagt er. Sollte Sechelmann beim SV Waldhof bleiben, so viel dürfte feststehen, wird er sehr wahrscheinlich niemals wieder gegen Neuenheim & Co. in der Verbandsliga spielen müssen.
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