Mannheim. Was am Landgericht Mannheim als „Güteverhandlung/Haupttermin wegen unlauteren Wettbewerbs“ geführt wird, hat es in sich. Denn zwei der größten Lkw-Hersteller der Welt stehen sich gegenüber: Daimler Truck und Scania (Az. 14 O 68/24).
Stein des Anstoßes ist, dass Scania niedrigere Luftwiderstandswerte ausweist als die Wettbewerber. Und zwar so auffallend, dass möglicherweise nicht alles mit rechten Dingen zugeht. So zumindest sieht es Daimler Truck. Deshalb hat der Konzern, der in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart sitzt und einen großen Standort in Mannheim hat, Klage gegen den Konkurrenten aus Schweden eingereicht.
Vereinfacht erklärt bedeuten niedrige Luftwiderstandswerte, dass ein Fahrzeug eine besonders stromlinienförmige Form besitzt und so weniger Luftwiderstand erzeugt. Dadurch wird weniger Kraftstoff verbraucht. Was für Spediteure, die auf jeden Cent schauen, seinen Reiz hat. Auch die CO₂-Emissionen können sinken. Was wiederum gut fürs grüne Image ist, zumal Lkw-Hersteller CO₂-Vorgaben erfüllen müssen.
Daimler Truck hält die Werte deshalb für „zentrale Produkteigenschaften“ – und wirft die Frage auf: Wie können die Angaben von Scania derart von jenen der Konkurrenz abweichen? Wurden fehlerhaft zertifizierte Luftwiderstandswerte verwendet? Hat sich Scania unfair einen Wettbewerbsvorteil verschafft?
Scania betont Einhaltung der Vorschriften
Scania weist die Vorwürfe zurück. „Wir sind sicher, dass wir die Vorschriften eingehalten haben“, so die offizielle Verlautbarung des Konzerns. Zu weiteren Details des laufenden Verfahrens äußert sich ein Sprecher nicht.
Vor dem Landgericht bezieht sich Scania auf die niederländische Typenzulassungsbehörde. Sie habe die Luftwiderstandswerte festgehalten und zertifiziert – unter Nutzung zugelassener Spielräume. Auch die Behörde selbst bekräftigt nach Angaben des Gerichts, dass die Angaben korrekt sind. Dass Scania merklich sensibel auf die Anschuldigungen reagiert, ist kein Wunder – gehört der Nutzfahrzeughersteller doch zum VW-Konzern. Stichwort: Diesel-Skandal.
Jede Seite bringt zum Auftakt mehrere Anwältinnen und Anwälte mit. Auch im Publikum sind nur noch wenige Plätze frei. Die Verhandlung wird öfter unterbrochen, weil sich das Gericht beraten muss. Minutenlang geht es um Anträge von Daimler Truck, um Schriftsatznachlässe, um Streitgegenstandsprobleme, um Verordnungen der Europäischen Union, um Marktverhaltensregeln. Schon vor dem Start der Verhandlung hatte sich das Gericht mehr als acht Stunden beraten. Es scheint viele Fragen zu geben.
Für 28. Februar, 10 Uhr, ist am Landgericht ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung angesetzt. „Entscheidung“ kann - je nach Beratung der Kammer - so ziemlich alles bedeuten. Am wahrscheinlichsten dürfte geklärt werden, wie das Verfahren weitergeführt werden soll.
Dass Mannheim Schauplatz ist, liegt übrigens daran, dass in solchen Streitfällen der sogenannte fliegende Gerichtsstand gilt. Grundsätzlich können Klagen also überall in Deutschland geltend gemacht werden. Die Nutzfahrzeuge der beklagten Seite, also Scania, werden zudem bundesweit vertrieben, damit auch im Gerichtsbezirk des Landgerichts Mannheim.
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