Beinahe hätte er es nicht mehr geschafft. Die Rede ist von Leon Draisaitl, dem deutschen Weltstar im Eishockey, der erst auf den letzten Drücker noch seinen Platz im neuen Eishockey-Buch von Christian Rotter „Bock auf Eishockey“ bekommen hat. Nicht, dass Rotter den Stürmer der Edmonton Oilers nicht in seinem Buch, das am Samstag im Edel-Sports-Verlag erscheint, haben wollte. Der Grund lag eher darin, dass Draisaitl wegen seines neuen Vertrages, der ihn ab der Saison 2025/2026 zum am besten bezahlten Eishockeyspieler der Welt macht, schwer gefragt und entsprechend noch schwerer greifbar war.
Eine „Herausforderung, der ich mich aber sehr gerne gestellt habe“, so Rotter in der neuen Folge des „Adler-Checks“, dem Eishockey-Podcast des „Mannheimer Morgen“, die ab diesem Freitag abrufbar ist.
„Ich hatte Leons Management eigentlich schon abgesagt, da uns schlicht und ergreifend die Zeit davonlief“, berichtet Rotter. Doch beide Seiten lassen nichts unversucht. In einem 16-minütigen-Telefonat schildert Draisaitl dem Eishockey-Journalisten letztlich seine persönliche Geschichte, wie er über den Nachwuchs in Köln und Mannheim mit gerade einmal 16 Jahren den Schritt nach Nordamerika gewagt und sich dort - nach vielen Höhen und Tiefen - zu einem der besten Spieler der Welt entwickelt hat.
„Ich habe danach direkt das Kapitel geschrieben. Am nächsten Tag kam die Freigabe, ehe dann das komplette Buch umgehend in die Setzerei ging und gedruckt wurde“, sagt Rotter. Eine Punktlandung.
21 ganz persönliche Geschichten in der Ich-Form geschrieben
Und das ist auch der Grund, warum aus ursprünglich 20 geplanten deutschen Eishockeystars nun 21 die insgesamt 270 Seiten des neuen Werks mit ihren ganz persönlichen Geschichten - in der Ich-Form geschrieben - füllen. Wobei Eishockeystars nicht ganz korrekt ist. Denn unter den Protagonisten kommen mit Campino, dem Frontmann der Toten Hosen, sowie dem ehemaligen Weltklasse-Skifahrer Felix Neureuther auch zwei „Edelfans des Eishockeys“, wie Rotter das Duo beschreibt, zu Wort.
Dem Autor ist es wichtig, dass in seinem Buch so viele unterschiedliche Menschen wie möglich ihre Leidenschaft zum Eishockey zum Ausdruck bringen. Deshalb finden sich neben 19 männlichen in Nationaltorhüterin Sandra Abstreiter sowie Rekordnationalspielerin Andrea Lanzl auch zwei weibliche Akteure im Buch wieder. Und mit Basti Schwele - der Stimme des deutschen Eishockeys - kommt zudem ein Kommentator zu Wort.
Doch zurück zu den Edelfans: Während Neureuther, der in seiner Kindheit mit seinen Freunden und späteren Nationalspielern Marcus Kink, Martin Buchwieser oder Uli Maurer der schwarzen Hartgummischeibe hinterhergejagt ist, seinen ganz persönlichen „Olympia-Moment“ mit Eishockey-Superstar Sidney Crosby bei den Spielen 2010 in Vancouver schildert, spricht Campino über seine lange wie intensive Liebe zur Düsseldorfer EG sowie seine enge Freundschaft zu Ulrich „Uli“ Hiemer.
Letzterer setzte sich als erster deutscher Spieler in der NHL bei den New Jersey Devils durch, spielte von 1987 bis 1996 bei der DEG. Wie auch Alois Schloder, Harold Kreis oder Franz Reindl ist auch ihm s ein Kapitel in Rotters Buch gewidmet.
In jenem von Campino spricht der Sänger darüber, wie Hiemer ihn bei ihrer ersten Begegnung - nach einer gemeinsamen Partynacht in der Düsseldorfer Altstadt - ans Taxi tragen musste. „Es sollte mir eine Lehre sein: Wenn du mit einem Eishockeyspieler etwas trinken gehst, musst du aufpassen. Die können einiges wegstecken“, schreibt Campino.
Das Buch
„Bock auf Eishockey“ für 22 Euro im lokalen Buchhandel und im MM-Shop
Genauso ehrlich wie der Kopf der Toten Hosen erzählen auch die anderen Protagonisten ihre Geschichte. Vor allem, wenn es darum geht, wie hart der Weg nach oben ist. Sven Felski spricht beispielsweise davon, dass er „erst Scheiße fressen“ musste, ehe er zum „Bürgermeister von Hohenschönhausen“ und einer Legende der Eisbären Berlin wurde.
Der heutige Stürmer der Adler Mannheim, Tom Kühnhackl, der 2016 und 2017 mit den Pittsburgh Penguins jeweils den Stanley Cup geholt hat, spricht indes davon, dass „Schmerzen ignorieren ein Teil des Jobs“ ist. Und der Kapitän der deutschen Olympia-Silberhelden von 2018, Marcel Goc, wird angesichts des gewonnenen olympischen Halbfinales sentimental, als er daran zurückdenkt, was seine Eltern investiert und geopfert haben, um ihm und seinen Brüdern Eishockey-Karrieren zu ermöglichen. Selbst ein Jugendspiel um 6 Uhr morgens war für seine Eltern kein Hindernis.
Seider und das Ritual mit dem eiskalten finnischen See
Diese Geschichten sind nicht weniger inspirierend als jene der aktuellen deutschen NHL-Stars. So erzählt Nico Sturm seinen bisher einmaligen Weg über das College bis hin zum Stanley-Cup-Gewinn, während Tim Stützle davon spricht, wie es in seinem Garten in Ottawa Kappen regnet. Und Nationaltorwart Philipp Grubauer berichtet, dass seine wichtigsten Rettungsaktionen nicht auf dem Eis, sondern in einer Auffangstation für Pferde stattfinden.

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Wenn man Rotter aber nach seinem Lieblingskapitel fragt, fällt die Wahl auf jenes von Moritz Seider. Im Zentrum der Geschichte des Verteidigers der Detroit Red Wings steht das Ritual mit dem eiskalten finnischen See, in den bei der Weltmeisterschaft 2023 zunächst nur Seider und wenige Mitspieler gehen, ehe letztlich das ganze Team vor den Partien ins kalte Nass taucht. Am Ende springt Silber bei einer WM heraus, bei der Seider um ein Haar nicht dabei gewesen wäre - genauso wie Draisaitl in diesem Buch.
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