Zum Verhalten des BSW in den Koalitionsverhandlungen heißt es:
Es ist mehr als ein Trauerspiel und schwer nachvollziehbar, was sich seit Monaten auf der bundespolitischen Bühne abspielt. Ein nicht enden wollendes Drama. Angefangen mit einer Ampelkoalition, die sich von Anfang an öffentlich streitet, einem Bundeskanzler, der es nicht versteht, die Bürger bei wichtigen politischen Entscheidungen mitzunehmen, um sie über deren mögliche Notwendigkeiten aufzuklären. Das frustriert, schafft Politikverdrossenheit, verspielt und kostet wichtiges Vertrauen.
Diese Scherbenpolitik ist ein gefundenes Fressen für Parteien wie AfD und BSW. So mischt sich nun die neu gegründete Partei BSW – Bündnis Sahra Wagenknecht – in das politische Geschehen ein, will Einfluss nehmen und die politische Landschaft aufmischen. Geschickt werden politische Themen so in Watte gepackt, dass man meinen könnte, eine neue Heilspartei sei geboren. Dabei bedient sie sich eines Populismus, der sich kaum von dem der AfD unterscheidet. Eine Koalition mit der AfD lehnt die Partei zwar ab, nicht aber eine Zusammenarbeit, von der sie letztlich profitiert.
Ihre Gründerin Sahra Wagenknecht ist eine geschliffene Rhetorikerin, eine Politikerin, die elegant und volksnah auftritt. Sie gibt sich als „Versteherin“ und „Anwältin des kleinen Mannes“ – genau das macht die russlandaffine Politikerin unberechenbar. Wagenknecht ist eine Selbstdarstellerin und Narzisstin par excellence, eine sich unnahbar gebende, gnadenlose Machtpolitikerin. Dass sie der von ihr gegründeten Partei ihren Namen gab, spricht für sich. Es spricht auch für ihren Politikstil, dass die einstige Ikone der Partei „Die Linke“ diese verließ, um eine eigene, ganz auf ihre politischen Vorstellungen zugeschnittene Partei zu gründen. Dabei hat sie billigend in Kauf genommen, dass ihr ehemaliges Flaggschiff untergehen könnte. Welche dominante, selbstherrliche „Ohne-mich-geht-nichts-Politik“ sie betreibt, zeigt sich in Thüringen. Dort schaffte BSW auf Anhieb, neben Sachsen und Brandenburg, den Sprung ins Landesparlament – mit Folgen.
Die Entscheidung über Koalitionsverhandlungen mit anderen Parteien obliegt den einzelnen Landesverbänden. Da weder in Thüringen noch in Sachsen oder Brandenburg eine Koalition mit der AfD angestrebt wird, ist das BSW zum Zünglein an der Waage bei der Frage der Bildung einer handlungsfähigen Landesregierung geworden. Das passt ins politische Kalkül von Wagenknecht. Hier will sie über die Landesverbände Einfluss auf die Bundespolitik nehmen und ihr ihren Stempel aufdrücken.
Dass sie die Geschicke der einzelnen Landesverbände von außen steuern und diktieren will, zeigt sich exemplarisch in Thüringen. Hier, aber auch in den anderen ostdeutschen Bundesländern, diktiert sie die Bedingungen für eine mögliche Regierungsbildung. Sie macht es zur Bedingung, dass das Thema Krieg und Frieden fester Bestandteil der Verhandlungen und des Koalitionsvertrages wird, obwohl dies keine Frage von Landesregierungen ist. Nachdem die dortige BSW-Landespartei einer von Wagenknecht scharf kritisierten Formulierung zu diesem Thema in der Präambel zugestimmt und Koalitionsverhandlungen aufgenommen hat, will Wagenknecht dies rückgängig machen und setzt dort die Verhandlungsführerin Katja Wolf unter Druck. Ein Machtkampf zeichnet sich ab. Sollte der Landesverband einknicken und es zu keiner Einigung kommen, ist davon auszugehen, dass die Koalitionsverhandlungen zum Scheitern verurteilt sind. Vielleicht gewollt? Ist das ein Vorgeschmack auf das, was uns von dieser Politik noch erwarten könnte?
Mittlerweile sind die politischen Inhalte der BSW kaum von der der AfD zu unterscheiden. Beide verfolgen mit ihrer Politik das Ziel einer anderen Republik. Aber auch andere Gemeinsamkeiten, wie die Nähe zu diktatorisch geführten Ländern wie Russland und China sind auffällig. Länder, in denen das Volk auf brutalste Weise unterdrückt wird, freie Wahlen und Meinungsäußerung oder Demonstrationen nicht zugelassen sind. Das vermisst und verschweigt man in politischen Statements. Ein Widerspruch in sich. Schließlich nutzen sie alle demokratischen Grundrechte wie freie Meinungsäußerung, Redefreiheit und Demonstrationsrecht für ihre Ziele. Lassen wir uns also nicht täuschen. Es steht viel auf dem Spiel. Bei allem Frust sollten wir das Prinzip nicht vergessen: Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf. Wollen wir das?
Thomas Proft, Schwetzingen