Mannheim. Die gute Nachricht zuerst: Der Zukunftstarifvertrag bei Daimler Truck ist unterschrieben. „Er sorgt für mehr Verbindlichkeit und gewährt den Beschäftigten mehr Durchsetzungsrechte als eine Betriebsvereinbarung“, erklärt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Michael Brecht.
Im Zukunftstarifvertrag enthalten ist die „Zukunftssicherung 2035“ - kurz „Zusi 2035“ -, die betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2034 ausschließt. Auch die Zielbilder für die Daimler-Truck-Standorte sind Teil davon. Mannheim mit derzeit rund 4.200 Beschäftigten ist und bleibt Kompetenzzentrum für Verbrennungsmotoren sowie für Batterietechnologien und Hochvoltsysteme.
Gesamtbetriebsratsvorsitzender Michael Brecht: Sparen ist keine Strategie
Daimler Truck investiert nach eigenen Angaben bis 2030 zwei Milliarden Euro in die deutschen Standorte, um sie zukunftsfest zu machen.
Brecht hebt hervor: „Sparen allein ist keine Strategie. Unsere Erwartungshaltung an den Vorstand ist klar: Wir brauchen bei Mercedes-Benz Trucks gute Produkte und müssen Marktanteile zurückgewinnen. Wir müssen investieren und Wachstumschancen nutzen, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein.“
Damit spielt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende auf das Sparprogramm „Cost Down Europe“ an, mit dem die wiederkehrenden Kosten um mehr als eine Milliarde Euro bis spätestens 2030 dauerhaft gesenkt werden sollen. Während der Telefonkonferenz zum zweiten Quartal bekräftigt die Vorstandsvorsitzende Karin Rådström, das gehe nicht ohne einen Stellenabbau. Wieder nennt sie die Zahl von 5.000 Jobs, die wegfallen könnten. Damit hatte schon Finanzchefin Eva Scherer für mächtig Verdruss bei der Arbeitnehmervertretung gesorgt. Sogar das Wort „Vertrauensbruch“ war gefallen.
Die Arbeitnehmervertreter akzeptieren zwar die Notwendigkeit von Personalabbau, aber nicht in dieser Dimension. Insgesamt hat die Daimler Truck Holding AG, auf die sich die Pläne beziehen, 28.000 Beschäftigte. Wie stark der Stellenabbau einzelne Standorte wie Mannheim treffen wird, ist noch unklar.
Daimler Truck schwächelt in Nordamerika
Will man sich nun wieder zusammenraufen? Ihre Ziele seien zu denen von Michael Brecht „sehr ähnlich“, erklärt Rådström. „Wir wollen ein wettbewerbsfähiges, starkes Unternehmen formen.“ Und das nicht nur mit Blick auf die nächsten zwei Jahre - sondern auf die nächsten 50 oder gar 100 Jahre.
Gegenwärtig macht die unsichere Wirtschaftslage infolge der US-Zölle dem Nutzfahrzeughersteller zu schaffen. Der Jahresausblick: wegen des schwachen Marktes in Nordamerika erneut gesenkt. Speditionen in den USA sind derzeit sehr zurückhaltend, was die Bestellung neuer Fahrzeuge angeht, weil sie das in den kommenden Jahren anfallende Transportvolumen kaum einschätzen können. In Nordamerika rutschte der Auftragseingang im zweiten Quartal um mehr als die Hälfte ab. Die Folge: Auch in den USA und Mexiko ist ein Jobabbau geplant.
Im Industriegeschäft ohne Finanzdienstleistungen gehen Rådström und Scherer 2025 nun von 44 bis 47 Milliarden Euro Umsatz aus. Schon Mitte Mai hatte der Konzern seine Ziele gesenkt und einen Erlös von 48 bis 51 Milliarden Euro angepeilt.
Analyst von Bernstein Research negativ überrascht
Einen gesenkten Ausblick hätten viele vom Lastwagenhersteller erwartet, doch das Ausmaß der Senkung sei wohl für die meisten eine negative Überraschung, kommentiert Harry Martin vom US-Analysehaus Bernstein Research. Am Freitagnachmittag verbuchte der Aktienkurs von Daimler Truck ein Minus von sieben Prozent.
Allgemein fiel das zweite Quartal durchwachsen aus (siehe Tabelle). Positiv war, dass die um Sondereffekte bereinigte operative Marge im Industriegeschäft mit 9,3 Prozent stabil blieb.
Auch in heimischen Gefilden ist das schwächere Geschäft zu spüren - „ein Marktrückgang in Europa“, wie es Andreas Moch, Standortverantwortlicher für das Mannheimer Mercedes-Benz-Werk, beschreibt. „Bei uns am Standort haben wir daher eine geringere Auslastung verzeichnet als im Vorjahreszeitraum und die Kapazitäten flexibel der veränderten Nachfrage angepasst.“
Standort Mannheim nutzt flexible Arbeitszeitmodelle
Soll heißen: Das Unternehmen nutzt flexible Arbeitszeitmodelle, federt Schwankungen mithilfe der Arbeitszeitkonten ab oder beschäftigt weniger Zeitarbeitskräfte. Auch die „Fahrweise in der Produktion“ lässt sich nach Angaben einer Konzernsprecherin anpassen. Details nennt sie aus „wettbewerbsrechtlichen Gründen“ nicht.
Von „Cost Down Europe“ ist die Bus-Sparte von Daimler Truck ausgenommen. Daimler Buses hat bereits eine Restrukturierung hinter sich. Die Geschäfte laufen derzeit gut, Unternehmenschef Till Oberwörder ist zufrieden. „Wir sind weiterhin die klare Nummer eins in unseren wichtigsten Kernmärkten Europa, Brasilien und Mexiko“, sagt er. Mit mehr als 7.000 verkauften Einheiten habe man sich gegenüber dem Vorjahresquartal um fünf Prozent verbessert. Das bereinigte Ergebnis sei sogar „deutlich gewachsen“, um 27 Prozent nämlich (siehe Tabelle). „Auch mit unserer Umsatzrendite von zehn Prozent können wir sehr zufrieden sein: Sie liegt im prognostizierten Zielkorridor von acht bis zehn Prozent für das Gesamtjahr.“
Bei Daimler Buses in Mannheim arbeiten rund 3.000 Menschen, es ist das Kompetenzzentrum für elektrisch angetriebene Stadtbusse. Das Unternehmen will den Service rund um Elektromodelle ausbauen. Beispielsweise um die Aufbereitung von alten Batterien und vom kommenden Jahr an um einen Batterietausch.
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