Das Wichtigste in Kürze
* Daimler Truck will in Europa bis 2030 eine Milliarde Euro einsparen.
* Der Gesamtbetriebsrat lehnt reines Kostensenken und unbedachten Personalabbau ab.
* In Mannheim findet eine Betriebsversammlung zu den Sparplänen statt.
Mannheim. Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck will in Europa bis zum Jahr 2030 eine Milliarde Euro einsparen. So steht es auf einem digitalen Flugblatt des Gesamtbetriebsrats, das dieser Redaktion vorliegt. Dem Vernehmen nach ist es in den vergangenen Tagen in der Belegschaft verbreitet worden.
„Das Unternehmen will bei Daimler Truck in Europa vor allem in der Produktion, in Forschung und Entwicklung, sowie der Zentrale mehr als eine Milliarde Euro sockelwirksam einsparen“, heißt es in dem Schreiben. Der Gesamtbetriebsrat stimmt darin „besseren, effizienteren Prozessen“ und mehr Wettbewerbsfähigkeit zu, lehnt aber reines Kostensenken ab: „Sparen ist keine Strategie.“ Auch ein klares „Nein“ zu einem „unbedachten Personalabbau“ ist vermerkt.
Unklarheit über Sparpläne sorgt für Unruhe
Ein Sprecher von Daimler Truck teilt dazu auf Anfrage lediglich mit: „Der Vorstand der Daimler Truck AG hat ein Effizienzprogramm angekündigt. Dazu nehmen wir Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern auf.“ Am Dienstag, 4. Februar, soll eine Betriebsversammlung am Standort Mannheim stattfinden, einen Tag später in Wörth. Weitere Angaben, auch zur Summe von einer Milliarde, die im Raum steht, macht er nicht.
Was das Sparen konkret bedeutet – ob also Teile der Produktion verlagert werden und Arbeitsplätze gestrichen werden könnten – ist offen. „So eine Dimension hat es noch nie gegeben. Der Vorstand muss sich jetzt gegenüber uns und der Belegschaft erklären“, sagt Michael Brecht, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats, dieser Redaktion. „Daimler Truck ist aus Sicht des Gesamtbetriebsrats kein Sanierungsfall!“
Auch Thomas Hahl, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Mannheim, reagiert mit Unverständnis auf die Sparpläne. „Es gibt kein Einnahmeproblem bei dem Unternehmen“, sagt er am Mittwochabend auf Anfrage. Man sperre sich auf Arbeitnehmerseite nicht gegen Verbesserungen – „das darf aber auf keinen Fall zulasten der Belegschaft gehen.“ Hahl verweist in dem Zusammenhang auch auf die Beschäftigungssicherung, die bis Ende 2029 gilt. Sie schließt betriebsbedingte Kündigungen aus. Die Arbeitnehmervertreter pochen nun vor allem auf konkrete Informationen zu den Plänen des Managements.
Konzernchefin Karin Rådström hatte schon Anfang November 2024 angekündigt, Daimler Truck komplett durchleuchten und neu aufstellen zu wollen. „Wir führen (. . .) eine eingehende Analyse durch, um unsere starken Marken und Marktpositionen rund um den Globus voll auszuschöpfen. Wir wollen gleichzeitig unsere Synergien und unsere Widerstandsfähigkeit weiter steigern.“
Eine bedeutende Rolle spielen dabei ehrgeizige Renditeziele des Aufsichtsrats um Joe Kaeser. „Mittel- bis langfristig wollen wir nicht nur der größte Truck-Anbieter der westlichen Welt sein“, sondern auch bei der Marge führend, hatte Kaeser zuletzt gesagt.
Das Lkw-Geschäft in Europa macht Daimler Truck schon seit geraumer Zeit Probleme. In Deutschland rutschte der Absatz im dritten Quartal um rund die Hälfte ab. Durch den nach wie vor brummenden Markt in Nordamerika konnten die Schwaben den Rückgang des Ergebnisses allerdings im Zaum halten. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern ging konzernweit um zwölf Prozent auf 1,19 Milliarden Euro zurück.
Die schlechte Wirtschaftslage sowie die mauen Aussichten lassen Speditionen hierzulande mit Anschaffungen zögern. „Entsprechend verzeichnen wir eine geringere Auslastung in der Produktion“, hatte Andreas Moch, Standortverantwortlicher für das Mercedes-Benz-Werk Mannheim, berichtet. Nach Informationen dieser Redaktion hat man sich zuletzt von rund 400 Leiharbeitern getrennt. Dass vor Kurzem bekannt wurde, dass der Absatz 2024 weltweit insgesamt um zwölf Prozent auf 460.409 Einheiten zurückgegangen ist, passt ins Bild.
Daimler-Sparpläne betreffen nur Truck-Sparte
Am 14. März plant Daimler Truck die Jahrespressekonferenz. Ob das Sparprogramm bis dahin konkretere Formen annimmt?
Dem Vernehmen nach ist von den Sparplänen lediglich die Truck-Seite betroffen, nicht das Geschäft mit Bussen. Bei Daimler Buses läuft es derzeit recht gut, im dritten Quartal verbuchte das Unternehmen deutliche Zuwächse. Entsprechend hat der Bus-Bereich in Mannheim aktuell ordentlich zu tun. Nach Angaben der IG Metall wird dort im Moment Mehrarbeit geleistet, zuletzt seien außerdem rund 330 zusätzliche Leasingkräfte eingestellt worden.
Daimler Truck beschäftigt in Mannheim auf Truck-Seite (Lkw-Motoren und Batterietechnologien) ungefähr 4.600 Menschen, hinzu kommen rund 3.300 bei Daimler Buses. Das Lkw-Montagewerk im pfälzischen Wörth zählt rund 10.000 Beschäftigte.
Transformationsschritt in Richtung Batterietechnologie
Das Werk Mannheim steckt aktuell im Wandel: von der klassischen Produktion von Verbrennermotoren hin zu einem Kompetenzzentrum für Batterietechnologien und Hochvoltsysteme. Die Strategie gehört zum sogenannten Zukunftsbild, das Arbeitnehmervertreter und Management schon vor längerer Zeit gemeinsam für die deutschen Antriebsstandorte von Daimler Truck definiert haben. Neben Mannheim gehören dazu die Werke in Gaggenau und Kassel. Das Unternehmen will zwischen den drei Standorten einen Produktions- und Technologieverbund für Antriebskomponenten und Batteriesysteme aufbauen und damit Perspektiven jenseits der Verbrennertechnologie schaffen.
Entsprechend wird an den Standorten investiert: in Mannheim beispielsweise in eine Pilotlinie für die prototypische Herstellung von Batteriezellen und die Montage von Batterien. Das Battery Technology Center wurde im Juli 2024 offiziell eröffnet. Rund 100 Menschen arbeiten dort, ein Großteil davon sind weiterqualifizierte Beschäftigte. Daimler Truck hat für das Center 130 Millionen Euro in die Hand genommen.
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