München. Geschwungener Rahmen, breite Ballonreifen – das sind die augenscheinlichsten Merkmale von Cruiser Bikes. Erfunden wurde der Fahrradtyp, der sich dem langsamen Herumgondeln verschrieben hat, in den USA. Seine Geschichte ist um die 100 Jahre alt. Hersteller von Cruiser Bikes sind entsprechend der eher kleinen Nische, in der sie heute fahren, rar gesät. Beispiele: Im opulenten Look mit Anleihen bei Motorrädern stellt sie Ruff Cycles aus Regensburg her. Auffällige Custom-Bikes nach individuellem Kundenwunsch baut TSP Cycle Farm aus Italien auf und Cruiser im klassischen, schlichteren Design hat die kalifornische Electra Bicycle Company im Programm. Als E-Bike mit Nachrüstmotoren von Pendix verkauft die französische Marke Bocyclo seine Cruiser Bikes. Das Modell, das wir testen, heißt Beach Cruiser.
Der Einsatzzweck: Denis Veyrenche, Geschäftsführer bei Bocyclo, nennt vor allem die Stadt als Revier. Auf unbefestigten, kleinen Wegen komme das E-Bike wegen der breiten Reifen aber auch gut zurecht.
Die Technik: Ursprünglich kamen Cruiser im flachen Terrain ganz ohne Schaltung aus, da ist die Shimano-Dreigang-Nabe des Testrads schon als Fortschritt zu werten. Technisch komplexer wird der Beach Cruiser mit dem Nachrüst-Set des deutschen Motorenspezialisten Pendix. Links vom Rahmen ist der Kurbelarm mit einer kettenblattgroßen, gut sechs Zentimeter breiten Einheit verschmolzen: In dem schwarzen Kunststoffgehäuse sitzt der elektrische Nachrüst-Mittelmotor. Über Kabel ist dieser mit dem trinkflaschenfömigen Akku verbunden, der am Unterrohr verschraubt und über 325 Wattstunden (Wh) verfügt. Die Ladedauer gibt Pendix mit drei Stunden und 20 Minuten an, die Reichweite in Werkseinstellung bei Unterstützungsstufe „Eco“ mit bis zu 72 Kilometer.
Der Fahreindruck: Bequem fühlt sich spontan die Armhaltung an: Weil man die Griffe am nach hinten gekrümmten Lenker in Längsrichtung greift, entspannen die Schultern. Doch Cruiser-typisch sitzt man ganz schön buckelig auf dem breiten Sattel, und beim Treten bleiben die Beine ziemlich gebeugt. Geht es bergauf, wird’s eher anstrengend – so passt es sehr gut, dass der Motor an Bord ist.
Die Motoreinheit hilft mit in den drei Stufen „Eco“, „Smart“ und „Sport“ abgestuft, das Maximaldrehmoment liegt bei 65 Newtonmetern (Nm). Gemessen an den aktuellen Mittelmotoren von Bosch oder Shimano ein vergleichsweise geringer Wert. Obwohl nur drei Gänge an Bord sind, auch Schaltfehler im Zusammenspiel mit der Motorunterstützung sind möglich: Wer am Hang im dritten Gang zu langsam wird, dem versagt der Pendix-Motor bei geringer Kurbelumdrehung mitunter den Dienst. Das Rad rollt auf Asphalt noch smooth dahin, Kopfstein aber ist die Härte für die Handgelenke. Doch dank der Reifenbreite von knapp sechs Zentimetern kommt er ziemlich gut auf sandigem Grund zurecht, der Beach Cruiser.
Der Preis: Eigentlich ist der Beach Cruiser ein günstiges Bike. Die nackte Version wird auf der französischen Hersteller-Website derzeit mit 559 Euro angepriesen. Ab Werk mit Pendix elektrifiziert, müssen laut Webseite ab etwa 2600 Euro kalkuliert werden. Als Nachrüst-Kit allein ist der Antrieb eDrive300 teurer und kostet als Normalpreis 1649 Euro.
Das Fazit: Der Beach Cruiser ist das Pendant zum US-Car, der Ami-Schlitten unter den Fahrrädern – wenn im Fall des Testrads auch „fabriqué en France“: Man cruist supercool umher – und wird auch so angeschaut. Dass die Kraftausbeute dabei auf Sparflamme läuft, macht die Elektrifizierung wett. tmn
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