Mannheim. Die Waldhof-Fans sind euphorisiert. Blickt man in die Kommentarspalten der sozialen Medien, wird die Verpflichtung von Terrence Boyd vom 1. FC Kaiserslautern überwiegend begrüßt, zum Teil sogar gefeiert. Zeitweise bekommt man den Eindruck, der Fußball-Messias sei höchstselbst vom Stürmer-Olymp herabgestiegen, um den abstiegsbedrohten Drittligisten in eine bessere Zukunft zu schießen. Doch ganz so geschmeidig dürfte die Rückrunde dann vielleicht doch nicht verlaufen. Diese Redaktion fasst die wesentlichen Fragen um den Königstransfer der Waldhöfer zusammen.
Ist Terrence Boyd schon voll in den Trainingsbetrieb gestartet?
Nach seiner Ankunft im SVW-Trainingslager von Side/Türkei am späten Mittwochabend konnte Boyd den freien Vormittag am Donnerstag nutzen, um seine neuen Teamkameraden kennenzulernen. Am Nachmittag - erstmals bei Sonne - stand der 32-Jährige dann auch auf dem Platz. Für den abschließenden Test des SV Waldhof am Samstag, um dessen Gegner aus Osteuropa die Mannheimer immer noch ein großes Geheimnis machen, ist Boyd bereits spielberechtigt.
Wie begründet Boyd selbst seinen Wechsel nach Mannheim?
Abgesehen von den üblichen Floskeln, die routinemäßig in Pressemeldungen verschickt werden, äußerte sich der einstige US-Nationalspieler noch einmal persönlich auf seinem Instagram-Kanal, wo er sich von den FCK-Fans verabschiedete und den brisanten Wechsel in die Kurpfalz vor allem mit familiären Gründen erklärte. „So eine Entscheidung trifft man nicht leichtfertig und wenn man nicht drinsteckt, kann man es nur schwer begreifen. Das verstehe ich“, schrieb Boyd. „Als Familienvater ist es aber meine oberste Priorität, meine Kinder aufwachsen zu sehen und sie nicht immer wieder aus ihrem Umfeld zu reißen. Aus diesen und weiteren Gründen habe ich die Entscheidung getroffen, in der Region zu bleiben.“ Beim FCK und seinen Fans, bei denen Boyd einen hohen Stellenwert besaß, bedankte er sich für „wundervolle“ Jahre.
„Was wir gemeinsam geschafft haben, wird für immer in Erinnerung bleiben! Abschiede sind nie einfach, doch muss man das Geschäft an sich akzeptieren“, schrieb Boyd mit Blick auf die Tatsache, dass er auf dem Betzenberg über den Sommer 2024 hinaus keine Zukunft hatte und deshalb jetzt schon um die Auflösung seines Vertrags bat.
War der SV Waldhof die erste Adresse des Angreifers?
Das werden nur die unmittelbar Beteiligten wissen. Der Standort Heidelberg hätte Boyd aber natürlich auch den kurzen Weg zum SV Sandhausen geebnet. Vor einer Woche wurde mehrfach vermeldet, dass der SVW-Konkurrent vom Hardtwald mit Boyd bereits einig sei, als dann aber die Ablöseforderungen aus Kaiserslautern ins Spiel kamen, entschied sich Sandhausen für die Alternative Markus Pink von Shanghai Port, die ohne zusätzliche Kosten zu haben war. Nun war Boyd frei für den SV Waldhof und auch wenn die Mannheimer in den Verhandlungen den FCK in seinen Forderungen etwas drücken konnte und sich beide Seiten letztlich aufeinander zu bewegten, war dem SVW der dringend benötigte Torjäger eine Ablöse und ein stattliches Gehalt wert.
Geht der SVW mit dem Transfer ein wirtschaftliches Risiko ein?
Da die Top-Verdiener Marco Höger und Marc Schnatterer im Sommer nicht entsprechend ersetzt wurden, war wohl noch etwas Reserve im Budget, um die Versäumnisse der vergangenen Transferperiode zu korrigieren. Zwar dementieren die Mannheimer leidenschaftlich, ein Salär zu überweisen, das sich in Richtung von Boyds Zweitliga-Gehalt am Betzenberg bewegt, doch der Routinier dürfte nun zweifellos zu den Top-Verdienern der Blau-Schwarzen gehören. Trägt Boyd mit den erhofften Toren und Vorlagen zum Klassenerhalt des SVW bei, dürfte sich diese Investition im Vergleich zu den Folgekosten eines Abstiegs aber rechnen. Die lange Vertragslaufzeit bis 2026 macht den Transfer aber zu einem beachtlichen Deal, der erst einmal gestemmt werden muss.
Kann Boyd überhaupt die nötigen Tore garantieren?
Garantien gibt es im Sport bekanntlich keine. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass der Mittelstürmer auch im Trikot des SV Waldhof trifft, ist relativ hoch. Beim 1. FC Kaiserslautern kam Boyd in zwei Jahren auf 25 Tore und fünf Vorlagen, auch bei seinen anderen Stationen war der 32-Jährige ein verlässlicher Scorer, der zudem mit seiner Präsenz punkten kann. Auf den Punkt gebracht: Einen Stoßstürmer mit den Fähigkeiten des 1,88-Meter-Manns hatten die Mannheimer schon Jahre nicht mehr. Allerdings kann es Boyd nicht alleine richten und ist natürlich auf Vorlagen angewiesen. Auch daran haperte es in der Hinrunde schließlich unübersehbar. Die Außenverteidiger hielten sich als Flankengeber zurück, auch aus den ständig wechselnden Mittelfeldformationen kam zu wenig Offensivkraft. Hier wird Trainer Rüdiger Rehm den Schlüssel zum gegnerischen Strafraum finden müssen. Dort angekommen, könnte Boyd dann aber tatsächlich der Unterschiedsspieler sein.
Sind mit dem Boyd-Transfer nun alle Probleme gelöst?
Auf keinen Fall. Schließlich war auch die Waldhof-Abwehr in der Hinrunde viel zu anfällig, worüber die zwei „Zu-Null-Spiele“ vor Weihnachten nicht hinwegtäuschen sollten. Der jüngste Test beim SC Freiburg II (2:2) machte das wieder einmal deutlich. Auch hier oder im Mittelfeldzentrum müsste der Drittligist eigentlich nochmals nachlegen, um Qualität dazuzugewinnen oder Alternativen wie bei Ausfällen von Leistungsträgern wie Fridolin Wagner zu haben. Im Angriff scheint dieses Problem mit den Varianten Jesaja Herrmann, Pascal Sohm, Kennedy Okpala, Kevin Goden - und nun auch Terrence Boyd immerhin gelöst zu sein.
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/sport/vereine_artikel,-sv-waldhof-warum-der-boyd-transfer-nicht-alle-probleme-beim-sv-waldhof-loest-_arid,2164857.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/vereine_verein,_vereinid,7.html
Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Glosse "Übrigens" Warum Boyds Lautern-Tattoo gar kein Problem ist