Mannheim. Der frische Wind, der seit einigen Monaten auf der Geschäftsstelle des SV Waldhof weht, macht auch vor den VIP-Räumen im Carl-Benz-Stadion nicht Halt. Die bisher weißen Wände sollen bis zum Saisonstart komplett mit großflächigen Tapeten, die Szenen aus der Vereinshistorie illustrieren, dekoriert werden. Fußball-Flair ersetzt karge Raufaser.
Nur mit kosmetischen Veränderungen ist es für Christopher Körner allerdings nicht getan. Der neue Vertriebschef beim Mannheimer Drittligisten steht vor der Herausforderung, eine fast schon chronische Problemzone beim SVW anzugehen: Die Einnahmensituation des Vereins mit einer gesunden Sponsorenbasis auf wirtschaftlich stabilere Füße zu stellen
„Die Aufgabe ist sehr groß und anspruchsvoll. Wir müssen unsere Partner wieder abholen und das Vertrauen zurückgewinnen“, sagt Körner beim Treffen im Carl-Benz-Stadion. In der jüngeren Vergangenheit herrschte beim SV Waldhof eine hohe Fluktuation im Sponsorenbereich. Unter dem früheren Geschäftsführer Markus Kompp beklagten sich Geldgeber regelmäßig über eine schlechte Betreuung und suchten daraufhin häufig schnell wieder das Weite. Versuche, über Marketingagenturen wie „All About Sports“ für eine Besserung der Situation zu sorgen, scheiterten.
„In den vergangenen Jahren hat das Professionelle gefehlt. Wir verkaufen Werbeleistungen, und die müssen auch gelebt werden“, meint Körner. Er will die Kultur im Umgang mit den Partnern verändern, für Verlässlichkeit und mehr Wertschätzung im Umgang sorgen. „Die Sponsoren wollen nicht alle sechs Monate einen anderen Ansprechpartner haben, das erzeugt Unzufriedenheit und ein schlechtes Bauchgefühl. Wir stellen uns so auf, dass wir die Betreuung garantieren können.“
Um die aktuell 129 Klein- und Großsponsoren zu pflegen und neue Partner vom SVW zu überzeugen, soll das bisher dreiköpfige Team im Vertrieb bis zum Jahresende noch um zwei weitere Mitarbeiter erweitert werden. Mit einer Vielzahl von Aktionen will Körner die Bindung der Geldgeber an den Verein wieder verbessern: Geplant sind regelmäßige Netzwerk-Veranstaltungen, ein Business-Frühstück oder spezielle Reiseangebote für die Trainingslager. „Wir müssen alle sechs Wochen etwas machen“, sagt Körner.
In dem 34-Jährigen aus Dielheim bei Wiesloch hat die neue Geschäftsführerin Jennifer Schäfer Ende März einen Mann an Land gezogen, der viel Erfahrung in seinem Metier mitbringt. Bei der TSG Hoffenheim und dem Karlsruher SC arbeitete Körner in verantwortlicher Position im Sponsoringbereich, nachdem er in der Saison 2018/2019 erste berufliche Schritte beim SVW gemacht hatte. Seine sportlichen Wurzeln liegen aber in einer anderen Sportart. „Ich komme aus einer Handballer-Familie“, sagt Körner. Sein Bruder Patrick Körner absolvierte in der Saison 2002/2003 sogar einmal einen Profieinsatz für die SG Kronau/Östringen, den Vorläuferverein der Rhein-Neckar Löwen. Christopher Körner schaffte es als Linksaußen bis in die 3. Liga und trainierte danach die Badenligisten HSG St. Leon/Reilingen und TSG Dossenheim.
Für das Hobby Handball bleibt jetzt keine Zeit mehr. „Mein Tag ist zu kurz“, berichtet der „Head Of Sponsoring“ beim SV Waldhof über seinen vollgepackten Arbeitsalltag. In rund zwei Monaten beginnt die neue Saison – und bis dahin will Körner etwas geschafft haben, das es beim SVW lange nicht mehr gegeben hat. „Mein persönliches Ziel ist, dass das Trikot beim Saisonstart voll ist. Damit wir einfach sagen können: Der Waldhof ist neu aufgestellt. Alle sollen sehen: Da bewegt sich etwas in die richtige Richtung“, bekundet Körner. Eine erste Zwischenetappe auf diesem Weg hat er bereits gemeistert: Am Freitag verkündeten die Mannheimer, dass die Plaza-Hotelgruppe ihr Engagement ausweitet und künftig als Rückensponsor auftritt. Fehlen also nur noch die beiden offenen Planstellen auf dem Ärmel und der Trikotbrust.
Der bisherige Hauptsponsor „Crazybuzzer“ steigt zur neuen Saison aus. Körner sucht unter Hochdruck einen Nachfolger, der im Idealfall zwei Kriterien erfüllen soll. „Wir hätten gerne ein Unternehmen aus der Region.“ Und: „Mein Ziel ist, keinen Wettanbieter mehr auf dem Trikot haben.“ Wettanbieter gelten aufgrund der Suchtproblematik als umstritten.
In seinem neuen Job gibt der Vertriebschef, der in Gaiberg südlich von Heidelberg wohnt, zurzeit „120 Prozent“, wie er sagt. Grundsätzlich könne der Traditionsverein mit guten Argumenten an potenzielle Sponsoren herantreten. „Die Marke ,Waldhof Mannheim‘ ist stark, und zwar deutschlandweit. Wir leben in einer der wirtschaftsstärksten Regionen des Landes. Wir können Reichweite und Netzwerk bieten – und mit der Strahlkraft der Region punkten“, sagt Körner. Außerdem könne der SVW mit der herausragenden Stimmung bei Heimspielen und seiner wuchtigen Fankultur für sich werben. „Hier lebt noch die alte Fußball-Romantik.“
Trotz dieser attraktiven Rahmenbedingungen und des spürbaren frischen Elans auf der Geschäftsstelle werden neue Sponsoren dem Waldhof aber wohl auch weiterhin nicht die Tür einrennen. Der Ruf des SVW in der regionalen Wirtschaft ist aufgrund der Missstände und personellen Fehlbesetzungen in der Spielbetriebs-GmbH in den zurückliegenden Jahren noch beschädigt, etliche regionale Konkurrenten fischen im gleichen Gewässer. „Unser Spielfeld ist hart umkämpft“, sagt Körner. „Wir haben die Rhein-Neckar Löwen, die Adler, Hoffenheim und Sandhausen, die MLP Academics, die SAP Arena selbst.“ Oft gebe es bei diesen Mitbewerbern Überschneidungen im Sponsorenpool. „Diese Unternehmen müssen wir davon überzeugen, auch uns eine Chance zu geben“, meint Körner.
Dazu kommt die Problematik, dass in wirtschaftlich angespannten Zeiten wie zurzeit Unternehmen dazu neigen, ihre Marketingetats zusammenzustreichen – und das Sportsponsoring bei großen Playern wie der BASF oder John Deere wenn überhaupt nur eine eher untergeordnete Rolle spielt. „Es ist ganz egal, wie groß das Unternehmen ist. Wir nehmen jeden Partner, für mich ist jeder Sponsor gleich wichtig“, sagt Körner deshalb. Und der neue „Head Of Sponsoring“ ist auch über jede Unterstützung von Präsident Bernd Beetz froh – der langjährige Wirtschaftsboss machte zuletzt mit der Übernahme des angeschlagenen Kaufhaus-Giganten Galeria Kaufhof Schlagzeilen.
„Bernd Beetz und Chrisian Beetz sind immer da, wenn man sie braucht. Wenn sie die Tür für uns öffnen können, machen sie das“, berichtet Körner. Auch aus Eigeninteresse: Denn jeden Euro extra, den der Vertriebschef mit neuen Sponsoren für den SV Waldhof einwirbt, muss Mäzen Bernd Beetz nicht selbst für den Etat zuschießen. Und über die neuen Waldhof-Tapeten im VIP-Turm wird sich der Präsident beim ersten Heimspiel der nächsten Saison mit Sicherheit auch freuen.
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