Karriere

Abteilungsleiterin der VR-Bank Rhein-Neckar führt in Teilzeit - geht das? Ja, das geht!

Christin Stock ist Führungskraft bei der VR Bank Rhein-Neckar. Ab 14 Uhr ist ihr Terminkalender geblockt, sodass danach Freiraum ist. Eine Chefin in Teilzeit.

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Stefanie Ball
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Christin Stock fordert einen neuen Blick auf Teilzeitarbeit. Wer Teilzeit arbeite, sei in der Regel gut organisiert und effizient. © VR Bank Rhein-Neckar

Rhein-Neckar. Christin Stock hat zehn Jahre bei einer Unternehmensberatung gearbeitet, seit rund zwei Jahren leitet sie bei der VR Bank Rhein-Neckar den Bereich für Unternehmensentwicklung und Nachhaltigkeit. Sie hat zwei Kinder, Charlotte ist acht Jahre alt, Theodor vier. Ab 14 Uhr ist ihr Online-Kalender geblockt, so dass danach Freiraum ist – für die Kinder, die sie von Kita und Schule abholt, für Besorgungen, für ehrenamtliche Arbeit, fürs Verschnaufen zwischendurch. Stock arbeitet Teilzeit. In ihrer Führungsposition eine Seltenheit.

Als sie sich bei der Mannheimer Bank um die Stelle bewarb, die explizit auch in Teilzeit ausgeschrieben war, sei das kein Thema gewesen. „Das war meine Rahmenbedingung.“ 70 Prozent oder 28 Stunden sei das Zeitkontingent, das zur Verfügung stehe. Heißt: 14 Uhr ist der Idealfall, aber es gebe Ausnahmen. „Das ist dann mit mir abgesprochen, oder das Problem liegt zwischen meinen Ohren.“

Führungskraft sein bei der VR Bank Rhein-Neckar? „Das erfordert viel Disziplin“

Auf ihrer Position Teilzeit zu arbeiten, sei jeden Tag aufs Neue eine Herausforderung. Mal klappt es gut, mal weniger gut. „Das erfordert viel Disziplin und Flexibilität“, weiß Stock, die in Mannheim BWL studiert hat und nach vielen Jahren in Frankfurt und Zürich in die Rhein-Neckar-Region zurückgekehrt ist.

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Sitzungen sind auch mal nachmittags, dafür wird die Blockade im Kalender aufgehoben, manchmal ist aber auch ein klares: „Das passt mir leider nicht“ erforderlich. „Ich werde in jedem Fall immer gefragt: ,Christin, geht das bei dir?‘“ Das Modell funktioniere, wenn beide Seiten die Bedürfnisse des jeweils anderen mitbedächten. „Ich stelle gerne Flexibilität zur Verfügung, nehme mir aber auch Flexibilität heraus.“

Die VR Bank Rhein-Neckar hat längst erkannt, dass sie Angebote machen muss, wenn sie Profis wie Stock haben will. Deshalb werden alle Stellen, auch die Führungsposten, seit geraumer Zeit als Teilzeit- oder Tandemmodell, bei dem sich zwei Mitarbeiter eine Stelle teilen, ausgeschrieben. „Führen in Teilzeit ist ein Evolutionsprozess“, sagt Stock. Die Unternehmen entwickelten sich weiter, und die Corona-Pandemie habe einiges dazu beigetragen – beispielsweise sei die Akzeptanz für Home-Office seither deutlich gewachsen.

Von der Führungskraft hängt eine Menge ab

Viel hänge zudem vom jeweiligen Vorgesetzten ab, hat Stock die Erfahrung gemacht. „Wenn die Führungskraft überzeugt ist, dass das geht, dann geht das auch.“ Am Ende zähle das Ergebnis. "Das ist unabhängig davon, ob jemand Teilzeit oder Vollzeit arbeitet.“ Stock hält den Blick auf Teilzeitarbeitende häufig für falsch. „Ich erlebe Gespräche mit Frauen, die sich bewerben und sagen: ,Ich arbeite nur Teilzeit, ist das ein Problem?‘“

Stock formuliert den Satz dann gemeinsam mit der Bewerberin neu: „Ich arbeite in Teilzeit und mein Zeitbudget ist 20 Stunden. Punkt.“ Wer Teilzeit arbeite, sei in der Regel gut organisiert und effizient. „Wir kriegen eine Menge gewuppt. Und vielleicht sollten wir als Gesellschaft nicht mehr so viel in Teil- und Vollzeit oder in An- oder Abwesenheit denken.“

Frauen in Führung

  • Der Frauenanteil in den Vorständen der 160 an der Frankfurter Börse notierten Unternehmen ist zwischen September 2023 und September 2024 leicht auf 19,7 Prozent gestiegen, in den Aufsichtsräten auf 37 Prozent. Bis zum Frühjahr dieses Jahres haben sich die Werte nicht mehr verändert.
  • Der Frauenanteil an der Spitze von Aufsichtsräten (6,3 Prozent) und Vorständen (4,4 Prozent) liegt auf dem Niveau von 2021.
  • Andere Länder sind da weiter: Im Vergleich der 40 größten Börsenunternehmen setzt sich Großbritannien, was mit Frauen besetzte Vorstände angeht, an die Spitze (32,1 Prozent), es folgen die USA (30,1 Prozent), Frankreich (28,8 Prozent) und Schweden (28,2 Prozent). Mit einem Anteil von 24,7 Prozent im DAX ist Deutschland Vorletzter, schlechter steht nur Polen da (18,2 Prozent).
  • Ermittelt hat die Werte die Allbright Stiftung, eine gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Stockholm und Berlin. Sie setzt sich für mehr Frauen und Diversität in den Führungspositionen der Wirtschaft ein.

Neben den Unternehmen sei aber auch die Politik gefragt, für die Rahmenbedingungen wie Kindergarten- und Hortplätze in ausreichender Zahl zu sorgen, die nicht wegen Personalmangels stunden- oder gar tageweise schließen müssten. „Immer wieder passiert es, dass wir morgens darüber informiert werden, dass wir die Kinder früher aus der Betreuung abholen müssen", erzählt die Managerin.

In dem Fall bespricht sie sich mit ihrem Mann, es ist nicht automatisch sie oder er, der die Kinder übernimmt, sondern derjenige, der es arbeitsmäßig an dem Tag am besten hinkriegt. Christin Stock musste das erst lernen. „Ich bin so sozialisiert worden, dass meine Mutter mehr oder weniger zu Hause war und sich um uns Kinder gekümmert hat.“ Reflexhaft habe sie am Anfang ihrer Karriere gedacht, sie müsse sofort das Büro verlassen, die Dienstreise abbrechen, wenn ein Anruf aus der Kita kam: „Ihr Kind ist krank“. „Aber es gibt ja noch einen Papa, der kann auch kommen.“

Diskussion über die Einführung einer Quote

Immer wieder diskutiert sie mit ihrem Mann über die Frage, ob eine Quote sinnvoll sei, um die Zahl der Frauen in Führungspositionen zu erhöhen. Sie sagt eher ja, er sagt eher nein. „Natürlich sollte keine Frau nur deshalb den Posten bekommen, weil sie Frau ist“, sagt Stock. Aber auch Männer würden heute noch in vielen Unternehmen befördert, ohne dass sie die beste Qualifikation hätten. Gebe es keine verbindlichen Vorgaben, passiere oft nur wenig. „Den Unternehmen ist lange genug Zeit gegeben worden, es selbst zu regeln, der Erfolg ist mäßig.“ Für ihre Tochter wünsche sie sich, dass sie sich so entfalten könne, wie sie möchte. „Sie soll gegen keine gläserne Decke anstürmen müssen.“

Freie Autorin

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