Marstallgebäude

Die TV-Turnhalle in Schwetzingen: Vom Pferdestall zur Sportstätte

Seit 100 Jahren gibt es die TV-Turnhalle im westlichen Flügel des Marstallgebäudes. Vorher war sie ein Pferdelazarett der ehemaligen Dragonerkaserne. 1923 fanden die ersten Übungsstunden statt.

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Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wird die Halle in der Friedrichstraße 1923 eingeweiht. © TV

Schwetzingen. Generationen von Schwetzinger Kindern haben dort ihre ersten sportlichen Schritte gemacht und nach und nach turnerische Fertigkeiten erlernt. Noch heute ist die oft als altehrwürdig bezeichnete Turnhalle in der Friedrichstraße, die seit 2019 Lore-Eichhorn-Halle heißt, eine unverzichtbare Sportstätte für den Turnverein 1864 – inzwischen seit genau 100 Jahren.

Es war ein etwas längerer Prozess, bis das Projekt realisiert werden konnte: Schon Anfang der 1920er Jahre begannen engagierte Mitglieder des TV, im westlichen Marstallflügel aus diesem Teil des ehemaligen Pferdelazaretts eine Heimstatt für die immer größer werdende Turngemeinde zu schaffen.

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Von
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Die Historie des Marstalls begann bereits um 1750, als die neue Stadt um den Schlossplatz entstand. Damals gab der kurpfälzische Generalissimus Prinz Friedrich von Pfalz-Zweibrücken auf eigene Kosten den Bau des neuen Marstalls in Auftrag, der 1751 fertiggestellt wurde. Wie heute noch nachzuvollziehen ist, beanspruchte Prinz Friedrich dafür ein ganzes Stadtquadrat. Schon 1759 erwarb der Kurfürst das Gebäude für seine 500 Mann starke „Pfälzische Armee“, deren Führung in diesen Tagen aus einem Generalfeldmarschall, einem Generalfeldzeugmeister, neun Generalleutnanten und zehn Generalmajoren bestand.

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Nach dem Wegzug des kurfürstlichen Hofes nach München (1778) erlebte die Garnison erst wieder große Tage, als Schwetzingen 1793/94 zunächst Hauptquartier der kaiserlichen Armee unter Erzherzog Karl von Österreich und ab 1796 ebenfalls Hauptquartier des kurpfälzischen Heeres wurde. Doch schon 1804 zog das erste Mal eine Dragoner-Einheit in den Schwetzinger Marstall, die 3. Escadron des 1. Badischen Leibdragoner-Regiments Nr. 20.

Hoher Brandschaden nach einem Großfeuer 1924 im Marstall

Bis 1918 diente das früher noch viel größere Anwesen als Kaserne – zwar mit Pausen, aber doch immer wieder. Erst nach dem Ersten Weltkrieg wurde dort die letzte militärische Einheit, ein Pferdelazarett, aufgelöst. Das rief dann – wie erwähnt – die Mitglieder des Schwetzinger Turnvereins auf den Plan. Nach Überwindung großer Schwierigkeiten und unter Aufbringung erheblicher persönlicher und finanzieller Opfer wurde die Turnhalle am 9. September 1923 bezugsfertig und unter großer Anteilnahme der Bevölkerung eingeweiht.

In der Turnhalle Friedrichstraße – seit 2017 nach Tischtennis-Legende Lore Eichhorn benannt – sind Generationen von Schwetzingern in die Trainingsstunden gegangen. © Lin/TV-Archiv

Doch schon am 15. Juli 1924 traf den Turnverein – ausgerechnet im Jahr seines 60. Geburtstags – ein schwerer Schlag. Ein Großfeuer im Marstall vernichtete auch die mühsam eingerichtete Turnhalle: Die „Schwetzinger Zeitung“ schrieb darüber am 16. Juli: Gestern Vormittag gegen halb 11 Uhr brach in der ehemaligen Marstallkaserne ein großer Brand aus, der sich mit geradezu unheimlicher Schnelligkeit ausbreitete und einen großen Teil der Baulichkeiten vollständig verwüstete . . .“

Trotz des Einsatzes einiger Mitglieder, die zumindest manche Geräte aus den Flammen retteten, war der materielle Schaden für den Verein sehr groß. Aber schon nach kurzer Zeit begannen die Turner mit dem Wiederaufbau ihrer Übungsstätte, was freilich einige Monate in Anspruch nahm. Während dieser Bauphase ging der Sportbetrieb in der kleinen Halle der Hildaschule weiter.

Die Fasnachtsfete „Pep & Pop“ wurde 1971 Jahren erstmals in der TV-Turnhalle veranstaltet. © TV

1926 erfolgt die Rückkehr in die Turnhalle Friedrichstraße

Erst 1926, als gerade Professor Christian Delphendal den Vereinsvorsitz von Leopold Stratthaus übernommen hatte, konnte die Rückkehr in die umfassend renovierte Turnhalle Friedrichstraße erfolgen. Dies hatte zur Folge, dass immer mehr Sportler zum Turnverein stießen, der Übungsbetrieb sich ausweitete und die Leistungskurve anstieg. Damals stand die Turnabteilung unter der Obhut von Georg Münch und später auch von Rudi Heim.

Im selben Jahr gründete übrigens Turnlehrer Fritz König (genannt „King“) die Frauen- und Mädchenabteilung und übernahm auch das Kinderturnen – alle sind seitdem große Standbeine des Vereins.

Die Halle wird von vielen Turn- und Gymnastikgruppen des TV genutzt. © TV

Bis zum heutigen Tag ist die – wie der gesamte Marstall – im Besitz des Landes befindliche Turnhalle auch immer noch die Heimat für die Turn- und Tischtennisabteilung sowie längst auch für die Büros der Geschäftsstelle und des Vorstands des TV 1864, der erst während der Corona-Zeit wieder mit eigenen Mitteln für eine umfassende Renovierung gesorgt hat.

Und die Halle war in den vergangenen 100 Jahren Schauplatz unzähliger Vereinsveranstaltungen wie Fasnachtsfeten, Weihnachtsfeiern, Versammlungen, Ehrungsabende, Konzerte, sonstiger Feste oder dient beim Fasnachtszug als DRK-Stützpunkt – bis auf den heutigen Tag.

Zu einer kleinen Jubiläumsfeier am Samstag, 21. Oktober, 15 Uhr, sind Mitglieder und Freunde des Turnvereins eingeladen.

Seit 1947 ist die Halle die Heimstatt der TV-Tischtennisabteilung. Das Bild stammt aus den 1960er Jahren. © TV

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