Bahntechnik

Alstom will innerhalb Mannheims umziehen

Das Bahntechnik-Unternehmen Alstom will bis 2026 innerhalb Mannheims umziehen - „in ein neues und modernes Bürogebäude“. Die Werksgebäude in Käfertal sollen verkauft werden. Für den Standort wird sich einiges ändern

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Alexander Jungert
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Blick auf den Standort von Alstom in Mannheim-Käfertal. Bis 2026 will das Unternehmen alle Werksgebäude dort verkaufen. © Christoph Blüthner

Mannheim. Bei Alstom bleibt kein Stein auf dem anderen. In den nächsten Monaten dürften harte Auseinandersetzungen zwischen Management und Arbeitnehmervertreter zu erwarten sein - wieder einmal. Doch der Reihe nach.

Bundesweit stellt Alstom seine Standorte neu auf. Schon am Mittwoch sind erste Details durchgesickert. Jetzt ist klar: Das Bahntechnik-Unternehmen will bis 2026 innerhalb Mannheims umziehen - „in ein neues und modernes Bürogebäude“. Momentan befindet sich Alstom noch in der Neustadter Straße im Stadtteil Käfertal. Die Werksgebäude dort sollen verkauft werden. Ob das Unternehmen schon eine künftige Immobilie ausgelotet hat, darüber gibt es keine Angaben.

Alstom zieht Rohbauarbeiten nach Osteuropa ab

Alstom hat klare Vorstellungen davon, wie die bundesweiten Standorte umgebaut werden sollen. Klare Kompetenzprofile sollen sie haben, effizienter sein und wettbewerbsfähiger. Besonders schlechte Nachrichten gibt es in Sachsen: Das traditionsreiche Werk Görlitz soll bis Ende März 2026 geschlossen werden.

Kommentar Alstoms Pläne wecken ungute Gefühle

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Die Rohbauarbeiten wandern nach Osteuropa. Alstom plant generell in Deutschland, „die Wachstumsbereiche Service und Digitalisierung“ auszubauen und die Produktion auf den Innenausbau von Schienenfahrzeugen zu konzentrieren. „Von Outsourcing in Niedriglohnländer anstelle von Investitionen in die Zukunft“ spricht dabei die Bundes-IG-Metall.

Dem Vernehmen nach sind mehr als 100 Jobs bei Alstom in Mannheim gefährdet

Für Mannheim bedeutet die neue Strategie - vereinfacht gesagt - dass künftig alle „Blue-Collar“-Jobs wegfallen sollen. Das meint Beschäftigte, die körperliche Arbeit leisten, wie Handwerker, Techniker und Produktionsmitarbeiter. Mannheim soll sich künftig auf Digitalisierung und Entwicklung spezialisieren.

Die ohnehin kleine, über die Jahre schon geschrumpfte Produktion läuft aus. Das Servicegeschäft wird abgezogen und soll am Alstom-Standort Hennigsdorf bei Berlin gebündelt werden - wobei die Entwicklungsarbeit von Ingenieuren für den Service nach Angaben des Sprechers in Mannheim verbleibt. Noch einen Einschnitt gibt es allerdings: Neue Projekte für grüne Antriebe werden zukünftig in Frankreich konzentriert.

Politik in Mannheim wegen Alstom-Plänen alarmiert 

„Alstom bekennt sich klar zum Standort“, hebt ein Sprecher hervor. Für konkrete Aussagen „zu personellen Veränderungen“ sei es noch zu früh. Diese sollten jedenfalls „fair und sozialverträglich“ umgesetzt werden. Als nächsten Schritt soll es in Gespräche mit der Arbeitnehmervertretung gehen.

Geschäftsfelder von Alstom

  • Alstom ist in drei Geschäftsfeldern aktiv: Das Unternehmen baut etwa Lokomotiven und Straßenbahnen; repariert und modernisiert Schienenfahrzeuge; entwickelt und fertigt Signaltechnik.
  • Nach eigenen Angaben hat der französische Konzern an 14 Standorten in Deutschland 9600 Beschäftigte. Der Marktanteil im Fahrzeugbereich liegt hierzulande bei 60 Prozent.
  • 2021 hatte Alstom die kanadische Bombardier Transportation übernommen und war dadurch weltgrößter Schienenfahrzeughersteller nach der chinesischen CRRC geworden.

Es kursiert die Zahl, dass mehr als 100 der insgesamt 1000 Jobs in Gefahr sein sollen. Für die Mannheimer IG Metall ergibt die neue Strategie wenig Sinn. „Alstom hat es mal wieder geschafft, die Transformation zu vergeigen und treibt damit die Deindustrialisierung in Deutschland - und wieder mal in Mannheim - voran. Dies im größten Markt für Schienenfahrzeuge samt Infrastruktur zu machen, kann eigentlich nur ein schlechter Scherz sein, der aber hunderte Beschäftigte und ihre Familien in ihrer Existenz bedroht“, erklärt Gewerkschafterin Janna Köke. Die Ankündigung von Alstom sei eine Kampfansage an die Beschäftigten, die seit Jahrzehnten gute Arbeit machten. Köke stellt klar: Beschäftigte und Betriebsrat werden sich gegen die Pläne wehren, mit aller Kraft.

Fachbesucher besichtigen eine Straßenbahn vom Typ Flexity des Zugbauers Alstom auf der Bahntechnikmesse InnoTrans in Berlin. © Carsten Koall/dpa

Auch die Politik ist alarmiert. „Die Beschäftigten haben bereits in der Vergangenheit durch vielfältige, vor allem materielle Einschnitte zur Standortsicherung beigetragen“, teilt der SPD-Fraktionsvorsitzende Reinhold Götz mit. „Ein weiterer Personalabbau würde den Standort nachhaltig schwächen und wäre ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten.“ Stefan Fulst-Blei, SPD-Landtagsabgeordneter, ist der Ansicht, die geplante Verlagerung des Service schränke die Arbeits- und Innovationsfähigkeit am Standort ein. Und er sagt: „Mit der Ankündigung, auch Gebäude in Käfertal-Süd aufzugeben, stellt das Unternehmen den Standort insgesamt infrage.“

Mannheimer Stadtspitze führt Gespräche mit Alstom-Standortleitung

Aus der CDU kommen ähnliche Töne. „Wieder einmal droht bei Alstom in Mannheim der Verlust von Arbeitsplätzen. Eine Entwicklung, über die dringend gesprochen werden muss“, so der Kreisvorsitzende Christian Hötting. Der Fraktionsvorsitzende Claudius Kranz schickt zudem eine Botschaft nach Berlin: „Nicht einmal ein so attraktiver Standort wie Mannheim kann Industrie binden, wenn im Bund weiterhin eine desaströse Wirtschafts- und Energiepolitik gefahren wird.“

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Alstom krempelt seine komplette Organisation um

Es ist dreieinhalb Jahre her, dass Alstom Bombardier Transportation übernommen hat. Für das Unternehmen Anlass, sich in Europa organisatorisch neu aufzurichten. Ab Januar wird die heutige Region „DACH“ (Deutschland, Österreich, Schweiz) mit den „Nordics“ (Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland und Island) vereint. Die „Nordics“ sind ein starker Markt für Alstom, den Angaben nach stammen alle Zuglieferungen dorthin aus Deutschland. Leiter der neuen Region wird Tim Dawidowsky, ein ehemaliger Siemens-Manager. Müslüm Yakisan, Chef der aktuellen „DACH“-Region, scheidet aus.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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