Mannheim/Bielefeld. Der Spielplan meint es in diesem Jahr sehr gut mit Stefano Russo. Die letzte Partie des zu Ende gehenden Jahres 2024 führt den 24-Jährigen mit seinem neuen Verein Arminia Bielefeld zurück in die alte Heimat. In Ludwigshafen wurde der Deutsch-Italiener geboren, beim SV Waldhof auf der anderen Rheinseite etablierte sich Russo und Trainer Patrick Glöckner zwischen 2021 und 2023 im Profifußball. Der „Gattuso vom Waldhof“ wurde er getauft, in Anlehnung an den italienischen Weltmeister Gennaro Gattuso, der für seine aggressive Spielweise bekannt war.
Stefano Russo hat in Bielefeld das passende Umfeld gefunden
„Der Spielplan ist für mich natürlich optimal, ich kann gleich in Mannheim bleiben“, sagt Russo vor dem Wiedersehen mit seinem früheren Verein am Sonntag dieser Redaktion. Er freue sich auf das Spiel, „La famiglia“ und seine „Amici“ sind natürlich live dabei im Carl-Benz-Stadion. „Ich musste schon einige Karten bestellen“, erklärt er.
Russo hat nach einem Jahr bei Viktoria Köln in Bielefeld das passende Umfeld gefunden, das er für seine Entwicklung offenbar braucht. „Ich habe mich in Köln auch sehr wohl gefühlt, aber dann hat sich Bielefeld gemeldet, ein großer Traditionsverein. Zudem waren die Gespräche mit Trainer Mitch Kniat sehr überzeugend. Ich habe bei Bielefeld viel Potenzial gesehen und war der Meinung, dass ich hier meine nächsten Schritte machen kann. Das habe ich zum Glück auch geschafft. Es war die richtige Entscheidung“, sagt der Ludwigshafener.
Mit der Arminia steht Russo auf Platz vier der 3. Liga, direkt hinter den Aufstiegsplätzen. Im DFB-Pokal schalteten die Ostwestfalen außerdem sensationell nacheinander Zweitligist Hannover 96 (2:0) sowie die Bundesligisten Union Berlin (2:0) und SC Freiburg (3:1) aus. „Mir ist es immer noch gar nicht richtig bewusst, dass wir jetzt im DFB-Pokal-Viertelfinale stehen. Das ist schon der bisher größte Erfolg meiner Karriere“, sagt Russo. In der Runde der letzten Acht trifft die Arminia in Werder Bremen auf den nächsten Bundesligisten.
Chancenlos sieht der Kurpfälzer seine Farben auch in diesem Spiel nicht. „Im Pokal ist alles möglich, gerade in unserem Stadion. Die Stimmung gegen Freiburg war überragend. Bei uns wird es jede Mannschaft schwer haben, auch wenn wir wissen, dass der Erstligist als klarer Favorit ins Spiel geht“, sagt Russo.
Der Mann, der in der Hoffenheimer Jugend sein Fußball-Rüstzeug mit auf den Weg bekam, lief in der Wahrnehmung immer ein bisschen unter dem Radar. Zweikampfstark, aggressiv sei er, klar. Aber wenn er dann den Ball erobert habe, werde es schwierig, lautete das gängige Vorurteil über Russo. In Bielefeld hat sich dieses Image komplett gewandelt.
Stefano Russo schießt fast alle Standardsituationen der Bielefelder
Arminia-Trainer Kniat lobt seine unumstrittene Stammkraft als „einen der Top-Spieler“ seines Kaders. „Er ist ein absoluter Vollprofi in allen Belangen. Die Jungs hören auf ihn, denn das, was er mit dem Mund sagt, zeigt er auf dem Platz mit den Füßen“, beschreibt Kniat.
Die größte Veränderung zu früheren Zeiten ist Russos neue Offensivpower. Ein Tor hat er bereits erzielt, vier weitere Treffer vorbereitet. Und: Er schießt fast alle Standardsituationen der Bielefelder. „Unser Co-Trainer Dani Jara kam sofort zu mir und fragte mich, wie es sein könne, dass ich noch nie Standards geschossen habe. Er hat mich zur Seite genommen und gesagt: Ab sofort schießt du unsere Standards. Das ist eine coole Sache, weil ich automatisch häufiger vorne auftauche“, sagt Russo.
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Zu Waldhof-Zeiten sei er „nur“ als der Abräumer neben Spielgestalter Marco Höger wahrgenommen worden. In der Saison 2022/2023 geriet Russo unter Trainer Christian Neidhart zunehmend aufs Abstellgleis und flüchtete nach Köln. Mangelnde Wertschätzung seiner Fähigkeiten beim SVW? Darüber will Russo lieber nicht mehr reden, er lebt ganz in der Gegenwart bei der Arminia, wo er in einer wichtigeren Rolle glänzt. „In Bielefeld muss ich immer noch abräumen, habe aber auch mit dem Ball große Schritte nach vorne gemacht.“
Russo sieht im SV Waldhof einen gefährlichen Gegner
Und davon profitiert auch die Arminia, die in der vergangenen Saison – noch ohne Russo – lange in den Abstiegskampf verwickelt blieb, aber jetzt ganz oben anklopft. „Letztes Jahr war es eine ganz neue Mannschaft, die in einen Abwärtsstrudel geraten ist. Da war es schwer, wieder herauszukommen“, sagt Russo. „Aber Sportchef Michael Mutzel wusste, dass das gesamte Trainerteam um Mitch Kniat eine sehr gute Arbeit leistet und dass man ihnen weiter das Vertrauen schenken muss. Man ist zusammen durch die Krise gegangen, und jetzt trägt das Früchte.“ Die Mannschaft stehe komplett hinter dem Trainer, jeder Einzelne entwickele sich weiter. Russo ist dafür das beste Beispiel.
Vielleicht wird sich mancher Waldhof-Fan am Sonntag darüber wundern, wenn er den „neuen Russo“ auf dem Platz spielen sieht. Seinen ehemaligen Verein sieht der Ludwigshafener trotz zuletzt drei Niederlagen in Folge und des Ausfalls von Topscorer Terrence Boyd (Mittelfußbruch) immer noch als gefährlichen Gegner an. „Waldhof hat zuletzt zwei Spiele verloren, die sich nicht verlieren mussten. Kleine Sequenzen haben da entschieden“, sagt Russo. „Wir erwarten alle ein umkämpftes Spiel, in dem wir bei einhundert Prozent sein müssen, wenn wir etwas mitnehmen wollen.“ Auch die Boyd-Verletzung könne der SVW über „eine gute Breite im Team“ womöglich kompensieren.
Stefano Russo hofft natürlich ganz unsentimental darauf, mit einem Dreier in der Mannheim auf einem Aufstiegsplatz Weihnachten zu feiern. „Buon natale“ wie man im Italienischen sagt. Der Weg nach Hause fällt ja auch sehr kurz aus. Dem Spielplan sei Dank.
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