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In Speyer und Landau Erinnerung wachhalten und den Opfern helfen

Gedenkveranstaltung für Betroffene sexualisierter Gewalt vor der Landauer Marienkirche

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Bischof Karl-Heinz Wiesemann (r.) im Gespräch mit Teilnehmern der Gedenkveran-staltung vor der Landauer Marienkirche. © Henning Wiechers

Speyer/Landau. Die Erinnerung wachhalten, um daraus für die Zukunft zu lernen, so lautete der Tenor der Gedenkveranstaltung für Betroffene sexualisierter Gewalt, die jetzt ausgerechnet auf dem Kardinal-Wetter-Platz vor der Landauer Marienkirche stattfand. Die Zusammenkunft stand unter der Überschrift: „Erinnerungskultur – Betroffenen Raum und Gehör geben.“ Rund 50 Gäste waren der Einladung des Betroffenenbeirats und des Netzwerks Prävention des Bistums Speyer gefolgt. Auch der Speyerer Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann war vor Ort.

Als Sprecher des Betroffenenbeirats begrüßte Bernd Held die Menschen, die sich auf dem Platz vor der Marienkirche versammelt hatten. Er wies darauf hin, wie wichtig solche öffentlichen Veranstaltungen seien, um auf die Bedeutung des Themas Aufarbeitung und Prävention von sexualisierter Gewalt hinzuweisen. Schwerpunkt der von Christine Lormes – sie ist eine von zwei Präventionsbeauftragten für das Bistum – moderierten und von Johannes Barth am Saxofon musikalisch umrahmten Gedenkveranstaltung waren Informationen und Statements von Angehörigen des Betroffenenbeirats und des Netzwerks Präventio. Zudem die Frage, wie Betroffene mit dem Erlebten umgehen können.

Ein weiteres Thema war die Bedeutung des Gedenkens an sich, des Wachhaltens der Erinnerung an das Missbrauchsgeschehen. Darauf bezugnehmend, war die Wahl des Veranstaltungsortes bewusst gefallen. Nach einem intensiven Austausch- und Entscheidungsprozess hatten sich der örtliche Pfarreirat und Betroffenenbeirat Anfang Oktober auf die Beibehaltung des Namens des Platzes verständigt, der ihn dem gebürtigen Landauer Friedrich Wetter widmet, dem heute Fehlverhalten im Umgang mit Missbrauchsfällen in seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising vorgeworfen wird. Keine unumstrittene Entscheidung.

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Karsten Kammholz
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„Erinnerung schärft den Blick, damit verhindert werden kann, dass solche Taten sich wiederholen“, formulierte Christiane Kleemann-Gegenheimer vom Netzwerk Prävention. Friederike Walter, Leiterin des Dom-Kulturmanagements und im Netzwerk aktiv, unterstrich: „Es ist keine Vergangenheitsaufgabe, sondern es ist ein Blick in die Zukunft.“ Der trage dazu bei, die über 300 Kinder in der musikalischen Arbeit am Dom zu schützen. „Wir versuchen, sie stark zu machen, damit sie Grenzverletzungen erkennen und auch auf andere achten können.“ Der Austausch mit den Betroffenen helfe dabei, die Mechanismen im Missbrauchsgeschehen zu verstehen, so Friederike Walter weiter.

Solidarität und Empathie

„Erinnern ist Zukunft“, unterstrich auch Hildegard Kehrer-Frank: „Erinnerung muss gepflegt werden.“ Es sei wichtig, nicht zu verschweigen, was geschehen und wer am Missbrauch beteiligt war. Das sei auch heilsam. Nicht nur für Betroffene, sondern auch für Kirche und Gesellschaft: „Es ist schön, dass man jetzt in einer Zeit leben kann, in der man Solidarität und Empathie erfährt. Das ist ja etwas Neues für uns Betroffene.“

Auf die Frage von Moderatorin Lormes, warum es dem Betroffenenbeirat so wichtig sei, bei Gedenkveranstaltungen präsent zu sein, aber auch viele weitere Informations- und Gesprächsmöglichkeiten anzubieten, antwortete Beiratsmitglied Markus Vögeli: „Es ist wichtig, Betroffenen zu zeigen, dass es Ansprechpartner gibt, denen sie sich mit dem von ihnen Erlebten anvertrauen können. Denn das Mitteilen fällt nicht leicht. Es soll ohne Druck geschehen. Ich will Betroffenen Mut machen: Meldet euch! Ihr habt durch uns einen Rückhalt.“

Dass sich mitteilen zu können eine Befreiung sei, konnte die Beiratsangehörige Maria Müller in eigener Sache bestätigen. „Zuhörer zu haben, Gespräche führen zu können, das macht Mut.“ Hildegard Kehrer-Frank nannte noch einen weiteren Aspekt: Die öffentliche Präsenz intensiviere die Wahrnehmung der Problematik durch die Gesellschaft. Angefangen habe man mit der Produktion von Infoflyern, die zunächst wenig Beachtung fanden. Um das zu ändern, habe man die aktive Öffentlichkeitsarbeit weiterentwickelt. „Wir haben dem Missbrauch ein Gesicht gegeben. Und da haben wir bemerkt: Das bewegt die Menschen.“

Einen Überblick über die Arbeit des Betroffenenbeirats insgesamt und das Lotsensystem, in dem Beiratsmitglieder Betroffene unterstützen, gab anschließend Werner Marz-Kohl. Auf das Thema Gendenkkultur und deren Bedeutung wies der Sprecher des Betroffenenbeirats, Bernd Held, zum Schluss der Veranstaltung hin. Er erzählte von seinen eigenen Erfahrungen, vom Austausch mit anderen Betroffenen und vom Gedenkort am Homburger Johanneum, den er mit initiierte. Mit Dankesworten für die Beiträge lud er die Anwesenden ein, sich nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung noch im Gespräch – auch mit dem Speyerer Bischof – auszutauschen.

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