Wirtschaft

Firma ART schließt Standort Hockenheim zum 31. Januar 2026

Knapp 70 Beschäftigte und IG Metall nach Verkündung der Aufgabe des Standorts in Hockenheim enttäuscht und wütend - Gewerkschaft spricht von „Managementversagen“.

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Enttäuschung bei den Beschäftigten der Firma ART Antriebs- und Regeltechnik GmbH in Hockenheim: Ihr Standort soll zum 31. Januar 2026 geschlossen werden. © Dorothea Lenhardt

Hockenheim. Große Wut und Enttäuschung herrscht bei den Beschäftigten der Firma ART in Hockenheim: Die Geschäftsführung hat die Schließung der ART Hockenheim zum 31. Januar 2026 verkündet. Das teilt die Gewerkschaft IG Metall Mannheim in einem Pressebericht mit. Knapp 70 Arbeitnehmer sind davon betroffen. Bereits im März hatte die ART GmbH - die Abkürzung steht für Antriebs- und Regeltechnik - einen Antrag auf Einleitung eines Eigenverwaltungsverfahrens gestellt und das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet. Zum 1. Juni wurde dem Antrag stattgegeben und das Verfahren planmäßig eingeleitet.

„Diese Insolvenz wirft viele Fragen auf, beispielsweise hat man das Gefühl, dass diese Insolvenz von langer Hand geplant und vorbereitet worden ist. Aufträge wurden systematisch ins Ausland verschoben“, zitiert die Gewerkschaft Pascal Hesse, Betriebsrat der ART Hockenheim. Die Belegschaft ist wütend. Bereits im März dieses Jahres hat die IG Metall zu einer Mitgliederversammlung eingeladen. Die Mitgliederversammlung war voll besetzt. „Wir haben unsere Schuldigkeit getan“, sagte eine Mitarbeiterin von ART damals. „Jetzt, wo das Werk in Polen läuft, kann man uns entsorgen.“

„Aufträge und Technologien scheibchenweise ins Werk nach Polen verlagert“

Seit 1995 betreibt die ART-Gruppe unter anderem ein Werk in Lwówek Śląski in Polen. Die Produktpalette ist identisch, die Geschäftsführung auch. Die hiesige Geschäftsleitung leitet auch die Geschicke der ART-Gruppe, der ABW in Weingarten, der ART in Polen und in Hockenheim. Die Bezahlung der beiden Geschäftsführer erfolgt über eine Holding. „Sicherlich keine Straftat, aber ein Interessenskonflikt gegen die ART in Hockenheim“, heißt es in dem Bericht der IG Metall. Das wird ihnen von der Belegschaft und von der Gewerkschaft vorgeworfen: „Die Geschäftsführer haben ihre Schäfchen im Trockenen. Für sie ist es wichtig, dass die ART-Gruppe weiter existiert und wirtschaftlich erfolgreich ist. Sie werden weiterhin bezahlt, ob mit oder ohne die ART in Hockenheim“, sagt Nadine Ofenloch, Gewerkschaftssekretärin der IG Metall Mannheim.

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Aufträge und Technologien seien scheibchenweise ins Werk nach Polen verlagert worden. Erst kleine Zukaufteile, dann ganze Komponenten und inzwischen ganze Aufträge. „Gegen die unternehmerischen Entscheidungen können wir nichts tun“, sagt Pascal Hesse, Betriebsrat der ART in Hockenheim. „Doch wir haben uns als ganze Belegschaft immer konstruktiv an der Verbesserung der Firma beteiligt.“

Zukunfts-Check mit IG Metall zur Prozessoptimierung hilft nicht

So sei im vergangenen Jahr ein Zukunfts-Check gemeinsam mit der IG Metall Mannheim und der Bezirksleitung Baden-Württemberg durchgeführt worden, zu dem alle Beschäftigten eingeladen waren. „Das Gold ist in den Köpfen der Kolleginnen und Kollegen, die tagtäglich am Produkt arbeiten. Sie wissen am allerbesten, wo es Optimierungsbedarfe gibt“, sagt Gewerkschaftssekretärin Nadine Ofenloch. Drei Tage haben Betriebsrat und IG Metall mit den Beschäftigten gesprochen, die Firma analysiert, über Verbesserungsoptionen diskutiert und diese mit den zuständigen Abteilungsleitern zum Teil bereits umgesetzt. Ein Augenmerk galt dabei der Notwendigkeit einer umfassenden Prozessoptimierung.

Umso enttäuschter ist die Belegschaft, nachdem die Geschäftsführung am 16. Juli zu einer Informationsrunde einlud und angekündigte, die Beschäftigten zum 30. November, spätestens zum 31. Januar 2026, zu kündigen. Ein Kollege hatte sich auf die Informationsveranstaltung vorbereitet. Er sprach von seiner tiefen Enttäuschung darüber, wie die Firma ART Hockenheim über viele Jahre hinweg scheibchenweise verkleinert wurde. Wie motiviert und engagiert alle Beschäftigten arbeiteten, um alles dafür zu tun, um ihren Arbeitsplatz zu retten. „Sie haben keinen Anstand, keine Moral“, warf er der Geschäftsführung vor, berichtet die IG Metall.

Über viele Jahre auf Entgeltbestandteile verzichtet

Die Belegschaft habe über viele Jahre hinweg auf Entgeltbestandteile verzichtet. Die Beschäftigten erhalten laut Gewerkschaft zwischen zehn und 21 Prozent weniger Entgelt, als es der Tarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie vorsieht. Diese Einschnitte seien gemacht worden, um die Firma wettbewerbsfähig und fit für die Zukunft zu machen.

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„Das Verhalten der Unternehmensleitung ist ein klarer Fall von Managementversagen“, kritisiert Thomas Hahl, 1. Bevollmächtigter und Geschäftsführer der IG Metall Mannheim. „Anstatt gemeinsam mit Belegschaft, Betriebsrat und IG Metall nach tragbaren Zukunftslösungen zu suchen, werden die Beschäftigten vor die Tür gesetzt und bekommen die Kündigung. Wir haben es hier nicht mit dem sogenannten ‚ehrbaren Kaufmann‘ zu tun, sondern offensichtlich mit Managern denen die Menschen egal sind und nur nach dem eigenen Profit schauen.“ Hahl erinnert in diesem Zusammenhang an den Artikel 14, des Grundgesetzes: Eigentum verpflichtet.

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