Mannheim. Wer live dabei sein will, muss viel Geduld mitbringen. Vor dem Kulturhaus Waldhof bilden sich am frühen Montagabend lange Schlangen, Dutzende Mitglieder müssen draußen im Regen auf Einlass warten. Die Mitgliederversammlung des SV Waldhof ist so gut besucht wie seit 20 Jahren nicht mehr, die knapp 300 Sitzplätze im Saal reichen nicht aus, etliche Mitglieder müssen am Rand stehen, Stimmzettel nachgedruckt werden.
Organisatorische Probleme, die man hätte erwarten können. Denn der Andrang erklärt sich nicht damit, dass es im Hauptverein drängende Fragen oder spannende Neuwahlen gäbe - sondern weil alle gespannt sind, was Präsident Bernd Beetz zur sportlichen Krise beim auf einen Abstiegsplatz abgestürzten Drittliga-Team sagen wird.
336 Stimmberechtigte sind gekommen - von den Profis ist entgegen der ursprünglichen Planungen aber nur Kapitän Marcel Seegert und nicht die komplette Mannschaft inklusive Trainer Rüdiger Rehm anwesend. Wie schon bei der letzten Mitgliederversammlung fehlt der stark in der Kritik stehende Geschäftsführer Markus Kompp. "Es habe Drohungen gegeben", erklärt Beetz später das Fernbleiben des Chefs der Spielbetriebs-GmbH. Erst mit einer knappen halben Stunde Verspätung um 19:31 Uhr geht es los.
Nur ein Gerücht: Hauptversammlung soll verschoben werden
Vizepräsident und Veranstaltungsleiter Tobias Schmidt eröffnet die Versammlung mit einem Dementi. „Eine Verschiebung der Versammlung stand zu keinem Zeitpunkt im Raum“, sagt der Heidelberger zu den Gerüchten der vergangenen Tage. Und: „Heute platzt auf keinen Fall eine Bombe, sondern höchstens der Saal aus allen Nähten“, erklärt das Präsidiumsmitglied, der darum bittet, dass trotz der angespannten sportlichen Situation alle „fair miteinander umgehen, auch wenn wir hart streiten sollten“.
Erst um 20:21 Uhr spricht Präsident Bernd Beetz zum ersten Mal zur Basis - allerdings zunächst über die Situation im Hauptverein. In den Finanzen des e.V. steht in der Saison 2022/2023, dem letzten Jahr mit Kooperationspartner „Anpfiff ins Leben“, ein kleines Minus von 40 000 Euro. Der Ausblick ist aber positiv - gerade mit Blick auf die neue eigenständige Jugendabteilung. „Die Dinge in der BuweFabrik laufen sehr gut“, sagt Beetz. Für die aktuelle Saison seien, so der Präsident, rund 140 000 Euro an Sponsoringeinnahmen eingeworben worden. Vizepräsident Horst Seyfferle und Jugendleiter Matthias Findeisen bekommen für ihre erfolgreiche Aufbauarbeit am Alsenweg viel Applaus der Mitglieder.
Präsident Beetz: "Fast 20 Millionen Euro in den SVW investiert"
Alles nur Vorgeplänkel für das Thema, auf das hier fast alle gewartet haben. Tagesordnungspunkt 13, der Bericht der Spielbetriebs-GmbH. Die prekäre Situation der Drittliga-Mannschaft im Allgemeinen und die scharfe Kritik von der Basis an Geschäftsführer Kompp im Konkreten. „Ganz ehrlich: Ich habe uns in einer positiven Entwicklung gesehen. Der Absturz kam völlig überraschend, das habe ich so nicht erwartet“, sagt Beetz und betont, dass er mittlerweile fast 20 Millionen Euro in den SVW investiert habe. Hier im Saal ist niemand mehr frustriert als ich.“
Ein Fan-Vertreter tritt vor. Ziel der Attacken seines Wortbeitrags: Kompp. „Der Begriff Waldhof-Familie ist in der GmbH ein Merchandise-Begriff, eine Farce. An der Spitze steht dafür eine Person, Markus Kompp. Es fehlt ein Miteinander. Das Problem muss endlich gesehen werden, vielleicht gibt es ohne diese Person wieder eine Waldhof-Familie“, sagt das aufgebrachte Waldhof-Mitglied. Lauter, lang anhaltender Beifall, „Kompp-muss-weg“-Rufe im Saal.
Anti-Kompp-Stimmung im Raum
Beetz nimmt den Geschäftsführer teilweise gegen die Kritik in Schutz, der sportliche Bereich liege nicht im Aufgabengebiet des Geschäftsführers. „Es gibt ein paar Dinge, die man anders sehen kann.“ Der 73-Jährige sagt aber auch: „Wenn so ein Gefühl artikuliert wird, muss ich das adressieren. Ich nehme das so mit.“
Die Anti-Kompp-Stimmung bekommt Beetz an diesem Abend nicht mehr eingedämmt. Ein anderes Mitglied spricht in einem flammenden Redebeitrag von einer „Bilanz des Schreckens“, die Kompp zu verantworten habe.
Interessant ist, worüber an diesem Abend fast gar nicht konkret gesprochen wird. Die möglichen Konsequenzen aus dem sportlichen Absturz auf Platz 18 in der 3. Liga. Das Thema Kompp überschattet alles.
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