Mannheim. Es ist normale Routine im Profifußball. Für Auswärtsspiele reist das Gästeteam am Vortag an und bucht sich in einem Hotel am Spielort ein, um ausgeruht und ohne Reisestress in den Knochen in das sportliche Duell starten zu können. Wenn die SpVgg Unterhaching am Dienstag (19 Uhr) zum Drittliga-Spiel beim SV Waldhof im Mannheimer Carl-Benz-Stadion antritt, sieht die Vorbereitung jedoch anders aus. Die Hachinger Verantwortlichen haben entschieden, sich erst am Spieltag für die immerhin 360 Kilometer lange Fahrt nach Mannheim in den Bus zu setzen. Schenkt das abgeschlagene Schlusslicht in den letzten Wochen der Saison ab? Der Verdacht steht im Raum.
Der frühere Nationalspieler Sven Bender, seit März als Nachfolger von Heiko Herrlich Trainer bei der Spielvereinigung, widerspricht diesem Eindruck vehement. „Ich verbiete es, dass jemand die Saison jetzt ausschleifen lässt. Aus Respekt vor dem Verein und den Fans müssen wir es weiter versuchen“, sagte der frühere Mittelfeld-Abräumer von Borussia Dortmund.
Voelcke: „Wir dürfen sie nicht unterschätzen“
Doch sportlich ist die Hachinger Situation aussichtslos. Im Heimspiel gegen Aachen vor zehn Tagen hielten Fans der SpVgg ein Banner hoch, auf dem „Ihr blamiert uns“ geschrieben stand. In der Rückrunde hat der Verein aus dem Münchner Umland erst zweimal gewonnen, auswärts gab es in der kompletten Saison noch kein einziges Erfolgserlebnis. Der Rückstand auf den ersten Nichtabstiegsplatz beträgt sieben Spiele vor dem Ende 18 Punkte. Möglicherweise stehen die Bayern schon in dieser Woche als erster Absteiger fest.
Wenn man sich im Umfeld des SV Waldhof umhört, ist die Erwartungshaltung mit Blick auf Dienstagabend eindeutig: Gegen Haching müssen drei Punkte im Abstiegskampf her. Doch gerade die eindeutige Favoritenposition macht die Aufgabe unangenehm. „Wir dürfen nicht den Fehler machen, sie zu unterschätzen“, sagte Verteidiger Sascha Voelcke nach dem 2:2 beim SV Wehen Wiesbaden am Samstag. Und Angreifer Terrence Boyd, der in der hessischen Landeshauptstadt sein Comeback nach über drei Monaten Verletzungspause feierte, warnte: „Wir kennen alle diese Liga. Du musst bei jedem Gegner konzentriert sein und das Optimum herausholen.“ Ist das vermeintlich leichteste Spiel der Saison in Wahrheit eines der undankbarsten?
Trainer Bernhard Trares muss man nicht erklären, dass es im Fußball ab einem gewissen Niveau keine Selbstläufer mehr gibt. Er kann auf fast 40 Jahre Erfahrung in dem Geschäft zurückgreifen. „Dienstag gegen Haching ist natürlich schon ein Spiel, das wir gewinnen wollen. Aber das wird schwierig, weil Haching auch eine gute Mannschaft hat, die irgendwie in einen Negativstrudel hineingeraten ist“, sagte der Waldhof-Coach. Die Spielvereinigung verliere ihre Partien ja nicht mit 5:0 oder 6:0, so Trares, sondern sei meistens konkurrenzfähig unterwegs.
Im Montagstraining meldete sich sein kompletter Kader fit und einsatzbereit. Es ist davon auszugehen, dass Wiesbaden-Torschütze Sascha Voelcke auf der linken Abwehrseite für Samuel Abifade in die Startelf rücken wird, während Mittelstürmer Terrence Boyd nach seiner langen Verletzungspause (Mittelfußbruch) als hochkarätiger Joker für die zweite Halbzeit auf der Bank sitzen wird.
Der Mannheimer Vorsprung auf die Abstiegsplätze ist ein sanftes Nichts
Die zwei Unentschieden in Folge, erst gegen Dortmund II (0:0), dann in Wiesbaden (2:2), haben wiederum die Mannheimer im zweiten Spiel der englischen Woche unter erheblichen Zugzwang gebracht. Nach Abschluss des 31. Spieltags steht der SVW als Fünfzehnter nur einen Punkt und das um zwölf Treffer bessere Torverhältnis vor dem VfB Stuttgart II, der den ersten Abstiegsplatz 17 belegt. Den Beginn des rettenden Ufers markiert dazwischen Borussia Dortmund II als Sechzehnter, ebenfalls nur einen Punkt hinter dem SVW. Die Situation bleibt äußerst gefährlich für die Mannheimer - gerade in den vier verbleibenden Heimspielen geht fast nichts mehr an weiteren Siegen vorbei, um das Horrorszenario Abstieg abzuwenden. Acht oder neun Punkte in sieben Spielen müssten dem Waldhof auch dank seines guten Torverhältnisses genügen, um auf einem Nichtabstiegsplatz ins Ziel zu laufen.
Haching läuft deshalb - bei allem gebotenen Respekt vor dem Gegner - in der Kategorie Pflichterfolg. Zumal der SV Waldhof unter Trainer-Rückkehrer Trares im Carl-Benz-Stadion bisher erst ein Spiel verloren (0:1 gegen Cottbus), aber sieben Partien gewonnen hat. In der Heimtabelle der 3. Liga liegen die Mannheimer als Zehnter nur sechs Punkte hinter dem besten Team Dynamo Dresden. „Es wird ein Flutlichtspiel, es kommen hoffentlich wieder viele Fans. Ich habe ein gutes Gefühl“, sagte Trares.
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