Mannheim. Nach der schlechtesten Halbserie des SV Waldhof seit der Rückkehr in den Profifußball benötigte der Mannheimer Drittligist in der zweiten Saisonhälfte einen Leistungssprung auf Platz sieben der Rückrundentabelle, um den Klassenerhalt am vorletzten Spieltag endlich unter Dach und Fach zu bringen.
Ermöglicht haben das vor allem die Winterzugänge, wie auch die alljährliche Zeugnisvergabe dieser Redaktion vor den Sommerferien für die SVW-Kicker deutlich macht. Bewertet werden dabei nur die Torhüter und Feldspieler, die insgesamt mindestens zehnmal auf dem Platz standen.
Torhüter
Omer Hanin: Der 26-jährige Israeli hatte sich verzockt, war ein halbes Jahr vereinslos und im Winter bereits in seiner Heimat, als der Anruf aus Mannheim kam. Und weil Trainer Marco Antwerpen Lucien Hawryluk im Abstiegskampf als zu wackelig empfand, ging der Coach Mitte März ins Risiko und stellte den Winterzugang beim 1:0 gegen Arminia Bielefeld erstmals zwischen die Pfosten. Dieser Kniff ging auf: Hanin zeigte sich vor allem auf der Linie und im Eins-gegen-Eins stark. Zum Lohn gab es einen Anschlussvertrag für die nächste Spielzeit – vielleicht sogar als Nummer eins?
Note: 2- (Halbjahresnote: keine)
Lucien Hawryluk: Der gebürtige Dortmunder ist so etwas wie die tragische Figur zwischen den Pfosten des SV Waldhof: Er musste früh in der Hinrunde für Jan-Christoph Bartels einspringen, war dann aber selbst mit einer Fingerverletzung gehandicapt. Bis dahin und ab Dezember noch einer der wenigen konstanten SVW-Profis und dann die klare Nummer eins, in der Rückrunde aber eines des ersten prominenten „Opfer“ von Antwerpens Leistungsprinzip. In Aalen gegen den SSV Ulm und bei Viktoria Köln kosteten seine Patzer wichtige Punkte. Der Druck des Abstiegskampfes lastete sichtbar auf dem 23-Jährigen. Trotz Vertrags bis 2025 auf der Kippe.
Note: 4- (Halbjahresnote: 2-)
Jan-Christoph Bartels: Wieder eine Saison zum Vergessen für den 25-Jährigen, der sich auch im vierten Jahr in Mannheim nicht als Nummer eins etablierte. Schon am 2. Spieltag setzte ihn nach einem Zusammenprall eine Gehirnerschütterung außer Gefecht, Anfang Dezember lief ihm Hawryluk den Rang ab. Im Winter warf ihn dann eine Knieoperation zurück, die den Hanin-Transfer notwendig machte. In der Hinrunde elf Spiele mit 19 Gegentoren, nach der Winterpause ging es nur noch um die Reha. Vielleicht bietet sich auch für ihn trotz laufenden Vertrags einfach mal ein Tapetenwechsel an.
Nicht zu bewerten (Halbjahresnote: 3-)
Abwehr
Marcel Seegert: Vom unumstrittenen Führungsspieler zum zeitweiligen Bankdrücker und zurück – das Wechselspiel, das Trainer Rüdiger Rehm mit „Cello“ in der Hinrunde betrieb, ging nicht spurlos an der Identifikationsfigur vorbei – und war gewiss nicht leistungsfördernd. Erst als sich Rehm wieder daran erinnerte, wie wichtig Seegert für den Waldhof ist, ging die Formkurve nach oben. Und als Antwerpen mit Blick auf die Teamhierarchie dann voll und ganz auf den 30-Jährigen setzte, spielte der Innenverteidiger auf gewohntem Niveau und ging im Abstiegskampf voran.
Note: 2- (Halbjahresnote 4+)
Julian Riedel: Mit 13 Startelfeinsätzen in der Hinserie war Riedel eine Konstante, die wackelige Abwehr konnte aber auch er nicht organisieren. In der Rückrunde kamen bei sieben Einsätzen nur noch drei Spiele über 90 Minuten dazu, ab März musterte Antwerpen den 32-Jährigen dann mehr oder weniger aus. Dass Riedels Vertrag nicht verlängert wurde, war so bereits früh abzusehen.
Note: 4 (Halbjahresnote: 4)
Tim Sechelmann: Im Sommer aus Magdeburg gewechselt, kam Sechelmann bis Ende Oktober stabil zum Einsatz, agierte aber mit Licht und Schatten. In der Rückrunde trat er dann kaum noch in Erscheinung, vertrat im entscheidenden Spiel gegen den SV Sandhausen aber immerhin den gesperrten Malte Karbstein solide. Der 25-Jährige hat noch einen Vertrag bis 2025, dürfte bei Antwerpen aber nicht ganz oben auf dem Zettel stehen.
Note: 4- (Halbjahresnote: 4)
Malte Karbstein: Physisch eine Erscheinung, kopfballstark, mit drei Toren auch im gegnerischen Strafraum zu beachten. An seinem Spielaufbau muss der ruhige 26-Jährige weiter feilen, insgesamt war er aber stets gesetzt – auch unter Antwerpen, der Kanten wie Karbstein auf der letzten Linie schätzt. Kassierte allerdings auch zwei Platzverweise.
Note: 3 (Halbjahresnote: 4+)
Jonas Carls: In der Rückrunde mit deutlich mehr Einsatzzeiten als noch in der Hinserie, ließ sich dann aber den Rang von Youngster Luca Bolay ablaufen. Vor dem Hintergrund seiner Vita war vom Ex-Paderborner mehr zu erwarten, was er vielleicht in seiner zweiten Saison unter Beweis stellen kann.
Note: 4 (Halbjahresnote: 5)
Luca Bolay: Nach einer Hinrunde mit nur zwei Kurzeinsätzen ist der ehemalige Karlsruher gefühlt die Entdeckung der Rückrunde und zahlte Antwerpens Vertrauen zurück. Stabil im Rückwärtsgang, nach vorne mit drei Vorlagen und guten Standards – und das mit erst 21 Jahren. Auch andere sind deshalb neugierig geworden – trotz seiner Verletzungsanfälligkeit.
Note: 3+ (Halbjahresnote: keine)
Lukas Klünter: Kam vertragslos im Winter, andere Clubs werden sich geärgert haben, dass er bei ihnen unter dem Radar flog. Hat von seiner bekannten Schnelligkeit nichts eingebüßt. Leistungsträger und Topkandidat für die von Antwerpen bevorzugte Dreierkette.
Note: 2 (Halbjahresnote: keine)
Laurent Jans: Immer mit tadelloser Einstellung und wegen seiner Vielseitigkeit eine solide Option. Mit der Schnelligkeit von Klünter konnte der Kapitän der luxemburgischen Nationalmannschaft auf der Position des rechten Verteidigers aber nicht mehr konkurrieren, nachdem die Formkurve auch generell etwas nach unten zeigte.
Note: 4 (Halbjahresnote: 4)
Mittelfeld/Angriff
Julian Rieckmann: Der Held von Dortmund, der beim dramatischen 2:1 im Stadion Rote Erde seine ersten beiden Drittligatore erzielte, war unter Antwerpen als verlässlicher Abräumer im defensiven Mittelfeld gesetzt. Der große Spielgestalter wird aus Rieckmann wohl nicht mehr werden, als robuste Arbeitsbiene hat er sich aber etabliert.
Note: 3- (Halbjahresnote: 4+)
Per Lockl: Der Hesse geht als Verlierer des Trainerwechsels durch. Antwerpen tat Lockl keinen Gefallen, als er ihn als alleinigen Sechser bei Meister Ulm (1:3) aufstellte. Der 23-Jährige mit der guten Passtechnik braucht eine zweikampfstarke Ergänzung an seiner Seite. Nach Ulm kam Lockl fast gar nicht mehr zum Zug – es mehren sich die Zweifel, ob er für den Stil, den Antwerpen spielen lässt, der richtige Mann ist.
Note: 4- (Halbjahresnote: 4)
Bentley Baxter Bahn: Dass die Zeit von BBB in Mannheim nach zwei Jahren zu Ende geht, ist menschlich sehr schade – Bahn ist ein sympathischer, korrekter Typ, der sich immer auch gestellt hat, wenn es nicht lief. Was regelmäßig der Fall war. Fußballerisch zeigte Bahn seine bekannte Laufstärke, viel Einsatz und Mentalität, setzte aber in der Offensive letztlich zu wenig Impulse (5 Tore/1 Vorlage). Antwerpen plant in der Schaltzentrale künftig anders.
Note: 3- (Halbjahresnote: 3-)
Fridolin Wagner: Beim 4:2 gegen Sandhausen erlebte „Frido“ sein 100. Spiel im Waldhof-Trikot. Er gehört damit hinter Seegert fast schon zu den blau-schwarzen Urgesteinen im Kader. Unter Antwerpen musste Wagner um Einsatzzeiten kämpfen – er blickt auf eine auch persönlich mäßige Saison zurück (3 Tore/3 Vorlagen).
Note: 4+ (Halbjahresnote: 4)
Martin Kobylanski: Als Spezialist für Standardsituationen und Traumtore präsentierte sich der Sohn des früheren SVW-Profis Andrzej Kobylanski nach seinem Winterwechsel aus Altglienicke. Der 30-Jährige fügt dem Mannheimer Spiel eine lange vermisste kreative Note hinzu (3 Tore/1 Vorlage), darf aber – sollte er bleiben – künftig nicht mehr so oft während eines Spiels abtauchen.
Note: 3- (Halbjahresnote: keine)
Minos Gouras: Mit großen Erwartungen von Zweitliga-Absteiger Jahn Regensburg in die Heimat gekommen, verlief die Saison für den Pfälzer komplett enttäuschend. Gouras konnte sich nie als Stammkraft empfehlen, rutschte unter Antwerpen sogar in die Rolle des Kaderauffüllers ab. Er kann fußballerisch so viel, aber ob er überhaupt die Chance bekommt, das in Mannheim in der neuen Saison zeigen zu dürfen?
Note: 5+ (Halbjahresnote: 4)
Jalen Hawkins: Wie Sechelmann ging der schnelle Flügelstürmer beim Spiel in Verl (1:1) mit dem Kuriosum in die Saisonannalen ein, erst ein- und dann noch vor dem Abpfiff wieder ausgewechselt worden zu sein. Hawkins bestritt zwar 34 Spiele, konnte dabei aber das Vorurteil nicht widerlegen, dass sein selbstbewusster Auftritt und die Leistung auf dem Platz zu selten im Einklang stehen (4 Tore/1 Vorlage).
Note: 4 (Halbjahresnote: 4)
Samuel Abifade: Was wurde über den Sommerzugang aus Meppen in der Horror-Hinrunde gezetert und gemotzt – bis es Abifade im Frühjahr allen Kritikern zeigte. Wichtige Tore, wichtige Assists – unumstrittener Stammspieler unter Antwerpen. Der körperlich robuste Braunschweiger hat demonstriert, dass er das Zeug für die 3. Liga besitzt.
Note: 3- (Halbjahresnote: 5)
Kelvin Arase: Gerade im letzten Saisondrittel zeigte der Österreicher einen Formanstieg. Arase kämpft, arbeitet viel für die Mannschaft, trifft aber bei seinen Offensivaktionen weiterhin zu oft die falsche Entscheidung – was auch an der Statistik abzulesen ist (2 Tore/4 Vorlagen).
Note: 3- (Halbjahresnote: 4)
Terrence Boyd: Die Waldhof-Fans lieben einen ehemaligen Lauterer. Mehr muss man nicht wissen, um abzuschätzen, welchen Fußabdruck der US-Amerikaner nach nur einem halben Jahr in Mannheim bereits hinterlassen hat. Mit sieben Rückrundentoren ein Eckpfeiler bei der Rettung, dazu noch ein tadelloser Charakter. Wir sind gespannt, wie die „Bromance“ mit Kapitän Seegert in der neuen Saison weitergeht.
Note: 2 (Halbjahresnote: keine)
Jesaja Herrmann: Der Angreifer aus Kiel bekam spätestens unter Antwerpen kein Bein mehr auf den Boden (nur noch drei Kurzeinsätze). Insgesamt geht die Verbindung SV Waldhof und Jesaja Herrmann als großes Missverständnis durch. Die Trennung im Sommer steht bevor.
Note: 5 (Halbjahresnote: 4-)
Kennedy Okpala: Auf den rasanten Aufstieg in der Hinrunde folgte eine schwierigere Phase im Frühjahr unter Antwerpen – bis der 19-Jährige am Ende der Saison mit zwei wichtigen Toren und einer Vorlage in Ingolstadt (1:1) sowie beim rettenden 4:2-Erfolg gegen Sandhausen auf einmal wieder wichtig wurde. Der Pfälzer bleibt der „Posterboy“ für einen künftigen „Mannheimer Weg“, bei dem sich der SVW seine Profis auch wieder über die eigene Jugend heranzieht.
Note: 3+ (Halbjahresnote: 2)
Pascal Sohm: Das Kapitel SVW geht für den Modellathleten aus Künzelsau mit einem frustrierenden Jahr zu Ende. Der 32-Jährige spielte spätestens ab der Boyd-Verpflichtung nur noch eine Statistenrolle, die er aber klaglos annahm. Was auch keine Selbstverständlichkeit ist, wenn man auf eine Vita wie Sohm zurückblickt. Wenigstens konnte er sich beim 6:1 gegen die SpVgg Unterhaching noch einmal mit einem Tor von den Waldhof-Fans verabschieden.
Note: 4- (Halbjahresnote 4-)
Der Trainer
Marco Antwerpen: Der Retter aus höchster Not. Nach einer komplizierten Anfangsphase mit nur einem Punkt aus seinen ersten vier Spielen mit dem Waldhof fand Antwerpen den Schlüssel für diese Mannschaft, profitierte von sofort funktionierenden Wintertransfers wie Boyd und Klünter – und bugsierte den SVW mit einem Kraftakt noch auf den ersten Nichtabstiegsplatz. Und das hört sich viel einfacher an, als es in der Realität war. Denn die Defizite im Kader traten auch unter Antwerpen offen zutage. Nur schaffte es der 52-Jährige gemeinsam mit seinem Assistenten und Emotionsbeauftragten Frank Döpper, dass dieses Team in der Rückrunde besser performte, als es die Summe der einzelnen Teile eigentlich hergaben. Und das läuft dann in der Rubrik „herausragende Trainerleistung“. Note: 2 (Halbjahresnote: keine)
Ohne Wertung
Der junge Torhüter Malvin Zok (20) durfte sich nur im letzten Spiel in Aue mal zeigen – und hinterließ einen guten Eindruck. Winterzugang Kevin Goden (8 Einsätze) bewies zu Beginn, welche Bereicherung er mit seinem immensen Tempo sein kann, wurde dann aber durch muskuläre Probleme gestoppt. Mit dem wichtigen Ausgleichstreffer beim 3:1 gegen Regensburg hat er seinen Anteil am Klassenerhalt. Yann Mabella (4 Einsätze) blieb die komplette Saison ein Mitläufer und kickte zuletzt regelmäßig in der U 21 in der Verbandsliga. Dort war auch Außenverteidiger Jonas Albenas (9 Einsätze) zu finden, der unter Antwerpen nicht mehr gefragt ist.
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